
"Wir halten Sie nicht für einen schlechten Menschen", sagte Richter Thomas Schuster am Ende seiner Urteilsbegründung an den Angeklagten gerichtet. Der 30-Jährige sei aber ein Mann, der in einer Ausnahmesituation falsch gehandelt habe. "Und dafür müssen Sie gerade stehen."
Zuvor hatte der Richter den Angeklagten an diesem Donnerstag unter anderem wegen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gericht spricht von "Augenblicksversagen" bei Holzdiebstahl
Der Angeklagte soll im Januar mit dem Lebensgefährten seiner Schwester in einem Wald bei Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) Holz im Wert von höchstens 80 Euro gestohlen haben. Der Waldbesitzer erwischte die Diebe auf frischer Tat und stellte sich deren Auto entgegen.
Nach Überzeugung des Gerichts hatten weder der Angeklagte noch der Waldbesitzer Zeit zu reagieren, sodass der Bestohlene auf der Motorhaube des 30-Jährigen landete.
Der Angeklagte setze laut Richter Schuster seine Fahrt mit dem Waldbesitzer auf der Haube fort, bog auf eine Bundesstraße ab, beschleunigte auf mindestens 30 Kilometer pro Stunde und versuchte, den Geschädigten mit Lenkbewegungen abzuschütteln. Als der Waldbesitzer auf den Asphalt fiel, zog er sich schwere Schürfwunden und Hämatome zu. Außerdem wurde sein Knöchel von dem Kombi überrollt. Das alles ereignete sich innerhalb weniger Sekunden.
Angeklagter soll nach Diebstahl Angst vor Waldbesitzer gehabt haben
Während das Gericht ein "Augenblicksversagen" des Angeklagten als Ursache für den Vorfall sah, wertete die Staatsanwaltschaft die Tat in ihrer Anklage und ihrem Plädoyer als versuchten Mord. "Der Angeklagte wollte das Holz behalten, egal, was mit dem Geschädigten passiert", erklärte der Anklagevertreter.
Der Waldbesitzer habe keine Chance gehabt, von der Motorhaube zu kommen, "wenn er sich nicht Tom-Cruise-mäßig abgerollt hätte". Tödliche Verletzungen seien möglich gewesen: So sei es "reiner Zufall" gewesen, dass der Angeklagte nur den Knöchel des Geschädigten überfahren habe. Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre Haft.
Anders sahen es die Verteidiger des Angeklagten. Sein Mandant sei kein "rücksichtsloser, brutaler Mensch", wie ihn die Staatsanwaltschaft darstelle, so Anwalt Peter Möckesch. Der 30-Jährige habe vielmehr in Panik vor dem "großen, massigen" Waldbesitzer gehandelt, der "auf die Windschutzscheibe gehämmert" habe. Natürlich sei es ein entscheidender Fehler gewesen, nicht anzuhalten - den habe sein Mandant aber eingeräumt.
Co-Verteidiger Christian Mulzer beantragte, den Mann wegen gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zu räuberischem Diebstahl zu einem Jahr auf Bewährung zu verurteilen. Der Fall sei eine "saublöde Geschichte", die geeignet gewesen sei, "mehrere Leben zu zerstören": das des Geschädigten und das des Angeklagten.
Angeklagter bereut die gefährliche Fahrt und will zu seinen Kindern
In seinem letzten Wort entschuldigte sich der 30-Jährige, der seit Januar in Untersuchungshaft sitzt, abermals für seine Tat, die er "aus tiefstem Herzen" bereue. Er schloss mit der Bitte, "zu meinen Kindern zurückkehren" zu dürfen.
Dieser Wunsch geht vorerst nicht in Erfüllung. Aber: "Dieses Urteil ist nicht hart", sagte Richter Schuster. Bei guter Führung könne die Strafe nach etwa einem Jahr und neun Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. "Es ist nicht so, dass Sie jetzt Ihren Kindern nicht beim Aufwachsen zusehen können."
Komplize des Holzdiebs muss sich in einem separaten Verfahren stellen
Spannend dürfte indes das Verfahren gegen den zweiten mutmaßlichen Holzdieb werden. Der Mann hatte sich zwar als unglaubwürdiger Zeuge im aktuellen Prozess erwiesen, aber behauptet, seinen "Schwager" aufgefordert zu haben, weiterzufahren. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, sich diese Aussage genau anzuschauen.
Wann ihm der Prozess gemacht wird, ist noch offen.
Da müsste er auch nicht ins Gefängnis.
"handwerklichen" Fehler nicht. Der einzig sichtbare Fehler war m.E. , dass er noch vor der Beendigung des Beweisverfahrens durch die Aufhebung des Haftbefehls schon den Eindruck erweckt hat, dass ein Freispruch erfolgt = also schon vor Ende aller Beweise sein Urteil "vor-"gefasst hat. Drum hatte das OLG Bamberg das auch angegriffen.
Bei einem ist klar, was passiert ist.
Beim anderen ist sehr wenig klar. Es gibt stark unterschiedliche Zeugenaussagen. Belastungszeugen wurden beeinflußt. Andere Zeugen sagen, der "Täter" wurde aktuell angegriffen. Wer angegriffen wird, darf sich wehren.
Da gilt dann "In dubio pro reo".