
Früher galten ein Glas Wein oder ein Glas Bier pro Tag als unbedenklich. Inzwischen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), komplett auf alkoholische Getränke zu verzichten. Wie schädlich ist Alkohol für unsere Gesundheit? Birgt auch der vermeintlich "moderate" Alkoholkonsum schon Gefahren? Und wie sinnvoll ist es, in der Fastenzeit komplett auf Alkohol zu verzichten?
Prof. Andreas Geier leitet die Hepatologie an der Uniklinik in Würzburg. Im Interview erklärt der Ernährungsmediziner und Leber-Experte, wie Alkohol im Körper wirkt und schadet - und welche Faustregel er allen ans Herz legt.
Prof. Andreas Geier: Alkohol kann sowohl kurzfristig als auch langfristig erheblichen Schaden anrichten. Beim Rauschtrinken führt er oft zu Unfällen und Verletzungen. Langfristig begünstigt er Krebserkrankungen, Leber- und Bauchspeicheldrüsenschäden, Gehirnschäden und Abhängigkeit. Besonders bei Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt Alkohol die körperliche und geistige Entwicklung. Es gibt keine risikofreie Menge: Selbst geringe Mengen erhöhen das Krankheitsrisiko und gefährden die Gesundheit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt daher, Alkohol ganz zu meiden.
Geier: Die DGE definiert einen risikoarmen Konsum mit weniger als 27 Gramm Reinalkohol pro Woche - das entspricht etwa einem Glas Wein mit 0,25 Liter oder zwei kleinen Flaschen Bier je 0,3 Liter. Ein Konsum von über 81 Gramm pro Woche - das sind vier bis fünf Gläser Alkohol an einem Tag - gilt als explizit riskant und sollte ebenso wie Rauschtrinken vermieden werden.
Geier: Die durchschnittliche Alkoholmenge, die in Deutschland pro Kopf und Jahr konsumiert wird, beträgt 12,2 Liter - mehr als doppelt so viel wie der weltweite Durchschnitt von 5,5 Litern laut der Weltgesundheitsorganisation. Laut Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, tranken im Jahr 2019 insgesamt 7,5 Prozent der deutschen Bevölkerung täglich Alkohol. 21,2 Prozent konsumierten keinen Alkohol. Und rund 30 Prozent der deutschen Alkoholkonsumenten geben an, mindestens einmal im Monat große Mengen Alkohol zu sich zu nehmen.
Geier: Der Alkohol gelangt in den Darm und von dort in die Leber. Dort verstoffwechseln verschiedene Enzyme den Alkohol. Bei Überlastung der Abbaukapazität entsteht Azetaldehyd. Dieser Stoff verursacht oxidativen Zellstress, der zu Verfettung und Entzündung in der Leber führt und Nervenzellen im Gehirn absterben lässt. Gleichzeitig stört Alkohol die Darmflora und die Darmbarriere. Dies aktiviert Entzündungen im Körper.
Geier: Die Folgen reichen von Leberschäden über Bauchspeicheldrüsen- und Gehirnprobleme bis hin zu Krebs und Abhängigkeit. Einen sicheren Schwellenwert gibt es nicht. Besonders wichtig: Alkohol kann bestehende Schäden verstärken, etwa die bei etwa 30 Prozent der Bevölkerung vorkommende, stoffwechselbedingte Fettleber. Selbst geringe Mengen Alkohol verschlimmern diese, wie inzwischen eindeutig belegt ist.
Geier: Laut dem Positionspapier der DGE gibt es keine risikofreie Alkoholmenge. Der Übergang von moderatem Konsum zu einem erhöhten Risiko verläuft fließend. Die individuellen Risiken variieren stark je nach Veranlagung, weshalb keine allgemeingültige Aussage möglich ist. Früher galt die Faustregel, dass Frauen maximal 12 Gramm Reinalkohol pro Tag konsumieren sollten, Männer maximal 24 Gramm. Zudem sollten mindestens zwei Tage pro Woche alkoholfrei bleiben.

Geier: Langfristig schädigt Alkohol die Leberzellen, löst Entzündungen aus und führt zu Vernarbungen, die in Leberzirrhose münden können. Auch das Risiko für Leberkrebs steigt deutlich. Doch es ist nie zu spät, mit dem Trinken aufzuhören. Selbst bei Zirrhose verbessert sich die Prognose erheblich, und die Überlebenschancen steigen. Bei konsequentem Verzicht sind langfristig sogar sehr positive Entwicklungen möglich.
Geier: Alkohol kann Krebs im Rachen, Kehlkopf, in der Mundhöhle, Speiseröhre, im Dickdarm, Rektum, in der Leber und in der weiblichen Brust verursachen. Schon geringe Mengen steigern das Risiko. In Deutschland sterben jährlich über 70.000 Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum. Dies entspricht etwa 10 Prozent der Gesamtmortalität. Frühere Annahmen, dass Alkoholkonsum die Gesundheit fördert, haben sich als falsch erwiesen.
Geier: Männer sind zunächst stärker gefährdet, da sie statistisch mehr und häufiger exzessiv trinken. Frauen tragen aber bei gleichem Alkoholkonsum ein höheres Risiko, schwere Leberschäden bis hin zur Zirrhose zu entwickeln. Auch Herzmuskelschwäche und kognitive Einschränkungen treten bei ihnen schneller auf. Das erhöhte Brustkrebsrisiko wurde bereits erwähnt. Die verheerenden Folgen während der Schwangerschaft bedürfen keiner weiteren Ausführung. In der Schwangerschaft gilt absolutes Alkoholverbot.

Geier: Der Hausarzt stellt beim Check-up ein mögliches Fehlverhalten fest und untersucht den körperlichen und geistigen Zustand. Hinweise auf Leberschäden liefern die Leberwerte und eine Ultraschalluntersuchung von Leber und anderen Bauchorganen. Ergänzend kann eine Messung der Lebersteifigkeit eine relevante Vernarbung erkennen. Die empfohlene Krebsvorsorge hilft zudem, eine mögliche alkoholbedingte Krebsentwicklung frühzeitig zu erkennen.
Geier: Es gibt keine medizinisch anerkannten Maßnahmen, um Alkoholschäden präventiv zu mindern. Viel Wasser zu trinken unterstützt jedoch die Entgiftung. Alkoholkranke leiden oft an Vitamin- und Spurenelementmangel, den man durch ausgewogene Ernährung und Therapie ausgleichen kann.
Geier: Laut Studien verbessern sich bereits nach vier Wochen ohne Alkohol die Blutwerte, der Blutdruck und das Körpergewicht. Natürlich ist für eine langfristige Besserung einer Lebererkrankung eine dauerhafte Änderung im Konsumverhalten notwendig.
Geier: Die Gesellschaft akzeptiert zunehmend Alternativen zu alkoholischen Getränken. In den vergangenen Jahren wuchs der Marktanteil von alkoholfreiem Bier stetig, und auch alkoholfreier Wein findet immer mehr Abnehmer. Doch letztlich sind nur Wasser oder ungesüßter Früchte- oder Kräutertee uneingeschränkt gesund.
(Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde zuerst im Januar 2025 veröffentlicht.)
Anders herum, Beispiel: Zucker wurde Jahrzehnte „verschont“, falsch vor Fett gewarnt! Wohin das führt sieht man in ZUNEHMEND auf den Straßen und abnehmend indirekt auf dem Konto aller Steuerzahler.
Ich glaube nicht, dass das Wissen, dass nun wenigstens endlich ans Licht kommt, zu der totalen Abstinenz führt. Jeder wird das so handhaben, wie es ihm passt. So what?
Es wird kommen wie beim Rauchen, das ist auch nicht ausgestorben.
Wir haben weltweit nicht das beste, dafür eins der teuersten Gesundheitssysteme! Prävention? Braucht man nicht? FAKT!
Kann man alles auch sein lassen, dann stirbt man eben an Langeweile oder Depression.
Ich will hier nicht zum saufen predigen und natürlich hat der Herr Prof. Geier nicht unrecht, mit dem was er sagt, aber es ist nun mal so, dass das Leben ein Risiko ist, das immer tödlich endet. Asketen sterben eben gesünder.
Ich hatte im privaten Umfeld eine nie rauchende Sportskanone, die vor einigen Jahren mit nur 37 an Lungenkrebs gestorben ist.
Stickoxide und Feinstaub in der Luft, Microplastik im Wasser, Chemie im Essen ... alles unvermeidbare Risiken. Wozu also sich das gelegentliche Bierchen (inkl. Glyphosat und Filtermikroplastik) vermiesen lassen?
Ein bisschen weniger von allem, dafür mehr Sport und Bewegung hilft mehr als zuhause zu hocken und auf alles zu verzichten.
Also: nur nicht verrückt machen lassen!
Was bringt es schon ewig zu Leben, wenn der Preis dafür Langeweile, ewige Nüchternheit und Enthaltsamkeit ist. Diese seelenlosen Gesundheitsfanatiker können gerne der Abstinenz frönen und 100 Jahre alt werden. Für mich ist das nichts.
aber wer von den Menschen erwartet, tagein, tagaus im härenen Gewand herumzulaufen, sich auf der Arbeit herumschubsen zu lassen, private Probleme zu ignorieren und auch noch auf jeglichen "Trost" z. B. durch Drogen(!) zu verzichten, riskiert vmtl. einen Volksaufstand.
Da sollte man mMn mal Ursache und Wirkung herumdrehen und sich überlegen, ob eine Welt, in der Produktivitäts- und Rentabilitätssteigerungen auf Kosten menschlicher Lebenszeit Trumpf sind und nicht die Lebensqualität, für ein drogenfreies Leben die geeignete Grundlage ist oder ob man da nicht ansetzen müsste.
In Bhutan z. B. ist Bruttonationalglück ("gross national happiness") ein Staatsziel, und das Land taucht auch nicht bei den Top 20 in Sachen Alkoholkonsum auf (für 2016 gibt es Zahlen, nach denen in Deutschland ca. 20 x soviel Alkohol pro Person konsumiert wurde wie in Bhutan). Aber wer will hier schon Verhältnisse wie in Bhutan, selbst wenn der Noch-Bundeskanzler fasziniert ist...