zurück
WÜRZBURG
„Klüngelei“ bei der Referentenwahl?
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:38 Uhr

Wer tritt die Nachfolge von Kultur-, Schul- und Sportreferent Muchtar Al Ghusain an? Am Donnerstag entscheidet darüber der Würzburger Stadtrat.Die Wahl eines Nachfolgers/einer Nachfolgerin steht nach den Formalitäten zu Beginn gleich als erster Punkt auf der Tagesordnung der um 15 Uhr beginnenden Sitzung. Schon vor der Wahl herrscht Unruhe im Stadtrat.

46 Bewerbungen eingegangen

Nachdem bekannt wurde, dass Muchtar Al Ghusain Würzburg in Richtung Essen verlassen würde, wurde die Referentenstelle im Dezember 2017 ausgeschrieben. Wie berichtet wurde Al Ghusain in der nordrhein-westfälischen Metropole zum Beigeordneten für Kultur, Schule und Jugend gewählt, was der Position eines Referenten entspricht. 46 Bewerbungen waren nach der Ausschreibung im Würzburger Rathaus eingegangen. Sieben davon möchte die Stadtverwaltung am Donnerstag zur Wahl stellen.

Die Stadt Würzburg hat der Redaktion die anonymisierten Bewerbungen der sieben Kandidaten zur Verfügung gestellt. Diese haben ganz unterschiedliche Hintergründe vorzuweisen. Das Spektrum der Studiengänge reicht von Philosophie, Musikwissenschaft, Lehramt, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft bis zu Volkswirtschaft und Politikwissenschaft. Einige Bewerber waren bereits Leiter von städtischen Kulturämtern, einer war als Kulturdezernent tätig, ein weiterer fungierte als Marketingleiter eines Theaters. Ein weiterer Bewerber ist Kultur- und Tourismusreferent, während andere Kandidaten laut ihren Bewerbungen kaum Erfahrungen aus dem Kulturbereich mitbringen. Bei ihren Tätigkeiten waren einige der Bewerber für bis zu 160 Mitarbeiter verantwortlich.

Sieben Bewerber stehen zur Wahl

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD- Stadtratsfraktion Hans Werner Loew kritisiert in einer Pressemitteilung den Vorschlag des Oberbürgermeisters, für die Wahl des Kultur-, Schul- und Sportreferenten am Donnerstag dem Stadtrat sieben Bewerberinnen und Bewerber vorzuschlagen. Leider sei der Personalausschuss, der am Montag tagte, diesem Vorschlag gefolgt, so Loew. Üblicherweise schlage der Personalausschuss maximal vier Bewerber vor, die sich dem Stadtrat persönlich vorstellen.

Loew kritisiert die Verwaltung

Dass jetzt mehr als vier Vorschläge gemacht würden, liegt nach Auffassung Loews daran, dass für Bewerber aus der Region nicht unbedingt die gleichen scharfen Auswahlkriterien angewandt würden, wie sie in der Ausschreibung formuliert sind, etwa „hervorragende und in der Praxis erprobte Führungserfahrungen“.

Einzige namentlich bekannte Bewerberin aus der Region ist CSU-Stadträtin Judith Jörg, die ihre Kandidatur selbst öffentlich gemacht hat. Nach Informationen dieser Redaktion schaffte es die stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende in die Runde der letzten Sieben. Außerdem erfuhr die Redaktion, dass es offenbar auch eine zweite, in die Endauswahl gekommene Kandidatur aus Würzburg geben soll.

Ungleiche Gewichtung

Aus Sicht von Loew sei das Vorgehen der Verwaltung „eine höchst bedenkliche Ausweitung der Auswahlkriterien“, gleichsam als „Einheimischenmodell“ eine Freikarte für die Vorauswahl im Bewerberverfahren auszustellen. Auch wenn dies rechtlich nicht angreifbar sei, bleibe doch der bedenkliche Eindruck, dass nicht alle Bewerbungen gleich gewichtet worden seien.

Bewerbung mit Nähe zur Verwaltung

Auch Stadtrat Sebastian Roth (Die Linke) übt in einer Presseerklärung scharfe Kritik an der Vorauswahl. Roth äußert Verständnis, dass nicht alle Bewerber zu einem „Kennenlerngespräch“ eingeladen worden seien. Aber es sei „leider auch so, dass nicht alle eingeladenen Bewerber die Kriterien der Stellenausschreibung erfüllen“. Und weiter: „Ich beanstande die Nähe der Verwaltung zu einer Bewerbung und die Herunterspielung der fehlenden beruflichen Vorerfahrung und fehlenden Qualifikation“. Ein Posten, der drei verschiedene „Ressorts“ abdecke, so Roth, sei zu bedeutsam, „um zum Spielball von Vertrautheit und Parteizugehörigkeit zu werden“, schreibt Roth weiter.

Der Linke-Stadtrat mahnt zudem an, dass sich die Verwaltung bei der Vorauswahl an ihre eigenen Spielregeln halten müsse, sonst werde diese Postenbesetzung in der Bevölkerung negativ wahrgenommen und das Klischee des „Würzburger Klüngels“ erfüllt. Seine Stadtratskollegen fordert Roth auf, sich an der Stellenausschreibung zu orientieren und die bestqualifizierte Bewerbung zu unterstützen“, denn „wir brauchen den besten und nicht den genehmsten Kandidaten“.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Karl-Georg Rötter
Ausschreibungen
Die Linke
Hans Werner Loew
Kulturämter
Muchtar Al Ghusain
SPD
Sebastian Roth
Stadt Würzburg
Theaterwissenschaften
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • F. G.
    Schade, dass es nicht peinlich genug ist. Und das wiederum ist peinlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. K.
    Gibt es in Würzburg nicht schon auffällig viele Familienbande in der Regionalpolitik? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. T.
    Naja, so überraschend nicht. Wie würden denn sonst Frau Stamm und Herr Jörg schimpfen und mit Mittelentzug und anderem drohen ... grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. B.
    Das ist aber eine Überraschung, dass es die Bewerbung von Frau Jörg in die engere Auswahl geschafft hat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ich glaub, da hat sich weder Frau Jörg, noch ihr Mann wirklich ausreichend Gedanken im Vorfeld gemacht. Im Herbst sind Landtagswahlen und die CSU steht bei vielen wegen ihrer Vetternwirtschaft in Kritik.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten