zurück
Würzburg
Andreas Gabalier lässt politische Sticheleien (fast) bleiben: Tanzen, toben und träumen in Würzburg
Der Steirer begeistert 16.000 Besucherinnen und Besucher auf dem Würzburger Residenzplatz - und präsentiert sich als gereifter Musiker mit Herz, Kanten und Marotten.
Sonnenbrille und große Pose: Der Volks-Rock'n'Roller Andreas Gabalier begeisterte 16.000 Fans auf dem Würzburger Residenzplatz.
Foto: Patty Varasano | Sonnenbrille und große Pose: Der Volks-Rock'n'Roller Andreas Gabalier begeisterte 16.000 Fans auf dem Würzburger Residenzplatz.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 13:27 Uhr

So. Jetzt ist er also in Würzburg, hulapalut vor der Residenz. Volks-Rock'n'Roller Andreas Gabalier lässt's krachen. In der Krachledernen, eh klar. 16.000 Fans singen, klatschen, tanzen, toben und träumen mit dem Steirer.

Der aus seiner Naivität im Umgang mit politischer Stichelei ansatzweise gelernt zu haben scheint. Weil er zwei Stunden überwiegend und dank einer formidablen Rock-Kapelle auch überzeugend bei der Musi(k) bleibt und sich provokanten Unfug weitgehend spart. Sein Publikum scheint auch gar nichts anderes zu wollen.

Leute, die sich auskennen im Musikgeschäft, werden dem 38-Jährigen beigebracht haben, dass das tollpatschige Herumgehopse auf dem schmalen Grat der Kontroverse nichts bringt außer Stress im Netz, in Klatschspalten und im Feuilleton. Muss man allerdings Andreas Gabalier, der bisweilen den Blinker rechts gesetzt, auf dieser Seite jedoch nie überholt hat, echtes politisches Kalkül in die Haferlschuhe schieben, weil er beharrlich fesche Madln in Dirndl und kräftige Buam in Lederhos'n steckt? Er wurde sozialisiert in einer Welt, wo binäre Geschlechter-Identität und Heimatliebe das normalste der Welt sind. 

Fotoserie

Ein Gipfelkreuz ist nicht aus Papier gefaltet - dass Gabalier gerne ein eisernes besingt, ist per se nicht falsch. Höchstens missverständlich bei einem, der seine Haxen vor zwölf Jahren für ein Album-Cover ziemlich sinnfrei zu so etwas ähnlichem wie einem Hakenkreuz verrenkt hat.

Wenn Gablier beim Nürnberger Auftritt 2019 neben dem Reichsparteitagsgelände mit "jetzt hebt's alle den rechten Arm" zum kollektiven Gewinke animiert, ist das wohl nur bei ihm merkwürdig. Wer mit dem Feuer gespielt hat, dem drückt man erneut das Zündholz in die Hand.

Kritiker haben noch Zweifel am Imagewechsel Gabaliers

Dass Andreas Gabalier inzwischen, wenn auch nicht in Würzburg, beherzt gegen Homophobie und Rassismus ansingt ("Liebesleben"), nehmen ihm Kritiker noch nicht ab. Für sie ist er der hemdsärmelige Alpen-Charmeur mit Hang zum Sexismus.

Für ihn nicht: "Mein Mädchen ist eine sehr reife, studierte, fleißige Frau, hat drei Jobs und schreibt ihre Doktorarbeit in Jura. Gleichzeitig steht sie gern am Herd und macht mir Fleischpflanzerl, wenn ich nach Hause komme. Das finde ich schön.“ Warum auch nicht? Solange es "wurscht" ist, ob Mann oder Frau die "Küchli" formt. 

Verschwurbeltes Frauenbild? Die zu einem guten Teil weiblichen Fans von Andreas Gabalier stört das nicht - sie feiern den Österreicher lautstark.
Foto: Patty Varasano | Verschwurbeltes Frauenbild? Die zu einem guten Teil weiblichen Fans von Andreas Gabalier stört das nicht - sie feiern den Österreicher lautstark.

Der "neue" Gabalier müht sich anerkennenswert, einen gereiften Mann auf die Bühne zu stellen, der selbstverständlich von Bergromantik ("Dahoam", "Auf der Alm") und liebeshungrigen Hupfern ins Heu ("Zuckerpuppen") singt – und sich in der medialen Wahrnehmung missverstanden fühlt. Um die 20 Songs, schlicht getextet. Schlichtheit, für die sich der Volks-Rock'n'Roller nicht schämen muss.

Sein Metier ist die Unterhaltung. Die Menschen vor dem Weltkulturerbe sind nicht nur, weil es nach dem nachmittäglichen Monster-Dusch trocken bleibt, glücklich - eines der größten Komplimente, die ein Künstler bekommen kann.

Womöglich, weil er lieb zu den Kleinsten ist, ein riesiges Herz zu haben scheint. Eine redselige Kindergarten-Antonia, die vorwitzig auf die Bühne kraxelt, lädt er samt Familie zum Fan-Fest 2024 nach München ein.

Für so einen netten Onkel steht bei "I sing a Lied für di" gar die Sitztribüne kollektiv auf. Okay, die findet Gabaliers Faible für Winnetou und Hawaiitoast – ganz kann er seine Marotten in Würzburg nicht bleiben lassen – ja auch klasse.

Ein Plädoyer für die politische Meinungsfreiheit

Angenehm: Andreas Gabalier mag nicht pausenlos blödeln. Er geleitet am Ende der mit nur zwei Schleifen knappen Extrarunde das Publikum besinnlich nach Hause: "Amoi seg' ma uns wieder", ein musikalisches Gedenken an Papa und Schwester, die sich in Folge von Depressionen das Leben genommen haben.

Zuvor goutiert er kantig Meinungsfreiheit jeglicher politischer Couleur ("A Meinung ham"): "Wie kann des sein, dass a poar Leut glauben zu wissen, wos a Land so wü. Is des der Sinne einer Demokratie? Dass ana wos sogt und die andern san stü. A Meinung ham, dahinter stehn. Den Weg vom Anfang zu Ende gehen. Wenn's sei muaß ganz allan, do oben stehn." Kann man falsch verstehen, muss man aber nicht.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Michi Bauer
Andreas Gabalier
Instagram-Inhalte
Kritiker
Meinungsfreiheit
Residenz Würzburg
Schwestern
Sexismus
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Dieter Lenz
    Liebe Frau Nowak,
    ich bin 67 Jahre alt, ob der Herr Gabalier rechts denkt oder nicht dazu möchte ich mich nicht äußern, das weiß ich es schlichtweg nicht.
    Aber ob die Frauen Dirndl und die Männer Lederhosen tragen, das finde ich lächerlich. Soll doch jeder leben wie er will und das meine ich auch so.
    Aber mit unserer ganzen politischen Korrektheit und dem Gendern - das finde ich übertrieben. Wir haben auf der Welt doch ganz andere Probleme wie z. Bsp. die Verrohung und die Brutalität der Menschen, der Klimawandel usw.
    Da kann man doch mal ein wenig Spaß haben, auch ohne nachzudenken und ein Haar in der Suppe zu suchen.
    Ich gerne bin Frau, trage gerne Kleider und ich finde manche Männer sexy die Röcke tragen. Meine und jedem anderen seine Sexualität geht keinen was an, muss man das ständig thematisieren?
    Also lassen Sie den Herrn Gabalier seine Besucher in Dirndl und Lederhosen stecken.
    Elke Rieger
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Eberhardt
    Gabalier ist als Künstler einfach erfolgreich. Und hat als Mensch seinen eigenen Charakter und seine Einstellungen. Und die stehen ihm auch zu.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Plenk
    Wenn ich mir die Kommentare hier so ansehe, erscheint manchen hier die Presse- und Meinungsfreiheit dann erreicht zu sein, wenn Rechtsextremismus nicht mehr kritisiert werden darf.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Harry Amend
    16.000 Fans, das heißt aber noch lange nicht das die alle aus Würzburg oder der Umgebung kommen. Somit wird das Bild völlig verwaschen ob der Provokateur hier beliebt ist oder nur seine hartgesottenen Fans, von sonst wo her sind. Diese blenden ja eh alles aus, siehe Wendler dem heute immer noch etliche die Stange halten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Walter Schnurrer
    Vielen Dank für Ihre Nachricht. Bitte wenden Sie sich hierzu an unseren Kundenservice.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Liebe Frau Michi Bauer, vielen Dank für diesen sprachlich so wie inhaltlich sehr gut geschrieben Artikel. Es war für mich tatsächlich in der MainPost seit langem wieder mal ein journalistischer Beitrag, der tiefer ging, der durch seine Sprache und seinem Inhalt beim Lesen Freude bereitet und sich kritisch mit dem Konzert und der Vergangenheit des Künstlers auseinandergesetzt hat und dabei fair blieb. Ich freue mich auf mehr Beiträge dieser Art. Machen Sie bitte weiter so.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Fischer
    Da die mainpost linkslastig ist kein Wunder über die Behauptungen für gabalier. Wären es sahne fisch Filet gewesen dann hätte eine Seite nicht gereicht um diese zu loben. Dann lieber doch gabalier.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gunder Kluge
    Was hat das alles mit seinem Auftritt in Würzburg zu tun, soll hier ein Musiker verunglimpft werden und seine Leistung auf der Bühne nicht gewertet werden. Da ich selbst nicht anwesend war, wollte ich mich einfach nur informieren, und nicht so ein niveaulosen Geschreibe lesen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michi Bauer
    Lieber Herr Nowak. Ist es tatsächlich niveaulos, den musikalischen Auftritt eines Künstlers (den ich als solchen seit Jahren schätze und mehrfach live gesehen habe) positiv zu bewerten? Zitat: "Weil er zwei Stunden überwiegend und dank einer formidablen Rock-Kapelle auch überzeugend bei der Musi(k) bleibt". Ist es ebenfalls niveaulos, die vielfache Schelte gegenüber seiner Person zwar zu thematisieren, aber auch korrigierend, durchaus wohlwollend einzuordnen? Zitat: "Er wurde sozialisiert in einer Welt, wo binäre Geschlechter-Identität und Heimatliebe das normalste der Welt sind." Ist es darüber hinaus niveaulos, sein großes Herz zu erwähnen? Wenn ja, dann möge man das entschuldigen. Wenn nein, dann möge man meine persönliche Einschätzung des Abends bitte respektieren. Einer Meinung kann man in der Kunst eh kaum sein - und das ist auch gut so. Liebe Grüße.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Detlef Guckel
    Dieser Bericht passt in die heutige Zeit. Einfach niveaulos und reißerisch! Es war ein tolles Konzert, eine ausgelassene Stimmung und die Menschen hatten einfach Spaß. Darüber sollte man berichten und nicht immer wieder die gleiche Sau durchs Dorf treiben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Florian Stenger
    Man soll ja leider keine Spaß mehr haben sondern dem Politisch Korrekten Mainstream folgen. Ich bin in vielen Dingen auch Links eingestellt. Aber Gendern und jedem*********Trend folgen muss man auch nicht.

    Das Konzert war richtig gut und man konnte den ganzen anderen*********auf der Welt und den Alltag einfach mal vergessen und ausgelassen ohne darauf achten zu müssen das man irgendwelche angeblichen Fehler macht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Nowak
    Typisch Mainpost wenn so eine Reporterin über was berichten darf/soll wo Ihre Meinung schon zuvor mehr als geprägt ist. Einfach nur provoziert und niveaulos!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Barbara Fersch
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten