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Würzburg
Kiliani-Boxen in Würzburg: "Trinken, essen und zuschauen, wie sich die Leute auf die Schnauze hauen"
Schweiß, Härte und fliegende Fäuste. Im Kiliani-Festzelt versammeln sich 1400 Menschen, um Boxkämpfe zu sehen und Bier zu trinken. Für die Boxer steckt mehr dahinter.
Auf Kiliani fliegen die Fäuste: Kai Friedensohn (rechts) kämpft gegen Silab Noori, fünffacher afghanischer Meister und deutscher Meister im Schwergewicht. 
Foto: Silvia Gralla | Auf Kiliani fliegen die Fäuste: Kai Friedensohn (rechts) kämpft gegen Silab Noori, fünffacher afghanischer Meister und deutscher Meister im Schwergewicht. 
Autorenköpfe Volos       -  Die neuen Volos sind da: Peter Schlembach startet am 1. April 2023 in ihr zweijähriges Volontariat.
Peter Schlembach
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:42 Uhr

Ein kräftiger Schlag. Christoph Semenys fällt zu Boden. Das Publikum im Festzelt springt auf. Der Boxer bleibt benommen sitzen, die Menschen brüllen laut. Der Ringrichter zählt bis Acht. Angeschlagen rappelt sich der Amateur vom ATS Kulmbach wieder auf. Doch der Unparteiische beendet den Kampf. Die Menge tobt. Und während das Publikum feiert, tragen die Bedienungen Nachschub durch die Gänge des Kiliani Festzelts: Bier, Brezeln und Weißwürste. 

Warmmachen für den Boxkampf bei Kiliani

Kai Friedensohn bekommt davon nichts mit. Mit grünen Ohrstöpseln schottet er sich ab. Er ist in seiner eigenen Welt, läuft in einer Ecke des Zelts auf und ab. Dann wickelt er sich Bänder um die Hand und boxt kraftvoll in die Luft. Seine Beine tippeln dabei schneller als die Arme schlagen. Seine Haut glänzt, kleine Schweißperlen sind auf den muskulösen Oberarmen zu sehen. Die ganze Konzentration gilt seinem nächsten Kampf. In einer halben Stunde muss er in den Ring. 

Das Publikum sorgt für Stimmung und feuert die Boxer an. 
Foto: Silvia Gralla | Das Publikum sorgt für Stimmung und feuert die Boxer an. 

Boxen zum Frühschoppen - einer der Höhepunkte auf Kiliani. In der Mitte des Festzelts, wo sich normalerweise die Bierzeltgarnituren aneinanderreihen, steht der Boxring. Auf Augenhöhe des Publikums, der Ringboden. Darüber die gepolsterten Seile, eine blaue Ecke für die Heimmannschaft und die rote Ecke für die Gäste. 

Kiliani-Boxen: Kickers Würzburg kämpfen gegen den ATS Kulmbach 

Die Boxer der Kickers Würzburg treten gegen den ATS Kulmbach an. Zehn Kämpfe in sechs Gewichtsklassen. Der Frauenkampf wurde kurzfristig abgesagt. Von unter 63,5 Kilogramm bis über 92 Kilogramm schwer sind die stählernen Männer an diesem Tag. Sie sind nicht nur nach Gewichtsklassen eingeteilt, sondern auch nach ihrer Erfahrung. Zu groß sollen die Unterschiede nicht sein. Für drei Runden mit jeweils drei Minuten steigen sie in den Ring. 

Draußen sind die Rollläden der Buden noch geschlossen. Bei einem Fahrgeschäft wechseln Angestellte eine Glühbirne, beim Autoscooter wird geputzt. Wer am Sonntagmorgen auf dem Kiliani-Gelände unterwegs ist, hat nur ein Ziel: das Boxen. Das Festzelt ist voll, so voll wie noch nie. 1400 Menschen sitzen um den Ring, die meisten sind Männer. Die Luft steht. Es ist schwül - es wird der bisher heißeste Tag des Jahres werden.

1400 Menschen, so viele wie noch nie, schauen sich das Kiliani-Boxen an. 
Foto: Silvia Gralla | 1400 Menschen, so viele wie noch nie, schauen sich das Kiliani-Boxen an. 

Kiliani-Boxen als Tradition im Würzburger Festzelt

Seit über zehn Jahren kommen Thomas Madel und Tibor Kiss aus Frankfurt zum Boxen auf Kiliani nach Würzburg. "Trinken, essen und zuschauen, wie sich die Leute auf die Schnauze hauen." Das reizt sie. Natürlich bewundern sie auch die Boxer, die sich dem Kampf Mann gegen Mann stellen. 

Bier und Boxen gehört für die Zuschauer und Zuschauerinnen zusammen. 
Foto: Silvia Gralla | Bier und Boxen gehört für die Zuschauer und Zuschauerinnen zusammen. 

Für Kevin Dees und Moritz Ströbert aus Opferbaum passt "Frühschoppen, Weißwurst und Boxen wie die Faust aufs Auge", ergänzen sich die beiden 25-Jährigen und lachen. Mit Lederhose, Hemd und Bier schauen sie sich das erste Mal die Wettkämpfe an. Ihre Erwartungen sind hoch: "Wir haben schon Bock, dass die sich im Ring bald richtig kloppen." 

Lange Vorbereitung auf den Kampf bei Kiliani

Jetzt steigen die Meister in den Ring. Friedensohn, bayerischer Meister 2021, kämpft im Schwergewicht gegen Silab Noori, dem amtierenden deutschen und fünffachen afghanischen Meister. Friedensohn verstärkt heute das Team der Kickers Würzburg, normalerweise boxt er für den TSV Bad Kissingen. Seit fünf Wochen trainiert er täglich. Je näher der Kampf rückt, desto wichtiger werden Schnelligkeit und Beweglichkeit - Krafttraining ist jetzt nicht mehr so entscheidend.  

Kai Friedensohn bei der Vorbereitung auf seinen Kampf. 
Foto: Silvia Gralla | Kai Friedensohn bei der Vorbereitung auf seinen Kampf. 

Auch das Publikum kommt ins Schwitzen

Inzwischen ist es Mittag. Die Hitze drückt auf die Stimmung der Boxfans. Das Publikum fächert sich mit den Speisekarten Luft zu. Einige haben kleine Handtücher mitgebracht und wischen sich den Schweiß von der Stirn. Neben den Maßkrügen voller Bier stehen inzwischen auch viele Wasserflaschen auf den Tischen.

Dafür hat Friedensohn keinen Blick. Friedensohn springt in seiner blauen Ecke auf und ab. Der Ringrichter holt die beiden Boxer in die Mitte. Sie schauen sich tief in die Augen, ihre Boxhandschuhe berühren sich sanft. Danach geht jeder zurück in seine Ecke. Ring frei. Runde 1. 

Kai Friedensohn auf dem Weg in den Boxring. 
Foto: Silvia Gralla | Kai Friedensohn auf dem Weg in den Boxring. 

Spannende Kämpfe beim Kiliani-Boxen

Ein Schlag in die Magengrube mit rechts. Mit der linken Faust und voller Wucht gegen den Kopf: Kai Friedensohn muss einige Schläge einstecken. Einer Zuschauerin fällt auf, dass er schwächelt. "Der hat gut gewackelt", sagt sie. Doch der 25-Jährige lässt sich nichts gefallen. Er schlägt zurück. Sein Gegner Silab Noori verpasst die Deckung. Für einen kurzen Moment nimmt er die Fäuste nicht vors Gesicht. Friedensohn zieht durch und trifft den Kopf seines Gegners. "Schön!" und "nochmal Kai!" ruft das Publikum.  

Am Ende reicht es nicht ganz, Friedensohn verliert nach Punkten. Zufrieden ist er trotzdem. "Ich habe mich gut vorbereitet, aber in der letzten Runde ist meine Körperspannung weggefallen. Noori ist ein sehr starker Gegner, es hat halt einfach ein bisschen was gefehlt", betrachtet der 25-Jährige seinen Kampf.

Silab Noori  (links) gewinnt den Kampf gegen Kai Friedensohn.
Foto: Silvia Gralla | Silab Noori  (links) gewinnt den Kampf gegen Kai Friedensohn.

Boxen ist mehr als Härte und Zuschlagen

Für Friedensohn ist Boxen ist ein fairer Sport: "Es ist ein Kampf auf Augenhöhe. Wenn einmal Druck da ist, musst du dem Druck standhalten." Dabei gehe es gar nicht so sehr um Härte, sondern viel mehr um Strategie: "Wenn du nicht denkst, bekommst du die Treffer ab. Du musst überlegen, wie du an den Gegner kommst. Da musst du Reflexe haben und intelligent vorgehen."

Fotoserie

Für das Publikum zählen dennoch vor allem die Treffer. Dass es am Ende ein Unentschieden zwischen dem ATS Kulmbach und den Kickers Würzburg gibt, scheint im Zelt niemanden so richtig zu interessieren. 

Friedensohn hat sein lässiges Muskelshirt und die Boxershort gegen normale Klamotten getauscht. Im Festzelt sind mittlerweile weniger Leute. Der 25-Jährige bleibt aber noch, freut sich auf etwas Deftiges zu Essen. Auf die Maß Bier dazu verzichtet er.  

 
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  • C. J.
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    nach langer pause nun also endlich wieder großartiger amateur-boxsport im kiliani-festzelt...
    ein freudiger dank an manfred borst für die lange anstrengende vorbereitung und für eine tolle organisation!
    das kiliani-amateurboxen wesentlich mehr und anspruchsvoller ist, als "anderen auf die schnauze zu hauen", macht diesen event für boxkenner zu etwas besonderem.
    als beispiel auch der technisch feine und starke kampf vom deutschen meister im mittelgewicht: mohammad shadab aus bad kissingen:
    https://www.youtube.com/watch?v=zBIJ13KHH64
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