Das Thema Klimaschutz ist nicht nur mit Blick nach Südeuropa "brandaktuell", es fordert Wissenschaft und Wirtschaft auch hierzulande. Als ambitioniertes Projekt dazu hatten Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region im März in Würzburg die Pläne für ein bayerisches Klimaforschungszentrum im Hotspot Mainfranken vorgestellt. Und nun?
Eine angewandte Klimaforschung wollen die Initiatoren betreiben, konkrete Lösungen für die Praxis entwickeln – von der Landwirtschaft über Städtebau bis hin zum Gesundheitswesen. 75 Millionen Euro für den Aufbau und ein Jahresbudget von zwölf Millionen Euro erhoffen sich die Projektpartner vom Freistaat.
Mainfranken als Blaupause für die Folgen des Klimawandels
Mainfranken, argumentiert der Würzburger Klimaforscher Prof. Heiko Paeth, sei als Standort für ein solches Zentrum prädestiniert: Mit einer Temperaturerwärmung von zwei Grad und einem Fünftel weniger Regen allein in den vergangenen fünf Jahren sei hier der Klimawandel weiter fortgeschritten als in anderen Regionen – eine Blaupause für ganz Bayern sozusagen.
Vorhandene Ressourcen und Kompetenzen sollen in dem Zentrum gebündelt werden. Initiatoren sind die Uni Würzburg, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (FHWS), das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE), die Stiftung Umweltenergierecht und das Uniklinikum. Ein Dutzend weiterer Partner unterstützt das Vorhaben.
Und vor allem: Sämtliche unterfränkischen Landtagsabgeordneten – mit Ausnahme der beiden AfD-Abgeordneten – haben sich hinter die Pläne mit dem Arbeitstitel "WueZAK" (Würzburger Zentrum für Angewandte Klimaforschung) gestellt. In einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verwiesen die 17 Abgeordneten von CSU, Freien Wählern, Grünen, SPD und FDP auf die Alleinstellungsmerkmale. Das Zentrum könne Lücken in der bayerischen Forschungslandschaft schließen.
In Söders Regierungserklärung zum Klimaschutz nicht genannt
Doch in seiner jüngsten Regierungserklärung zum Klimaschutz im Juli sprach Söder lediglich vom Schneefernerhaus auf der Zugspitze als "Bayerns großem Klimaforschungsinstitut", über die Uni Weihenstephan-Triesdorf und ein Modellprojekt des Landwirtschaftsministeriums bei Bamberg. Kein Wort dagegen über das ehrgeizige Projekt in Unterfranken. Sind die Pläne in der Staatskanzlei überhaupt angekommen?
Ja, bestätigt eine Sprecherin. Allerdings müssten sie zunächst von den Ministerien für Umwelt und für Wissenschaft geprüft werden. Die Sache sei "ergebnisoffen". Auch in den Ministerien gibt man sich zurückhaltend: Das Schreiben der unterfränkischen Abgeordneten werde derzeit geprüft, heißt es aus dem Umweltressort. Die Federführung liege beim Wissenschaftsministerium. Dessen Sprecherin verweist auf "laufende Abstimmungen innerhalb der Staatsregierung". Man wolle die Klimaforschung im Freistaat strategisch koordinieren, bestehende Projekte und neue Initiativen müssten aufeinander abgestimmt werden.
CSU unterstützt und setzt auf gute Koordinierung
Ob die Einrichtung in Würzburg, zum Beispiel auf Forschungscampus am Hubland, entstehen würde, ist noch offen. Neubau oder Anmietung? Man müsse die mainfränkische Region im Blick haben, sagt Barbara Becker, die für die CSU das Projekt betreut. Die Kitzinger Landtagsabgeordnete hält es für wichtig, allerdings sei eine bayernweite Koordination unerlässlich: "Doppelungen und eine Kannibalisierung müssen wir vermeiden". Es gelte jetzt, die Kernaufgaben eines mainfränkischen Klimazentrums zu beschreiben.
Wie Becker verweist auch der CSU-Abgeordnete Manfred Ländner aus Kürnach (Lkr. Würzburg) auf das landwirtschaftliche Staatsgut Schwarzenau (Lkr. Kitzingen), wo etwa klimaresiliente Feldfrüchte erforscht werden. Für Ländner ist klar: "Die ganze Region steht dahinter, um in dem vom Klimawandel besonders betroffenen fränkischen Raum eine solche Forschung zu etablieren." Das Zentrum wäre ein "Meilenstein".
Forderung nach Finanzierung im nächsten Staatshaushalt
Die Vielzahl und Qualität der beteiligten Projektpartner aus Wissenschaft und Behörden sei "in dieser Form einmalig", findet sein Ochsenfurter SPD-Landtagskollege Volkmar Halbleib. Spätestens im nächsten Staatshaushalt 2022 müsse die Finanzierung gesichert werden.
Der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl, der seit Jahren das Thema Klimaschutz und -anpassung beackert, hat den Brief an die Staatskanzlei ebenfalls unterzeichnet. "Wir brauchen die Klimaforschung. Sie hilft uns, praktische Lösungen zu generieren", sagt Friedl. Es liege auf der Hand, ein solches Forschungszentrum am bayerischen Klimahotspot zu etablieren. "Das begünstigt die rasche Entwicklung wirksamer Lösungen und Anwendungen."
Da haben wir sogar sehr viel Bedarf, denn viel zu oft wird wirksamer Klimaschutz mit fadenscheinigen Argumenten verhindert.
warum die noch ein Forschungszentrum wollen.
Es gibt keine mangelnde Erkenntnis (mehr), es hapert an der Umsetzung in die Praxis. Hier muss was passieren: energetische Sanierung von Gebäuden/ Pflicht zur Nutzung von erneuerbaren Energieträgern, Umnutzung von Industriebrachen zu Wohngebieten statt Zersiedelung und Versiegelung, Ausbau des ÖPNV, Zurückdrängen energieintensiver/ umweltschädlicher "Problemlösungen" bzw. Verhaltensweisen durch angemessene Besteuerung usw. usf., und das wird aber trotzdem erhebliche Mittel erfordern.
Wir (bzw. die nachfolgenden Generationen) haben nicht mehr die Zeit, noch lange herumzufackeln mit der Ausrede "Forschung", es geht jetzt mehr und mehr ums Eingemachte.
Völlig korrekt aufgezählt. Aber bitte all diese Massnahmen weltweit - nur dann sind sie wirksam. Ansonsten kosten die nur Geld das die meisten Leute gar nicht haben und bringt allenfalls den diese Arbeiten (Beispiel: energetische Isolierung) durchführenden Betrieben etwas. Sofern sie für ihre Arbeit tatsächlich bezahlt werden und der Auftraggeber nicht in die (Privat-)Insolvenz rutscht weil politischer Zwang und eigene finanzielle Mittel selten in Einklang zu bringen sind.
drehe ich regelmäßig herum.
Was würde es uns (und somit vordringlich insbesondere die Leute kosten, die eh nichts zuzusetzen haben) wenn wir NICHTS unternehmen würden?
Die Wiederaufbauarbeiten nach den aktuellen Unwetterschäden im Westen Deutschlands werden auf Jahre und einen zweistelligen Euro-Milliardenbetrag taxiert. Steigen die Temperaturen weiter und werden die Ereignisse häufiger und heftiger, folgt daraus?
Wenn Bayern in der Klimaforschung und bei der Entwicklung konkreter Lösungen auf diesem Feld künftig in der ersten Liga spielen möchte, sind die außergewöhnlichen Kompetenzen aus Unterfranken dafür von grundlegender Bedeutung.
Die Finanzierung einer breit aufgestellten „Allianz aus Wissenschaft und Praxis“ ist daher gut und rentabel angelegtes Steuergeld.
Kein Wunder, dass diese Allianz so breite Unterstützung in der Region hat!
Spitzenforschung, die auf direkte Verwendung der Ergebnisse zielt:
=== Würzburger Zentrum für Angewandte Klimaforschung ===
https://wuezak.de/
„Das WueZAK ermöglicht eine einzigartige Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis und damit innovative Forschungsansätze, Methoden und Erprobungsformen.“
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Eine erstklassige Chance für die Region Unterfranken.
Ein forschungs- und industriepolitischer Meilenstein für den Freistaat Bayern.