
Es geht um den Kampf um höhere Mädchenbildung und um das Frauenstudium, als 1898 Frauen aus dem Adel und dem Bürgertum in Würzburg den Bildungsverein Frauenheil gründen. Der Verein hat laut Satzung "die Förderung höherer Bildung des weiblichen Geschlechts und der Erwerbsfähigkeit der auf eigenen Unterhalt angewiesenen Frauen" zum Ziel.
1899 zählt der Verein bereits 200 ausschließlich weibliche Mitglieder. Viele bekannte Namen finden sich darunter, wie Emy Gordon, Mitbegründerin des Würzburger Katholischen Frauenbundes, die Zoologieprofessorin Marcella Boveri, die als erste Frau überhaupt offiziell zu Forschungszwecken an der Universität zugelassen wurde, die Schriftstellerin Agnes Sapper sowie die Kinderärztin Klara Oppenheimer. Den Vorsitz übernimmt Baronin Auguste Groß von Trockau, die unter dem Pseudonym Jutta Berthen als Schriftstellerin bekannt ist, Elisabeth Dauthendey fungiert als außerordentliches Vorstandsmitglied.

Ihrem Vereinsziel widmen sich die Mitglieder sofort mit großem Elan. Unterstützung erhalten sie durch die Ehemänner einiger Mitglieder, die als Professoren der Universität direkt ab 1898 regelmäßig populärwissenschaftliche Vortragszyklen für den Verein organisieren. Das Vorlesungsprogramm läuft bis 1914 und wird jedes Semesters in der Presse angekündigt. Interessierte Damen können sich gegen Zahlung einer Studiengebühr zur Teilnahme anmelden.
Entschiedener Kampf um die Öffnung der Universitäten
Frauen aus dem Bürgertum haben damals keinen Zugang zu höherer Bildung und einer qualifizierten Berufstätigkeit. Der erfolgreiche Besuch eines Lehrerinnenseminars und die anschließende Anstellung in einer Volks- oder einer Mädchenschule ist neben der Tätigkeit als Erzieherin und Gesellschafterin in einem Privathaushalt eine der wenigen Optionen, die unverheirateten Frauen bleiben.
Viele Vereinsmitglieder haben diese Lehrerinnenausbildung absolviert – auch Elisabeth Dauthendey. Nun kämpfen sie vehement um den Zugang zu weiteren akademischen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, um auch Mädchen das Abiturwissen vermitteln zu können. Eine Gruppe von insgesamt 33 Lehrerinnen führt im Winter 1899 einen erbitterten Briefwechsel mit dem Ministerium in München, bis das Ministerium im März 1900 dann die generelle Zulassung von Lehrerinnen der Stadt Würzburg zu Vorlesungen genehmigt. Von da ab schreiben sich regelmäßig bis zu 60 Lehrerinnen als Gasthörerin an der Universität ein.

Der Verein Frauenheil hat damit einen entscheidenden Beitrag zur Öffnung der Universitäten geleistet, denn aufgrund des immer größer werdenden Zustroms von Gasthörerinnen wird zum Wintersemester 1903/04 dann das reguläre Studium für Frauen an den damals drei bayerischen Universitäten erlaubt.
Gründung der Sophienschule
Auch für die höhere Mädchenbildung setzt sich der Verein Frauenheil ein: 1900 wird im Verbund mit Familien aus dem liberalen, protestantischen und jüdischen Bürgertum die Sophienschule als erste private und vor allem konfessionell ungebundene Mädchenschule in Würzburg eröffnet. Um Mädchen die formale Voraussetzung für ein Studium, das Abitur, zu verschaffen, richtet die Sophienschule bald vierjährige Gymnasialkurse für Mädchen ein.

Neben dem Einsatz für das Frauenstudium kümmern sich die Mitglieder auch um Frauen in den nichtakademischen Berufen. So betreibt der Verein zeitweilig eine Damenspeiseanstalt in der Domerschulstraße und bietet Koch- und Handarbeitskurse in der Pleicherschule an. Lange Jahre können Frauen und Mädchen die kostenlose Rechtsberatung durch Vereinsmitglieder in Anspruch nehmen.
Besonderheit: eine eigene Geschäftsstelle in Würzburg
Der Verein unterhält eine eigene Geschäftsstelle in der Kapuzinerstraße, eine Besonderheit in der damaligen Zeit. Dort wird auch, wie der Würzburger Generalanzeiger 1914 berichtet, eine besondere Beratung für "Damen, welche sich der akademischen Laufbahn widmen wollen" angeboten. Und als 1908 das Verbot einer Mitgliedschaft von Frauen in politischen Vereinen und Verbänden aufgehoben wird, sind es die Damen des Vereins Frauenheil, die bereits acht Tage später die Gründungsversammlung für den Würzburger Frauenstimmrechtsverein organisieren.
"Frauenheil" existierte nachweislich noch bis 1932, zumindest ist der Verein im Würzburger Adressbuch dieses Jahres noch im Vereinsregister unter der Rubrik "Vereine für Wissenschaft und Kunst" verzeichnet. Im Jahr 1933 wurde der Verein dann entweder freiwillig oder zwangsweise – wie viele andere Vereine auch – aufgelöst.
Text: Gisela Kaiser
Gisela Kaiser ist Historikerin. Sie leitete von 1993 bis 2017 das zentrale Frauenbüro und den Familienservice der Universität Würzburg. Ihr Forschungsinteresse gilt der Geschichte der Frauenbewegungen im 19. und 20. Jahrhundert sowie der Entwicklung des Frauenstudiums.