
Die Physikerin Veronika Eyring hat drei anstrengende Wochen hinter sich: Sechs Jahre nach dem letzten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt den aktuellsten Forschungsstand zusammengetragen. 14 Tage lang, in intensiven Besprechungen, Diskussionen, Online-Meetings mit Regierungsvertretern.
Veronika Eyring, die aus Unterfranken stammt und in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) aufgewachsen ist, war koordinierende Leitautorin des Kapitels "Der menschliche Einfluss auf das Klimasystem" im aktuellen IPCC-Bericht. Am Montag stellte der Weltklimarat die Ergebnisse vor. Kurz darauf präsentierte Eyring die wichtigsten Aussagen auch in Berlin, bei der Pressekonferenz des Bundesumweltministeriums. Die Wissenschaftlerin, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und am Institut für Umweltphysik (IUP) der Uni Bremen forscht, war gefragte Gesprächspartnerin.
Was also ist für sie die wichtigste Botschaft des Berichts? Und hat sie eigentlich noch etwas überrascht? Ein Gespräch über Wetterextreme, Simulationen - und die Hoffnung, dass es die junge Generation besser macht.
Prof. Veronika Eyring: Wir haben jetzt ein klareres Bild vom Klimawandel als wir es je hatten. Die jüngsten Klimaveränderungen sind weitverbreitet, schnell und verstärken sich. Und sie sind beispiellos, was die vergangenen Jahrtausende angeht.
Eyring: Der Mensch hat das Klima erwärmt. Es ist seit Jahrzehnten klar, dass sich das Klima der Erde verändert. Und für uns Wissenschaftler war und ist die Rolle des menschlichen Einflusses auf das Klima unbestritten. Die Berichte des Weltklimarats sagen schon seit den 1990er Jahren, dass die menschlichen Aktivitäten das Klima erwärmen. Aber die Beweislinien sind immer stärker geworden – und jetzt überdeutlich.
Eyring: Ja. Wir sehen jetzt, dass die jüngsten Klimaveränderungen nicht nur weit verbreitet sind – sondern sehr rasch geschehen. Die Erwärmungsraten seit 1970 sind wirklich beispiellos. Noch nie in den vergangenen 2000 Jahren ist die Temperatur in einem so extrem kurzen Zeitraum so stark gestiegen. In den vergangenen vier Jahrzehnten war jedes einzelne Jahrzehnt wiederum wärmer als jedes der vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850. Inzwischen sind wir bei einer globalen Erderwärmung um 1,1 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten. Dies zeigt klar die Dringlichkeit zum Handeln auf. Ein weiteres neues Ergebnis: Wir haben stärkere Belege, dass Wetter- und Klimaextreme wie Hitzewellen, Starkregen und Dürren auf den vom Menschen gemachten Klimawandel zurückführen sind. Und dass sie mit zunehmender Erwärmung häufiger und heftiger werden - in allen Regionen der Welt.
Eyring: Von Seiten der Physik aus ist das nicht überraschend. Die Häufigkeit und die Intensität der Wetterextreme nehmen mit zunehmender Erwärmung zu, das ist klar. Der Effekt basiert auf einem physikalischen Gesetz und ist ganz einfach: Pro Grad Erwärmung kann die Luft sieben Prozent mehr Wasser halten – und eben auch abregnen. Es ist also genau passiert, was prognostiziert wurde.

Eyring: Es wird generell wärmer, überall in Europa. Und das Risiko von Starkniederschlägen steigt in vielen Regionen – es regnet seltener, dafür heftiger. Welche verheerenden Auswirkungen das haben kann, hat sich ja gerade bei der Flutkatastrophe in Deutschland gezeigt. Solche Extremereignisse werden zunehmen - insbesondere, wenn die globale Erwärmung 1,5 Grad Celsius übersteigt.
Eyring: Ja, dass der Unsicherheitsbereich in der Klimasensitivität eingeschränkt werden konnte. Diese gibt an, wie stark sich die global gemittelte Oberflächentemperatur erhöht, wenn sich die atmosphärische CO2-Konzentration verdoppelt. Seit 1979 und auch noch im letzten Klimabericht vor acht Jahren gab es bei der Klimasensitivität noch große Unsicherheiten - in einem Bereich zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius. Jetzt verstehen wir Rückkopplungsprozesse und auch vergangene Klimazustände besser. Der neue Bericht konnte den Unsicherheitsbereich für mich überraschend deutlich eingrenzen. Er sagt also: Das Klima könnte sich um drei Grad Celsius erwärmen – mit einer Spanne von 2,5 bis 4 Grad Celsius – wenn die atmosphärische CO2-Konzentration doppelt so hoch wäre.
Eyring: Die Klimamodelle sind verbessert, wir haben sehr viele mehr Daten und wir haben neue Methoden. Wenn man sich vorstellt, wie komplex das Erdsystem ist und wie gut die Modelle das abbilden können – das ist faszinierend! Mit einem verbesserten Verständnis des Klimasystems und dem eingeschränkten Unsicherheitsbereich der Klimasensitivität können wir jetzt robustere Vorhersagen zur Erwärmung im 21. Jahrhundert unter bestimmten Emissionsszenarien liefern.
Eyring: Der Bericht betrachtet ja fünf illustrative Emissionsszenarien. Es gibt zwei Szenarien mit niedrigen Treibhausgasemissionen, die annehmen, dass die Emissionen bis ungefähr 2050 beziehungsweise 2070 Netto-Null erreichen und danach negativ sind. Dann gibt es ein mittleres Szenario, in dem die CO2-Emissionen ungefähr bis Mitte des Jahrhunderts gleichbleiben und dann sinken. Und es gibt zwei Szenarien, bei denen sich die CO2-Emissionen bis 2100 beziehungsweise 2050 verdoppeln. In allen fünf wird die globale Erwärmung in den nächsten 20 Jahren 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent überschreiten.

Eyring: Im niedrigsten Szenario erwärmt sich das Klima kurzfristig auf 1,6 Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau, sinkt dann aber wieder ab auf 1,4 Grad am Ende des Jahrhunderts. Im höchsten Szenario dagegen wird vorhergesagt, dass die Erwärmung auf weit über vier Grad Celsius am Ende des Jahrhunderts steigt. Viele Veränderungen im Klimasystem werden in unmittelbarem Zusammenhang mit der globalen Erwärmung größer. Es geht also darum, die Treibhausgasemissionen sofort, schnell und drastisch zu reduzieren. Ansonsten wird die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 oder zwei Grad Celsius unerreichbar sein.
Eyring: Das Klima erwärmt sich so schnell wie seit Tausenden von Jahren nicht mehr – die Änderungen sind beispiellos. Ich persönlich wünsche mir, dass der Bericht, der die physikalischen Grundlagen des Klimawandels und die Dringlichkeit des Handelns erneut klar dargelegt hat, nun zu den entsprechenden sofortigen und nachhaltigen Maßnahmen führt. Es geht darum, jedes Zehntel Grad Erwärmung zu vermeiden – und nicht bei einer bloßen Unterscheidung zwischen 1,5 und zwei Grad Celsius Erwärmung zu bleiben.
Eyring: Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt weiter an, daran hat auch die Corona-Pandemie nicht viel geändert. Das ist auch eine wichtige Erkenntnis. Das eine Jahr, in dem man etwas weniger CO2 emittiert, reicht nicht!
Eyring: Kaum. Die Lockdowns haben zwar vorübergehend zu weniger CO2-Emissionen geführt, aber das brachte kaum Einsparungen auf globalem Niveau, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist weiter gestiegen. Es geht darum, dass wir bei den Emissionen nicht wieder dahin zurückkehren, wo wir vor Covid waren. Es geht darum, Jahr für Jahr weiter zu reduzieren bis auf Netto-Null. Wir brauchen hier einen sehr langen Atem. Die Antwort auf das Senken der CO2-Emissionen werden wir erst nach ungefähr 20 Jahren bei der Temperatur sehen. Die Menschheit muss geduldig bleiben. Und es muss wirklich eine Wende geben. Viele Prozesse sind irreversibel.
Eyring: . . . werden Generationen nach uns noch ausbaden müssen. Der Meeresspiegel beispielsweise wird noch über Jahrzehnte und Jahrhunderte weiter steigen, selbst wenn wir jetzt sofort handeln. Sofort, drastisch und schnell – das ist die einzige Antwort.
Eyring: Die Menschheit hat es noch immer in der Hand. Aber die Dringlichkeit ist klar: jetzt! Dass die Maßnahmen nachhaltig sein müssen, ist auch klar. Ein bisschen was tun und dann fröhlich so weitermachen, das geht nicht mehr.

Eyring: Ich empfinde es als großes Glück, dass ich mit einem unheimlich spannenden Forschungsthema dazu beitragen kann, den Klimawandel besser zu verstehen und vorherzusagen. Und dass ich auch dazu beitragen kann, die Grundlagen zu liefern für politische Handlungen. Das Klima zu beobachten und zu verstehen - diese Pflicht hört auch nicht auf. Was wir sehen und finden, ist nicht schön. Aber ich bin ja Physikerin, ich finde diese Forschung faszinierend. Damit auch noch einen nützlichen und wichtigen gesellschaftlichen Beitrag liefern zu können, das motiviert mich.
Eyring: Das ist die Generation meiner Kinder. Ich hoffe, dass von dieser Generation viel Positives ausgeht. Und dass sie hilft dafür zu sorgen, dass das, was wir wissenschaftlich als Grundlage liefern, auch umgesetzt wird. Der Weltklimarat hat den Realitätscheck geliefert, was die globale Erwärmung und den Klimawandel angeht.
Wieso kann man nicht einfach mal akzeptieren, was eine weltweite Community von qualifizierten Wissenschaftlern erarbeitet hat.
Ich hoffe immer noch auf den Tag, an dem den Quer- und Leerdenkern die Plattform entzogen wird.
zu ihrem letzten Satz:
"Ich hoffe immer noch auf den Tag, an dem -Quer- und Leerdenkenden die Plattform entzogen wird"
Mit welcher Begründung bezeichnen Sie Andersdenkende als -Quer- und Leerdenkende?
Ihnen zur Kts.:
Gem. Grundgesetz: Artikel -5- (Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft), haben auch diese -Quer- und Leerdenkende- ebenso wie Sie, ein Grundrecht auf ihre Meinungsäußerung.
Natürlich haben auch Sie das Recht der freien Meinungsäußerung.
Aber auch Sie müssen es dadurch auch aushalten, dass Ihnen und den von Ihnen propagierten Thesen widersprochen wird.
Wenn "Leerdenker" jetzt von Meinungsdiktatur faseln beweist das nur, dass Sie das mit dem Recht auf freie Meinung nicht verstanden haben.
was hält "radfahrer" nicht aus?
Wir müssen endlich was tun. Die jetzige Groko ist nicht in der Lage. Im September geht es bei der BTW21 deshalb nicht nur um die Zukunft unseres Landes. Die Union aus CSU/CSU hat 16 Jahre lang blockiert und verharmlost. Frische, mutige Kräfte müssen ans Ruder.
Wieso denken (?) denn die dümmlichen und die Realität verleugnenden Nichtswisser mit dem Hinzufügen irgendwo hergeholter Links die ernsthaften Analysen von WISSENSCHAFTLERN (!!!) so doof in Abrede stellen zu können ??
"So ist der Anteil an importiertem Atomstrom heute bereits bei über 11 %,..."
Netter Trick die Leute für dumm zu verkaufen. Insgesamt wurden in 2019
32,6 TWh Strom aus Deutschland mehr exportiert als aus dem Ausland importiert. Wir produzieren nicht nur Atomstrom - und bald dann glücklicherweise noch weniger davon.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/weltklimarat-so-duester-ist-die-uno-prognose-fuer-den-mittelmeerraum-a-01c86a7e-07b5-4ecf-ae9a-5b14e5b90c66?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
90 mio. Betroffene (was passiert eigentlich, wenn die anfangen von da zu flüchten, wollen wir da unsere Grenzen dichtmachen?), meine Güte, hoffentlich wachen jetzt alle auf, die geglaubt haben, das mit dem Klimawandel ist nur Panikmache von Annalena und Greta und Luisa...