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Würzburg/Wiesentheid
Versuchter Mord wegen Holz für 80 Euro? Holzdieb gesteht, mit Waldbesitzer auf der Motorhaube weggefahren zu sein
Ein Mann aus dem Raum Kitzingen sah live auf seiner Wildkamera, wie zwei Männer sein Holz stehlen und stellte sich ihnen entgegen. Nun begann in Würzburg der Prozess.
Ein Mann soll in einem Waldstück Holz gestohlen haben. Als ihn der Besitzer auf frischer Tat ertappte, soll der mutmaßliche Dieb mit dem Besitzer auf der Motorhaube auf die Bundesstraße gefahren sein.
Foto: Benjamin Stahl | Ein Mann soll in einem Waldstück Holz gestohlen haben. Als ihn der Besitzer auf frischer Tat ertappte, soll der mutmaßliche Dieb mit dem Besitzer auf der Motorhaube auf die Bundesstraße gefahren sein.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 26.08.2024 02:37 Uhr

In einem Waldstück bei Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) hängen hoch in den Bäumen zwei Wildkameras. Der Waldbesitzer hat sie dort aufgehängt, nachdem ihm im Oktober 2023 Unbekannte sein zum Trocknen gelagertes Holz gestohlen hatten.

Als die Kameras am 5. Januar 2024 anschlagen, kann er auf seinem Handy quasi live zusehen, wie sich zwei Männer an den geschichteten Holzscheiten zu schaffen machen. Dass der Waldbesitzer diesen Tag überlebte, war "vom Zufall abhängig", glaubt die Würzburger Staatsanwaltschaft.

Waghalsiges Fahrmanöver mit dem Waldbesitzer auf der Motorhaube

Seit diesem Mittwoch muss sich einer der beiden Holzdiebe, ein 30 Jahre alter Lagerarbeiter, wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Würzburg verantworten. Laut Staatsanwaltschaft fuhr der Angeklagte mit dem Lebensgefährten seiner Schwester in den Wald, wo die Männer Holz im Wert von 80 Euro in einen Kombi luden.

Als sie schon fertig waren, stellte sich demnach der Waldbesitzer dem anfahrenden Kombi in den Weg. Der 45-Jährige habe sich auf die Motorhaube gelegt, dennoch habe der Angeklagte seine Fahrt fortgesetzt.

Holzdiebe sollen versucht haben, Waldbesitzer von Motorhaube zu werfen

Die Holzdiebe sollen durch einen Straßengraben auf die Bundesstraße gefahren sein. Dort hätte der Angeklagte auf bis zu 63 Kilometer pro Stunde beschleunigt und mit Rechts-Links-Lenkbewegungen versucht, den Waldbesitzer vom Auto zu werfen.

Der Waldbesitzer stürzte schließlich auf die Fahrbahn und zog sich schwere Schürfwunden und Hämatome zu. Außerdem soll sein Knöchel unter die Räder des Kombi gekommen sein. Ein Freund des Waldbesitzers, der ihn begleitet hatte, nahm die Verfolgung auf, um das Kennzeichen zu notieren.

Angeklagter: Habe "Panik" und "Angst" gehabt

Der Angeklagte ließ von seinem Rechtsanwalt Christian Mulzer erklären: Das Holz sei gar nicht für ihn selbst gewesen, er habe nur seinem "Schwager" helfen wollen. Als sie erwischt wurden, hätte er "Panik" gehabt und "Angst vor einer körperlichen Auseinandersetzung" mit dem 1,94 Meter großen Waldbesitzer bekommen.

Sein "Schwager" auf dem Beifahrersitz habe geschrien, er solle weiterfahren. Er habe aber nicht Vollgas gegeben und sei höchstens mit Tempo 30 unterwegs gewesen. Er habe es "nicht für möglich gehalten, dass sich der Mann ernsthaft verletzen könnte".

"Ich habe nicht damit gerechnet, dass jemand wegen ein bisschen Holz einfach weiterfährt."
Der 45-jährige Waldbesitzer

Sein Mandant sei nicht "gefühlskalt", so der Verteidiger des angeklagten Familienvaters. Der Angeklagte sitzt seit Januar in Untersuchungshaft. Viele seiner Verwandten verfolgten im Gericht die Verhandlung, mehrere Frauen mit Tränen in den Augen.

Waldbesitzer berichtet, wie sein Bein über den Asphalt geschleift worden sei

Aufgeräumter wirkte der Waldbesitzer, der im Zeugenstand beschrieb, wie er sich dem Auto der Holzdiebe entgegenstellte und auf die Motorhaube schlug. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass jemand wegen ein bisschen Holz einfach weiterfährt", sagte er.

Er habe sich nicht auf die Motorhaube gelegt, sondern sei auf das Auto "gedrückt" worden, weil der Angeklagte einfach weiterfuhr. "Ich hatte Angst und keine Chance von der Haube runterzukommen", ohne eine Verletzung zu riskieren, sagte er. Erst als er durch die Lenkbewegungen halb vom Auto gerutscht und mit dem Bein über den Asphalt geschleift worden sei, habe er "bewusst losgelassen".

"Schwager" des Angeklagten irritiert mit Aussage

Ähnlich filmreif wie das mutmaßliche gefährliche Fahrmanöver des Angeklagten war die Zeugenaussage seines Komplizen. Der "Schwager" kletterte im Gericht auf einen Tisch, um zu demonstrieren, wie der Waldbesitzer auf die Motorhaube gestiegen sein soll.

Er behauptete auch, dem Angeklagten ins Lenkrad gegriffen zu haben, um den Waldbesitzer vom Auto zu werfen. Und dass der Verletzte ihnen zunächst hinterhergerannt sei. Dann sei der Waldbesitzer umgekehrt, woraufhin sie von dem 45-Jährigen und dessen Freund in zwei Autos verfolgt worden seien.

"Hätten die uns gekriegt, hätten die uns umgebracht", sagt der Mann, den der Vertreter der Staatsanwaltschaft einen "dankbaren Zeugen" nannte. Er muss sich in einem separaten Verfahren wegen räuberischen Diebstahls verantworten.

Angeklagter entschuldigt sich und zahlt Entschädigung

Der Angeklagte entschuldigte sich am Mittwoch bei dem Waldbesitzer für seine Tat, die ihm "von Herzen leidtut". Eine Entschädigungszahlung ist bereits geflossen. Für den Waldbesitzer ist die Sache damit erledigt, wie er sagte.

Strafrechtlich ist sie das noch nicht. Ein Urteil wird in dieser Woche erwartet.

 
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