Es ist eines der größten Horrorszenarien, die Eltern vor Augen haben: Das eigene Kind wird auf der Straße von einem Fremden angesprochen und womöglich Opfer sexueller Gewalt. Mehrere Fälle versetzten Eltern in den vergangenen Wochen in Alarmbereitschaft: In Kürnach und Lengfeld (Lkr. Würzburg) versuchte ein Mann, Kinder zum Mitgehen zu überreden, im Hassbergkreis hat laut Polizei ein Fremder versucht, Kinder in seinen weißen Transporter zu locken. Auch wenn es glücklicherweise zu keinem Übergriff kam, bleibt die Polizei wachsam. Die Angst unter den Eltern ist einmal mehr gewachsen und viele fragen sich: Wie schützt man Kinder bestmöglich davor, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden? Hans-Peter Breuner, Sexualpädagoge bei profamilia in Würzburg, erklärt, wie sinnvolle Prävention im Elternhaus aussehen kann.
Hans-Peter Breuner: Klar, das ist ein wichtiger Merksatz. Aber damit Kinder das Rüstzeug mitbekommen, mit dem sie nicht so leicht zum Opfer werden, brauchen sie mehr - auch weil Missbrauch meist im engen Umfeld von Kindern stattfindet.
Breuner: Ein gutes Selbstbewusstsein, also das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Eine adäquate Sprache, um Dinge, die ihnen widerfahren sind, benennen zu können und eine Atmosphäre, in denen sie sich trauen, darüber zu sprechen und ihre Grenzen gewahrt wissen. Eine 100-prozentige Sicherheit vor sexuellen Übergriffen gibt es leider nie, aber die Kinder gehen dann gewappneter durchs Leben - nicht nur, wenn sie ein Fremder anspricht, sondern in allen Situationen, in denen jemand ihre Grenzen überschreitet.
Breuner: Fangen wir beim Thema Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit an. Um das zu entwickeln, braucht das Kind Herausforderungen, die es meistern kann. Wenn wir es aus Angst, es könnte herunterfallen, erst gar nicht aufs Klettergerüst lassen, tun wir ihm damit keinen Gefallen. Denn nur wer spürt: "Ich kann über mich hinauswachsen und Dinge schaffen, die erst unerreichbar schienen", entwickelt Selbstwirksamkeit - das Gefühl, selbst etwas bewirken zu können. Auch wenn das nicht immer schützen kann, macht es Kinder stark und kann grundsätzlich helfen. Denn Täter wählen häufig Kinder aus, die bedürftig sind, vielleicht Ängste haben, sich weniger zutrauen und dadurch "leichter Opfer" werden können. Ein Kind, das seine Grenzen kennt und laut Nein sagen kann, könnte da einen Vorteil haben.
Breuner: Klar, das ist sogar sehr wichtig. Ein Kind muss das erlernen und sich auch selbst dabei wahrnehmen, wie es ist, laut zu werden. Man kann das ruhig auch einmal mit Spaß angehen und die Kinder richtig brüllen lassen: "Halt, Stopp, das mag ich nicht!" Darüber hinaus gibt es genug Situationen im Alltag, wo das Kind Nein-Sagen üben kann.
Breuner: Denken Sie an eine nahestehende Person aus der Familie - etwa an die Oma - die das Kind allzu herzlich abküsst oder knuddelt, und das dem Kind unangenehm ist. Hier lernt schon ein Kleinkind, das es Berührungen gibt, die sich gut anfühlen und welche, die das nicht tun. Das muss das Kind äußern dürfen. Es erkennt in dem Moment seine Grenzen - und sollte gehört werden. Andersrum ist es genauso wichtig, dass auch wir Erwachsene dem Kind zeigen, dass wir Grenzen haben, etwa wenn wir irgendwann sagen: "So, jetzt möchte ich nicht mehr, dass du mir immer aufs Klo folgst. Und wenn du das auch nicht willst, dann respektiere ich das natürlich."
Breuner: Indem Sie sie wahren. Das fängt klein an: Wenn das Kind immer wieder sagt, dass sein Pulli juckt oder ihm ein gewisses Essen nicht schmeckt, sollten Sie das ernst nehmen und handeln. Denn wenn ein Kind immer wieder die Botschaft bekommt "Dein Gefühl ist nicht wichtig", ist das fatal. Dann kann es nicht das Körpergefühl entwickeln, das es später braucht, um zu entscheiden: Was gefällt mir und welche Berührung möchte ich nicht?
Breuner: Ich rate dazu, grundsätzlich immer im Gespräch zu bleiben. Auch Situationen wie die mit der Oma sollte man thematisieren, mit dem Kind Handlungsoptionen durchgehen. Denn nur so schafft man einen Kontext, in dem man mit dem Kind auch darüber sprechen kann, dass es Erwachsene und Jugendliche gibt, deren Verhalten über die Überschwänglichkeit der Oma hinaus gehen, die Kinderrechte nicht wahren. Wenn die Eltern vorher nie über Themen wie eigene Grenzen oder altersangemessen über Sexualität mit dem Kind gesprochen haben und dann das Thema sexueller Missbrauch auftaucht, ist es für das Kind überfordernd, gleich mit so einem Extrem konfrontiert zu werden.
Breuner: Es ist eine Grundvoraussetzung, dass Kinder sprachfähig gemacht werden. Sie brauchen Worte, die sie ohne Scham nutzen können. Viele Betroffene von sexuellem Missbrauch schweigen Jahre und leiden massiv darunter. Wenn ein Kind die Erfahrung gemacht hat, mit den Eltern auch über Sexualität sprechen zu können, kann es auch benennen, wenn ihm etwas Schlimmes passiert ist und sich so Hilfe holen.
Breuner: Das fängt schon auf dem Wickeltisch an. Man benennt vielleicht spielerisch beim Waschen die Stirn, den Bauch, die Füße. Aber den Penis oder die Vulva lässt man aus. Dabei ist es so wichtig, dass Kinder von klein auf die Worte lernen, um auch diese Körperteile benennen zu können. Neben den vielleicht gebräuchlichen familiären kindlichen Ausdrücken für die Geschlechtsorgane sollte das Kind immer auch die hochsprachlichen Worte kennenlernen, wie wir dies auch bei anderen Körperteilen tun. Später wird es wichtig, dem Kind zu zeigen, dass es selbst über seinen Körper bestimmen darf, etwa in dem man fragt: Darf ich dir den Popo waschen? Und wenn die Kinder noch älter werden und jede Menge Fragen auch zum Thema Sexualität stellen, sollte man ihnen sachlich und wenig dramatisch Auskunft geben. Wenn man sensibel ist für solche Momente, kann man sie nutzen, um dem Kind wichtige präventive Botschaften näherzubringen, die schützen.
Breuner: Gehen Sie in die Büchereien, schauen Sie sich Aufklärungsbücher an und spüren Sie in sich rein, mit welchen Formulierungen Sie gut leben können. Wichtig ist, dass Sexualerziehung in der Familie mit Leichtigkeit angegangen wird und die Eltern nicht selbst voller Scham sind.
Breuner: Auch. Aber da geht es auch darum, dass Kinder wissen, dass sie mit jedem Thema zu ihren Eltern kommen können. Kinder, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind, entwickeln oft das Gefühl von Scham und einer Mitschuld. Ob ein Kind dann trotzdem damit zu seinen Eltern geht, hängt davon ab, welche Grunderfahrungen es vorher gemacht hat: Wenn es gelernt hat, dass es bei einem Fehler - etwa wenn es was kaputt gemacht hat, das es eigentlich nicht anfassen durfte - ausgeschimpft wird, vielleicht noch verhöhnt wird mit "Das hab ich dir doch gleich gesagt", dann wird es sich schwer tun, sich den Eltern anzuvertrauen. Es geht nicht darum, dem Kind alles durchgehen zu lassen. Es geht um die Erfahrung: Meine Eltern helfen mir am Ende immer. Denn nur so werden Kinder so stark, dass sie sich trauen, Hilfe zu holen, wenn es drauf ankommt. Und wir als Erwachsene haben dann die Verantwortung, das Kind zu schützen.
Ich hatte später, als ich mich für dann mal selbst für Frauen interessiert habe, sogar eine regelrechte Abneigung gegen solche mit größeren Brüsten...
Aber das hat nur eine meiner Omas gemacht. Der anderen wäre sowas niemals in den Sinn gekommen! Und genauso wird es heute vielleicht immer noch sein: Es gibt solche, und solche.
Ich fand es jetzt gerade nur witzig, dass das hier thematisiert wurde, denn das war für mich lange Jahre ein echtes Trauma.
Das mit der Benennung der Geschlechtsteile kann schon im Kindergarten im alltäglichen Umgang erlernt werden, wenn die Eltern das selbst nicht hinbekommen. In der Schule, mit einsetzender Pubertät, ist das auf jeden Fall viel zu spät...
Falls Sie andere Erfahrungen gemacht haben, dann bitte nicht verallgemeinern!