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Würzburg
Investitionsstau und Verluste in Millionenhöhe: Ist der Staatliche Hofkeller in Würzburg ein Sanierungsfall?
Das Staatsweingut schreibt seit 2017 Verluste, der Freistaat hat Millionen Euro zugeschossen. Kritiker sehen die Schuld auch beim zuständigen Ministerium.
Im Holzfasskeller in der Würzburger Residenz veranstaltet der Hofkeller Weinproben. Doch das staatliche Weingut schreibt seit Jahren rote Zahlen und ist auf Zuschüsse des Freistaats angewiesen.
Foto: Thomas Obermeier | Im Holzfasskeller in der Würzburger Residenz veranstaltet der Hofkeller Weinproben. Doch das staatliche Weingut schreibt seit Jahren rote Zahlen und ist auf Zuschüsse des Freistaats angewiesen.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:48 Uhr

Der Staatliche Hofkeller in der Würzburger Residenz ist eine Institution im fränkischen Weinbau. "Der Hofkeller ist aber auch seit Jahren mit Wissen der Bayerischen Staatsregierung wirtschaftlich ein Sanierungsfall", sagt der unterfränkische FDP-Landtagsabgeordnete Helmut Kaltenhauser aus Aschaffenburg.

Der Politiker vom Untermain hat deshalb eine Landtagsanfrage zur Situation beim Hofkeller an die zuständige Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) gestellt. Die Antworten, die dieser Redaktion vorliegen, hätten seine schlimmsten Befürchtungen sogar noch übertroffen, so der Finanzexperte: "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass bei einer staatlichen Institution solche verheerenden Zustände herrschen." Das Ministerium habe seine Aufsichtsrolle sträflich vernachlässigt.

4,28 Millionen Euro Verlust in den Jahren 2017 bis 2021

In der Tat summiert sich nach den Zahlen des Ministeriums der Verlust des Hofkellers für die Jahre 2017 bis 2021 auf 4,28 Millionen Euro. Gleichzeitig sind zwischen 2018 und 2021 aus der Staatskasse 6,68 Millionen Euro an das Staatsweingut geflossen – für die Modernisierung von Anlagen, Maschinen und Gebäuden sowie als Liquiditätshilfe. Hinzu kamen noch einmal 2,6 Millionen Euro staatliche Corona-Hilfen im Jahr 2021.

Trotz der hohen staatlichen Zuschüsse sieht Kaltenhauser jedoch wenig Verbesserung in der wirtschaftlichen Lage des Hofkellers: Offenbar fehlten konkrete Zielvorgaben des Ministeriums etwa für wirtschaftliche Kennzahlen wie Verwaltungs- oder Herstellungskosten, kritisiert er. Ministerin Kaniber könne zudem in ihrer Antwort "kein einziges Projekt zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in den letzten 18 Jahren nennen".

So sei es nur konsequent, wenn der aktuelle Haushaltsplan des Freistaats beim Hofkeller "auch für 2022 mit einem Verlust von knapp zwei Millionen Euro und für 2023 mit einem Verlust von 1,7 Millionen Euro" rechne.

Hofkeller-Geschäftsführer Heuft: Investitionsstau Hauptgrund für negative Bilanzen

Hofkeller-Geschäftsführer Thilo Heuft, seit 2018 im Amt, hat eine Erklärung für die Verluste: "Es liegt in der Tat ein großer Investitionsstau vor", sagt er auf Nachfrage dieser Redaktion. "Und das ist auch der Grund für die momentan negativen Bilanzen."

Auch habe die Corona-Pandemie den Hofkeller besonders stark getroffen: "Wir sind beim Umsatz sehr stark Event abhängig", erklärt er. Rund 20 Prozent der Umsatzerlöse von zuletzt rund 4,2 Millionen Euro stammten aus dem Veranstaltungsbereich, weitere zehn Prozent aus der Gastronomie. Beide Einnahmequellen fielen in den Corona-Jahren weitgehend flach.

"Wir werden jedes Jahr geprüft und dabei zeigt sich, dass wir auf einem richtigen Weg sind."
Thilo Heuft, Geschäftsführer des Würzburger Hofkellers

Woher der große Investitionsstau kommt, kann Heuft nicht erklären: "Das war vor meiner Zeit in Würzburg." Nun aber gebe es einen "validierten Businessplan" über zehn Jahre und nachhaltige Investitionen in die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit: "Wir werden jedes Jahr geprüft und dabei zeigt sich, dass wir auf einem richtigen Weg sind", beteuert Heuft. Wirtschaftliche Probleme gebe es ohne Frage, räumt der Hofkeller-Chef ein: "Aber ein Sanierungsfall sind wir nicht."

Zu den Problemen des Hofkellers gehört allerdings auch die räumliche Situation in der denkmalgeschützten Würzburger Residenz: Zu eng für die Produktion, zu warm für die Flaschenlagerung. Trotzdem zahlt der staatliche Hofkeller dem Freistaat bis zu 70.000 Euro Miete im Jahr für die staatlichen Räumlichkeiten.

Warum also nicht an einen anderen Standort umziehen? Ein kompletter Auszug aus der Residenz würde die Gefahr bergen, "dass die Bezeichnung Hofkeller fällt", warnt Heuft. Zudem wäre dafür "ein hoher zweistelliger Millionenbetrag nötig". Stattdessen ist nun unter anderem der Neubau einer Kelterhalle beim benachbarten Rosenbach-Palais geplant.

Die zuständige Ministerin Kaniber will sich nicht zu den Defiziten des Hofkellers äußern

Ministerin Kaniber will sich gegenüber dieser Redaktion nicht zu den Defiziten des Hofkellers äußern. Ihr Ministerium verweist auf "eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation". Zudem sei der Hofkeller auch durch die in ganz Unterfranken verteilten Weinbergsflächen "besonderen wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt, die einen Vergleich mit anderen Weingütern keinesfalls zulässt".

Allerdings gehören viele dieser Weinberge zu den besten Lagen in ganz Unterfranken. Ob das in der Unternehmensführung unerfahrene Ministerium der richtige Eigentümer ist, um aus diesem Portfolio das Beste zu machen? Wenn sich der Freistaat schon ein eigenes Weingut halte, dann müsse es zumindest eine schwarze Null schreiben und auch qualitativ ein echter Leuchtturm für den Frankenwein sein, findet FDP-Mann Kaltenhauser: "Beim Hofkeller sehe ich hier leider noch sehr viel Luft nach oben."

 
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  • G. K.
    Statt sich die Nägel zu lackieren sollte man vielleicht besser zum Kerngeschäft zurück und das ordentlich und wirtschaftlich betreiben, die anderen großen Weingüter können das ja auch...
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  • F. H.
    Sensationelle Misswirtschaft gepaart mit offensichtlicher Inkompetenz. Weg damit.
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  • J. F.
    Was fallen will, das soll man stoßen. (Frei nach Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra).
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  • P. M.
    Stimmt. Weine könnten besser sein. Verkaufspersonal freundlicher und Öffnungszeiten könnten länger sein.
    Insgesamt liegt viel Arbeit vor dem Management. Aber verkaufen ist die schlechteste Lösung, bei den guten Weinlagen, die der staatl. Hofkeller hat.
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  • R. B.
    Jedes privat geführte Weingut mit dieser Lage und den Millionen vom Freistaat, wäre entweder ein Spitzenweingut oder längst insolvent. Es würde aber nicht über Jahre hinweg dahindümpeln und nicht mit "unseren" Millionen am Beatmungsgerät hängen.
    Der wirkliche tolle Weinkeller hat auch Besseres verdient als nur Kulisse für eine läppische Faschingssendung, die nur der Selbstdarstellung der Promis dient. Auch das dürfte weiterhin nicht durch unsere Fernsehgebühren finanziert werden.
    Fazit: Braucht der Freistaat denn wirklich sein eigenes Weingut? Er braucht auch keine eigene Brauerei und auch keine eigene Landwirtschaft nur zur Präsentation.
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  • S. B.
    Der Freistaat hat sogar einige staatliche Güter. Und warum
    Auch nicht? Wenn man es einmal verkauft, ist es weg. Besser in Qualität und Profitabilität investieren. Es müsste ein vorzeigeweingut sein
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  • A. H.
    abstoßen und verkaufen diesen überkommenen Popanz- und das Geld z.B. in die Pflege stecken. Zur "Versorgung" der Bevölkerung wird es eh'nicht gebracht, das können die privaten besser u d billiger.
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  • R. E.
    Wenn in knapp 5 Jahren 20 Millionen Verlust, Investitionszuschuss und Coronahilfen dorthin "fließen", muss sich Herr Heuft schon fragen, ob er seine Aufgabe richtig wahrnimmt. Im privaten Sektor wäre die Hofkellerei jedenfalls insolvent, wenn nicht im Konkurs.
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  • H. G.
    Liegt sicherlich auch an der Qualität der Weine! Im Vergleich bieten Juliusspital und Bürgerspital meiner Meinung nach deutlich bessere Weine an als der staatl. Hofkeller.
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  • E. H.
    Der Hofkeller wird doch gebraucht für die Faschingssendung, damit sich die ganzen Politiker im Fernsehen huldigen lassen können.
    Da wird doch der Freistaat die paar Kröten berappen können grinsen
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  • E. V.
    Warum muss ein Bundesland noch ein eigenes Weingut haben?
    Wäre das vielleicht nicht besser privatisiert?
    Muss ich als bayerischer Steuerzahler diese Weinproduktion subventionieren, während alle anderen Weingüter selbst schauen müssen, dass sie profitabel sind?
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  • I. E.
    Es hat so gut wie jedes Bundesland, in dem Weinbau betrieben wird, auch ein eigenes Staatsweingut.
    Und dass die Privatisierung staatlicher Unternehmen nicht unbedingt zum besseren beitragen, sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein - ich sag nur
    Bahn
    Post
    Etc
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  • E. V.
    Ihre Vergleiche hinken gewaltig, wenngleich diese negativen Beispiele von Privatisierung sicher berechtigt sind.

    Wie ich schon schrieb, was ist mit all den anderen Weingütern? Selbst wenn der Hofkeller "zeschlagen" würde und die Weinberge und anderes Inventar an andere Weingüter verkauft würden, wo wäre der Schaden für den Steuerzahler?
    Eine Unterversorgung mit Wein ist kaum zu befürchten und ebensowenig ein geringerer Wettbewerb oder Preiserhöhungen auf dem Markt.
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  • L. W.
    @ steigerwälder

    Aber die Molkerei Weihenstephan hat unser Freistaat doch auch verscherbelt. Warum nicht dann das verlustbringende Weingut?
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  • I. E.
    Die Brauerei Weihenstephan jedoch nicht - die gehört nach wie vor dem Freistaat
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  • E. V.
    Könnte man ebenso hinterfragen....
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