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Würzburg/Schweinfurt
Kampf den Drogen: Experten wollen Jugend besser aufklären
Viel zu viele Jugendliche in Unterfranken haben ein Drogenproblem. Kontrollen und Strafen scheinen kaum zu wirken. Was die Polizei jetzt dagegen tun will.
Die Drogenkriminalität steigt, vor allem unter Jugendlichen. Welche erfolgreichen Präventionsprojekte auf ganz Unterfranken ausgeweitet werden sollen, darüber sprachen (von rechts nach links): Holger Faust (Drogenberatung Würzburg), Alexandra Göbel (Suchtpräventionsfachkraft im Landratsamt Schweinfurt), Kathrin Reinhardt (Polizei), Matthias Weber (Sachgebietsleiter Kriminalitätsbekämpfung) und die neu eingestellten Sozialpädagoginnen, die das Projekt 'FreD' für erstauffällige junge Drogenkonsumenten auch in Würzburg etablieren sollen: Lea Rubbel, Karina Höpfinger, Caterina Valguarnera-Schmitt sowie Redakteurin Angelika Kleinhenz.
Foto: Patty Varasano | Die Drogenkriminalität steigt, vor allem unter Jugendlichen. Welche erfolgreichen Präventionsprojekte auf ganz Unterfranken ausgeweitet werden sollen, darüber sprachen (von rechts nach links): Holger Faust ...
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:32 Uhr

Die gute Nachricht zuerst: Die Kriminalität in Unterfranken und damit das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, sinkt seit Jahren. Die schlechte: Es gab 2018 (5599) fast doppelt so viele Rauschgiftdelite wie 2009 (3094). Die Zahl derjenigen, die mit Cannabis erwischt wurden, stieg innerhalb von vier Jahren um 66 Prozent. Bei Jugendlichen unter 21 erhöhte sich die Zahl der Cannabis-Verstöße bayernweit in fünf Jahren bis 2017 sogar um 82 Prozent.

"Wir wollen nicht warten, bis eine ganze Generation junger Leute im Chillmodus des Cannabisrausches stecken bleibt."
Kathrin Reinhardt, Polizeipräsidium Unterfranken

In Unterfranken griff die Polizei 2018 mehr als 700 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren mit Rauschgift auf. Zehn Jahre zuvor waren es noch 200. Die Polizei geht von einer viel höheren Dunkelziffer aus, da Drogendelikte an Schulen nur bekannt werden, wenn diese sie selbst melden. Immer mehr Jugendliche rutschen in die Drogenszene. Mit Repression allein komme man nicht mehr weiter, sagt Matthias Weber von der unterfränkischen Polizei. Man wolle nicht warten, "bis eine ganze Generation junger Leute im Chillmodus des Cannabisrausches stecken bleibt", ergänzt seine Kollegin Kathrin Reinhardt.

Jeder Zehnte entwickelt einen problematischen Konsum

"Die Konsumenten werden immer jünger", bestätigt Holger Faust, Leiter der Jugend-und Drogenberatung in Würzburg. Und: "Immer mehr Cannabis-Konsumenten landen in der Suchthilfe." Pro Jahr betreuen die Sozialpädagogen allein in Würzburg 1000 Klienten von zwölf bis 65 Jahren, darunter 200 Jugendliche. Das typische Einstiegsalter sei 14, die erste Rauscherfahrung für die meisten Alkohol und Nikotin, gefolgt von Cannabis. "Jeder zehnte Jugendliche entwickelt einen problematischen Konsum." Das heißt, er oder sie kifft täglich, lässt Hobbys, Freunde, Schule oder Arbeit sausen. Zwei Drittel der Drogenabhängigen sind männlich, ein Drittel weiblich.

Ein Joint in Ehren kann niemand verwehren? Matthias Weber seufzt. Die Legalisierungsdebatte habe dazu geführt, dass es bei Jugendlichen, die erwischt werden, kaum noch ein Unrechtsbewusstsein gebe. Dabei habe Cannabis gerade auf das jugendliche Gehirn eine verheerende Wirkung. Dazu kommt: "Je mehr Drogenabhängige sich in einem Stadtgebiet bewegen, desto höher ist die Beschaffungskriminalität, wie Einbrüche-, Taschen-, Fahrrad-, oder Ladendiebstähle", sagt  Kathrin Reinhardt. Viele Drogen würden übers Internet bestellt und per Post risikofrei bis vor die Haustür geliefert. "Die größten unwissentlichen Drogenlieferanten sind Paketdienste", sagt Matthias Weber.

"Immer mehr Cannabis-Konsumenten landen in der Suchthilfe."
Holger Faust, Jugend- und Drogenberatung Würzburg

Die unterfränkische Polizei will da nicht länger zuschauen. Weil Kontrollen und Strafen kaum Wirkung zeigen, müsse die Prävention verstärkt werden. Ab sofort soll für Jugendliche in ganz Unterfranken ein von Städten, Landkreisen, Schulen und Polizei organisiertes Drogen-Präventionsprogramm anlaufen. Künftig kommen Experten von Gesundheits-, Jugendämtern, Polizei und Suchtberatungsstellen mit einem Info-Parcours an die Schulen.

Die Experten stehen den Jugendlichen zu den Folgen des Drogenkonsums Rede und Antwort. Vorbild ist das Projekt "Flashback" in Schweinfurt." Erste Interessenten sind Schulen in und um Kitzingen. Würzburg und Aschaffenburg sollen folgen. Jugendliche sollten wissen, worauf sie sich einlassen, bevor sie das erste Mal mit Drogen experimentieren", sagt Reinhardt. Bereits bestehende Initiativen, wie "Frei statt High" des Landkreises Würzburg sollen ausgebaut und auf andere Landkreise ausgeweitet werden.

Beratungskurs startet in Würzburg

Für Jugendliche, die das erste Mal mit Drogen aufgegriffen werden, gibt es FreD, "Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten". An sechs Abenden werden ihnen die Folgen ihres Konsums vor Augen geführt. Der Kurs, den es bereits in Schweinfurt, Lohr (Lkr. Main-Spessart) und Haßfurt (Lkr. Haßberge) gibt, startet jetzt auch in Würzburg. Die Zielgruppe sind junge Konsumenten aus dem Stadtgebiet und den Landkreisen Würzburg und Kitzingen. "Die meisten von ihnen haben zu dem Zeitpunkt, wenn sie erwischt werden, schon jahrelange Suchterfahrung hinter sich", sagt Alexandra Göbel. Die Sozialpädagogin aus dem Gesundheitsamt leitet seit Jahren den Kurs in Schweinfurt.

"Es sind keine vergammelten Leute, sondern umgängliche junge Menschen, die es verdient haben, dass man sich ihrer annimmt."
Alexandra Göbel, Gesundheitsamt Schweinfurt

Sie sagt: Von jugendlicher Neugier, über Druck aus Elternhaus und Schule bis hin zum Zwang in der Clique gebe es viele Gründe, Drogen zu nehmen und betreffe alle gesellschaftlichen Schichten. "Es sind keine vergammelten Leute, die nichts auf die Reihe bringen, sondern umgängliche junge Menschen, die es verdient haben, dass man sich ihrer annimmt." Mehr als 240 Jugendliche hat Alexandra Göbel allein in Schweinfurt auf dem Weg durch die Sucht begleitet. Für manche war sie der letzte Rettungsanker. Andere haben den vom Gericht verordneten Kurs unbeeindruckt bei ihr abgesessen. Einige sind seither abstinent. Die meisten haben ihr Leben wieder in den Griff bekommen.

 

 
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  • Arcus
    Vielleicht ist das bei der Polizei noch nicht angekommen. Drogen egal ob Alkohol oder andere berauschenden Mittel sind im Jugendalter nicht gut. Im Schnitt ist das Gehirn erst im 28 Lebensalter voll ausgebildet.
    Alkohol ist aus unterschiedlichsten Gründen tendentiell gefährlicher als Cannabis. Die einseitige Verteufelung und Kriminalisierung von Cannabis ist kontraproduktiv.
    Warum wir Cannabis nicht endlich zum kontrollierten Verbrauch freigegeben? Warum wird Alkohol nicht auch nur noch kontrolliert abgegeben. Fast täglich lesen wir in der MP irgendwelche Berichte von Weinköniginnen und Wein.-und Bierfesten. Immer mit unseren Politikern/Politikerinnen (meist denselben, die Cannabis weiter den kriminellen, organisierten Banden überlassen wollen)
    Die Drogenpolitik (speziell in Bayern) ist wie nach dem Weinfestbesuch. Zum k........
    Allein diese Verlogenheit ist es wert, die amtierende staatstragende Partei nicht mehr zu wählen.
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  • th.faust@gmx.de
    Man kennt das ja bereits seit Jahren aus den Niederlanden und Kalifornien. Jetzt ist auch noch Kanada, Uruguay, Südafrika. Lauter Zombie Nationen in denen ganze Generationen junger Leute im Chillmodus verharren. Schrecklich. Nach Spanien und Portugal ist von Reisen auch abzuraten. Einzig eine kleine spanische Exklave ist sicher: Mallorca, hier wird noch althergebracht Gesoffen bis zum Umfallen. Man fühlt sich einfach wie Zuhause. Gut das es sowas noch gibt!
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