Wer tritt die Nachfolge von Kultur-, Schul- und Sportreferent Muchtar Al Ghusain an? Am Donnerstag entscheidet darüber der Würzburger Stadtrat.Die Wahl eines Nachfolgers/einer Nachfolgerin steht nach den Formalitäten zu Beginn gleich als erster Punkt auf der Tagesordnung der um 15 Uhr beginnenden Sitzung. Schon vor der Wahl herrscht Unruhe im Stadtrat.
46 Bewerbungen eingegangen
Nachdem bekannt wurde, dass Muchtar Al Ghusain Würzburg in Richtung Essen verlassen würde, wurde die Referentenstelle im Dezember 2017 ausgeschrieben. Wie berichtet wurde Al Ghusain in der nordrhein-westfälischen Metropole zum Beigeordneten für Kultur, Schule und Jugend gewählt, was der Position eines Referenten entspricht. 46 Bewerbungen waren nach der Ausschreibung im Würzburger Rathaus eingegangen. Sieben davon möchte die Stadtverwaltung am Donnerstag zur Wahl stellen.
Die Stadt Würzburg hat der Redaktion die anonymisierten Bewerbungen der sieben Kandidaten zur Verfügung gestellt. Diese haben ganz unterschiedliche Hintergründe vorzuweisen. Das Spektrum der Studiengänge reicht von Philosophie, Musikwissenschaft, Lehramt, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft bis zu Volkswirtschaft und Politikwissenschaft. Einige Bewerber waren bereits Leiter von städtischen Kulturämtern, einer war als Kulturdezernent tätig, ein weiterer fungierte als Marketingleiter eines Theaters. Ein weiterer Bewerber ist Kultur- und Tourismusreferent, während andere Kandidaten laut ihren Bewerbungen kaum Erfahrungen aus dem Kulturbereich mitbringen. Bei ihren Tätigkeiten waren einige der Bewerber für bis zu 160 Mitarbeiter verantwortlich.
Sieben Bewerber stehen zur Wahl
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD- Stadtratsfraktion Hans Werner Loew kritisiert in einer Pressemitteilung den Vorschlag des Oberbürgermeisters, für die Wahl des Kultur-, Schul- und Sportreferenten am Donnerstag dem Stadtrat sieben Bewerberinnen und Bewerber vorzuschlagen. Leider sei der Personalausschuss, der am Montag tagte, diesem Vorschlag gefolgt, so Loew. Üblicherweise schlage der Personalausschuss maximal vier Bewerber vor, die sich dem Stadtrat persönlich vorstellen.
Loew kritisiert die Verwaltung
Dass jetzt mehr als vier Vorschläge gemacht würden, liegt nach Auffassung Loews daran, dass für Bewerber aus der Region nicht unbedingt die gleichen scharfen Auswahlkriterien angewandt würden, wie sie in der Ausschreibung formuliert sind, etwa „hervorragende und in der Praxis erprobte Führungserfahrungen“.
Einzige namentlich bekannte Bewerberin aus der Region ist CSU-Stadträtin Judith Jörg, die ihre Kandidatur selbst öffentlich gemacht hat. Nach Informationen dieser Redaktion schaffte es die stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende in die Runde der letzten Sieben. Außerdem erfuhr die Redaktion, dass es offenbar auch eine zweite, in die Endauswahl gekommene Kandidatur aus Würzburg geben soll.
Ungleiche Gewichtung
Aus Sicht von Loew sei das Vorgehen der Verwaltung „eine höchst bedenkliche Ausweitung der Auswahlkriterien“, gleichsam als „Einheimischenmodell“ eine Freikarte für die Vorauswahl im Bewerberverfahren auszustellen. Auch wenn dies rechtlich nicht angreifbar sei, bleibe doch der bedenkliche Eindruck, dass nicht alle Bewerbungen gleich gewichtet worden seien.
Bewerbung mit Nähe zur Verwaltung
Auch Stadtrat Sebastian Roth (Die Linke) übt in einer Presseerklärung scharfe Kritik an der Vorauswahl. Roth äußert Verständnis, dass nicht alle Bewerber zu einem „Kennenlerngespräch“ eingeladen worden seien. Aber es sei „leider auch so, dass nicht alle eingeladenen Bewerber die Kriterien der Stellenausschreibung erfüllen“. Und weiter: „Ich beanstande die Nähe der Verwaltung zu einer Bewerbung und die Herunterspielung der fehlenden beruflichen Vorerfahrung und fehlenden Qualifikation“. Ein Posten, der drei verschiedene „Ressorts“ abdecke, so Roth, sei zu bedeutsam, „um zum Spielball von Vertrautheit und Parteizugehörigkeit zu werden“, schreibt Roth weiter.
Der Linke-Stadtrat mahnt zudem an, dass sich die Verwaltung bei der Vorauswahl an ihre eigenen Spielregeln halten müsse, sonst werde diese Postenbesetzung in der Bevölkerung negativ wahrgenommen und das Klischee des „Würzburger Klüngels“ erfüllt. Seine Stadtratskollegen fordert Roth auf, sich an der Stellenausschreibung zu orientieren und die bestqualifizierte Bewerbung zu unterstützen“, denn „wir brauchen den besten und nicht den genehmsten Kandidaten“.