Was bedeutet diese Arbeit für die, die sie tun? Um wenigstens eine Ahnung zu bekommen, was Pflege – nicht nur in Zeiten von Corona – bedeutet, habe ich für diesen Bericht zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai das Team der Station 61/62 im Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus fast eine ganze Frühschicht lang begleitet.
Plötzlich sind sie Helden. Plötzlich hängen Dank-Transparente an der Klinikfassade oder am Pflegeheim. Bunte Steine mit liebevollen Grüßen liegen vor den Türen. Restaurants spenden Essen. Die sozialen Netzwerke sind ein bisschen sozialer geworden, könnte man meinen, sieht man die vielen netten, wertschätzenden Posts und Kommentare über die, die durch Corona in den Fokus geraten sind: Medizinisches Personal und Pflegekräfte.
Man kann sich aber auch fragen, warum es erst eine globale Pandemie braucht, um die Leistungen dieser Menschen angemessen zu würdigen. Ihre Arbeit haben sie schließlich auch vor Corona gemacht. Auch wenn sie da nicht Helden genannt wurden. Da wurde ihr Beruf immer nur in Verbindung mit dem Schlagwort Pflegenotstand erwähnt.
Ein harter Job, körperlich und seelisch fordernd
Man kann sich auch fragen, wie lange die Begeisterung anhalten wird. Denn mit oder ohne Corona: Pflege ist ein harter Job. Körperlich und seelisch fordernd. Belastend wegen des Schichtdiensts. Oft mit Überstunden verbunden. Und mit Unwägbarkeiten, weil der Personalmangel häufig Dienstplanwechsel mit sich bringt. Pflege ist aber auch oft mit wenig Einkommen verbunden. Tarifverträge sind nicht überall Standard, Personalvertretungen auch nicht. In der Pflege arbeiten, fordert aber auch: Mit Menschen umgehen wollen. Menschen helfen wollen.
Doch zurück zum Besuch auf Station 61/62: Warum keine ganze Schicht? Ganz ehrlich: Ich war nach gut sechs Stunden vollkommen kaputt. Nicht wegen des frühen Beginns um 5.45 Uhr. Eher wegen der Rennerei. Von Zimmer zu Zimmer, runter in die Endoskopie, runter in den OP. "Das ist schon manchmal wie ein Dauerlauf", sagt Pfleger Florian Berchtold. In diesen Tagen ist ein bisschen ruhiger, nachdem coronabedingt der Normalbetrieb im Krankenhaus runtergefahren ist. Patienten aus der Inneren und aus der Chirurgie liegen auf der 61/62.
Nicht nur, dass man kaum je dazu kommt, sich hinzusetzen, ist anstrengend. Man ist ständig gefordert, muss konzentriert sein. Ein Patient klingelt, am Telefon will ein Angehöriger etwas wissen. Eine Kollegin braucht Hilfe, um einen Patienten zu bewegen. Der Physiotherapeut hat eine Frage. Ein Arzt will wissen, ob ein Patient etwas gefrühstückt hat. Die Visite muss vorbereitet werden.
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Und dann ist da noch die Ausbildung. Florian Berchtold arbeitet heute eng mit der Schülerin Angelina Gebrig zusammen. Sie wird heuer fertig mit der Ausbildung. Berchtold will, dass sie möglichst viel mitbekommt, viel sieht, viel lernt. "Da muss man jemand auch mal von der Leine lassen", sagt er.
Begleitet man die Pfleger, wird auch schnell klar: Sie können nicht bei jedem Patienten gleichzeitig sein. Es gibt Gründe, warum jemand eher versorgt wird. Weil ein Eingriff ansteht, ein Verband gewechselt werden muss, zum Beispiel. Da wäre ein bisschen mehr Geduld seitens der Patienten auch ein Zeichen der Wertschätzung, ist mir klar geworden.
An die Rennerei gewöhnt man sich, sagt Berchtold. An das Multitasking sowieso. Er ist eh kaum aus der Ruhe zu bringen. Kein Wunder, dass für ihn Geduld zum Anforderungsprofil seines Berufes gehört. Wie Ausdauer und Einfühlungsvermögen. "Ich brauche Kontakt mit Menschen. Nur an einem Schreibtisch sitzen, könnte ich nicht", sagt er. "Allein arbeiten wäre für mich der Untergang." Mit fünfzehneinhalb war ihm nach einem Praktikum klar, dass er in die Krankenpflege will. Die Ausbildung hat er in Erlangen gemacht. Dann wollte er wieder in die Heimat, ist seitdem im Leopoldina.
Zusammenarbeiten. Das ist für Florian Bechthold extrem wichtig. Nicht nur im Team, auf der Station. Insgesamt. Mit den Ärzten, dem Sozialdienst, den anderen Abteilungen. "Die Grundstimmung muss stimmen", sagt er. "Man muss schauen, dass das Personal zusammenbleibt." Das fängt schon beim Dienstplan an. "Damit kann man viel kaputtmachen, aber auch viel bewegen." Das leuchtet ein. Wer nie frei kriegt, wenn er unbedingt möchte, springt halt auch nicht so gerne außer der Reihe mal ein.
Teamgeist zeigen
Teamgeist zeigen, sich aufeinander verlassen können: Das ist auch für Stationsleiter Christian Dorsch extrem wichtig. Das Team ist gemischt, jüngere und ältere Mitarbeiter sind dabei und ergänzen sich. Jüngere sind vielleicht flotter am Computer. Dafür sieht jemand mit langen Jahren Erfahrung auf einen Blick, wenn zum Beispiel etwas mit einem Gips nicht stimmt.
"Die Teamarbeit gefällt mir", sagt Schülerin Angelina Gebrig. "Ich will mit Menschen zusammen sein, ihnen helfen." Seit 2004 gibt es den Zweckverband Berufsfachschule für Krankenpflege und Kinderkrankenpflege Haßfurt/Schweinfurt. Im Oktober ist sie fertig, sie bleibt in Schweinfurt. Und fängt auf Station 61/62 an. "Wir bilden uns unser Personal selber aus", sagt Pflegedienstleiterin Christina Sterk. Die Ausgebildeten am Haus halten, das ist nicht nur für das Leo wichtig, der Markt sei ziemlich leer gefegt.
"Man gewöhnt sich daran". Diesen Satz höre ich öfter an diesem Tag. Man gewöhnt sich an die Masken. Man gewöhnt sich an die Lauferei. Man gewöhnt sich an die Schichtarbeit. Das Team gewöhnt sich auch daran, dass man derzeit in der Pause unten in der Kantine nicht mehr am "Stammtisch" zusammensitzen kann. Auf der Station sind im Besucherraum die Tischchen auf Abstand gestellt, jeder sitzt alleine.
Wie man mit dem Tod umgeht, ist ein Teil der Ausbildung
Wie schafft man's, dass man die Belastungen nicht mit nach Hause nimmt? Nicht immer leicht, aber auch das kann man lernen, sagt Florian Bechtold. "Man muss beim Rausgehen abschalten." Wie man mit Sterbenden, mit dem Tod umgeht, das ist Teil der Ausbildung, wird in Seminaren und Fortbildungen vermittelt. Außerdem: "Man kann immer mit jemandem reden, wenn man das braucht."
Ein Danke von den Patienten zurückkriegen, das ist für alle wichtig auf der Station. Die Aufmerksamkeit jetzt, die Transparente, die schönen Gesten: Darüber freuen sich alle. Aber die große Frage ist: "Wie lange wird das anhalten", sagt Christian Dorsch. Oder: Werden sie genauso plötzlich wie sie es geworden sind, keine Helden mehr sein?
Der 12. Mai ist der Internationale Tag der Pflege. Dieser Tag wurde ausgewählt, weil am 12. Mai 1820 Florence Nightingale geboren wurde, die Pionierin der modernen Krankenpflege.
" belohnt " wird !! Der Schlüssel Dienst bekommt mehr ,wenn ich den nachts brauche.
Es gäbe auch sicher kein Pflegenotstand ,bei gerechter Bezahlung .