Die Corona-Pandemie greift auch in das religiöse Leben der Menschen ein: Beerdigungen sind nur im engsten Familienkreis möglich, bei Gottesdiensten muss Abstand gehalten werden und der Weihnachtsgottesdienst wird in diesem Jahr einer ohne Gesang werden. Wie Pfarrer Oswald Sternagel mit den Einschränkungen umgeht und was seinen Gemeindemitglieder am meisten belastet.
Oswald Sternagel: Ich würde es nicht so sagen. Weihnachten findet statt, aber das Drumherum nicht. Vom theologischen Standpunkt her ist das Weihnachtsfest überlagert von viel Beiwerk, das es heuer nicht gibt. Ich sehe darin auch die Chance, ein Stück weit wieder an die Wurzeln zu kommen. Früher hat man sich eine besinnliche Adventszeit gewünscht, die es dann nie war. Es wäre nun die Gelegenheit, diese Besinnlichkeit zu erleben und dabei seelisch aufzutanken, wenn man ausblenden kann, dass es nicht möglich ist, sich in der Gemeinschaft zu treffen. Für viele gehört das zusammen. Ich bin nicht so der Typ. Ich freu mich auch darüber, dass die Abendtermine mal zum größten Teil weg sind und es eine erholsame Zeit ist. Aber ich weiß, dass ich da nicht der Maßstab sein kann.
Sternagel: Da mag ich noch gar nicht dran denken. Eine Christmette ohne „Stille Nacht“ ist eigentlich nicht vorstellbar. Ein Gesangsvortrag von einzelnen ist möglich. Und wir sind in der komfortablen Situation, dass wir mit unseren Organistinnen und Organisten und mit unserem hauptberuflichen Kirchenmusiker Konrad Bürkle unsere Gottesdienste musikalisch gestalten können. Das ist ein großes Geschenk. Konrad Bürkle kann den nebenberuflichen Organisten im Dekanat auch Rat geben, wie man in der Zeit ohne Gesang kreativer sein kann. Aber wenn der Organist "Stille Nacht" intoniert und einige vielleicht mitsummen, kann ich mir schon vorstellen, dass manche Maske feucht wird von ein paar Tränen.
Sternagel: Natürlich ganz anders als sonst. Im ersten Lockdown konnten wir keine Gottesdienste feiern. Das Osterfest ist in diese Zeit gefallen. Es war schon deprimierend, das höchste Fest im Kirchenjahr nicht mit der Gemeinde feiern zu können. Das konnte sich vorher niemand vorstellen und es war eine Erfahrung, die ich nicht noch einmal machen möchte. Die Erstkommunionfeiern mussten verschoben werden. Die konnten wir im August und September nachholen, wenn auch unter Auflagen. Taufen und Hochzeiten, die geplant waren, und die ja immer mit Familienfesten verbunden sind, wurden ins nächste oder gleich ins übernächste Jahr verschoben. Was sehr schmerzhaft war, war die Teilnehmerbeschränkung bei den Beerdigungen in dieser Zeit.
Sternagel: Gerade in der ersten Zeit des Lockdowns, als keine Gottesdienste stattfinden konnten, waren Beisetzungen auf den engsten Familienkreis beschränkt. Freunde und Bekannte hatten keine Gelegenheit, Abschied zu nehmen. Mir war es dabei wichtig, die Feier besonders würdig zu gestalten und deutlich zu machen, dass die Trauer mit der Beerdigung nicht abgeschlossen ist, sondern auch danach noch Zeit ist, Abschied zu nehmen. Ähnlich haben wir es an Allerheiligen gemacht, als der Friedhofsgang ausfallen musste. Stattdessen haben wir Andachtsflyer gestaltet, um in einer persönlichen Andacht am Grab oder zu Hause der Verstorbenen zu gedenken.
Sternagel: Was unser Bistum an Rahmenbedingungen festgelegt hat, damit Gottesdienste wieder stattfinden konnten, gilt bis heute, und ich hoffe, dass wir das auch übers Weihnachtsfest retten können.
Sternagel: Es ist klar, dass die Ausübung der Religion vom Grundgesetz geschützt ist und nicht behindert werden darf, dass der Staat aber Auflagen macht, damit davon keine Gefahr ausgeht. Ich glaube, dass wir das bis jetzt gut geschafft haben. Man muss dabei bedenken, dass es Ehrenamtliche sind, die diesen großen Mehraufwand leisten: Plätze anweisen, darauf achten, dass Mund-Nasen-Bedeckungen getragen und Hände desinfiziert werden. Ganz wichtig ist mir, dass jeder für sich entscheiden kann, ob er zum Gottesdienst kommt. Die Kirche hat ihr Angebot erweitert, durch Fernseh- oder Online-Gottesdienste zum Beispiel, und ich weiß, dass viele Menschen das auch nutzen.
Sternagel: Es kommen deutlich weniger Menschen zum Gottesdienst. In unserer Pfarreiengemeinschaft Ochsenfurt hatten wir vor Corona an einem normalen Wochenende fünf Gottesdienste, jetzt sind es drei.
Sternagel: Vor allem die Möglichkeit zur Begegnung. Das Zeltlager der Ministranten - das ist immer ein Highlight für die Kinder - musste ausfallen. Das war sehr enttäuschend. Und dann natürlich die Seniorennachmittage. Die Menschen haben das Bedürfnis, sich zu treffen und miteinander zu reden. Das ging lange überhaupt nicht und im Sommer nur eingeschränkt im Freien.
Sternagel: Ja, das macht mir Kummer. Vor allem, weil ich weiß, dass das für viele ältere Menschen die einzige Gelegenheit ist, bei der sie mit anderen in Kontakt kommen. Man kann zwar miteinander telefonieren, aber das ersetzt nicht die persönliche Begegnung. Das fehlt den älteren Menschen und ich weiß auch, dass viele darunter leiden.
Sternagel: Ich habe in der Zeit manchmal stundenlang Leute angerufen, die ich sonst besucht hätte, ältere Menschen vor allem. Jedes Gespräch hat länger gedauert, als wenn man früher miteinander telefoniert hätte.
Sternagel: Da ist jeder verschieden. Es gibt ältere Leute, die sich nicht viel Kummer machen, die sagen "Ach, Herr Pfarrer, ich hab schon so viel in meinem Leben erlebt, das stehen wir auch noch durch." Dann gibt’s jemand der sagt: "Jetzt möchte ich nicht sterben, in der Zeit, wo nur wenige zur Beerdigung kommen können." Gerade jetzt an Weihnachten ist es für viele ein Problem, dass der Kontakt zu den Enkeln nicht möglich ist, dass man nur per Telefon oder per Skype zusammen kommen kann. Das ist für viele ältere Menschen ein großes Problem, ihren Lieben nicht nahe sein zu können. Man sagt ja auch zu den Kindern: "Kommt den Großeltern nicht zu nah, damit sie nicht krank werden." Ich weiß zu wenig darüber, was das mit den Kinderseelen macht.
Sternagel: Wenn ich gerufen werde, gehe ich hin, auch zu einem Corona-Kranken. Wenn ich ins Krankenhaus oder ins Altenheim gerufen werde, achte ich natürlich auf die Hygienevorschriften, wobei das bei Sterbenden sehr befremdlich ist. Da muss ich eben drei Schritte zurücktreten, um mal kurz die Maske abzunehmen, damit der Mensch mich auch erkennt.
Sternagel: Ja, aber dass man mal die Hand hält, das geht halt nicht. Aber ein Kreuzzeichen auf die Stirn, das mach ich schon. Man kann sich ja die Hände desinfizieren. Einfacher ist es, wenn die Leute zu Hause sind statt in einem Pflegeheim. Aber da hat der Gesetzgeber gelernt und in der Verordnung extra ausgeführt, dass Besuche Sterbender möglich sind. Im Frühjahr war das alles nicht erlaubt.
Sternagel: Unsere beiden Diakone Norbert Hillenbrand und Benjamin Schimmer waren regelmäßig in der Fuchsenmühle, einfach als Gesprächsangebot. Ganz wichtig ist uns, dass man auch die Menschen nicht aus dem Blick verliert, die sich um die kranken Leute kümmern. Es kann sehr hilfreich sein, zu wissen, dass da jemand ist, mit dem man reden kann, und dass nicht alles auf ihren Schultern lastet.
Sternagel: Normalität wäre schon schön. Mein Vorgänger, Prälat Zobel, hat immer seinen alten Mesner mit den Worten zitiert „Das Beste ist doch das Normale“. Da ist was dran.
Sternagel: Für mich ist es nicht anders als sonst auch. Ich hab am Heiligen Abend zwei Gottesdienste, einen weiteren an Weihnachten. Im Privaten ändert sich nicht viel. Ich leb ja allein, deshalb kann ich Abstand halten. Meine Schwester und andere Bekannte werde ich heuer mal nicht besuchen. Stattdessen werden wir telefonieren. Aber ansonsten wird’s nicht viel anders sein.
mir hat es persönlich als Organist heuer auch nicht viel ausgemacht dass es etwas anders
war als die Jahre zuvor. Hatten wir (Sie wie ich) doch die Hände voll zu tun mit den Gottesdiensten Hl. Abend und Weihnachten (9 mal bei mir). Das schöne daran war sogar,
dass man heuer mal nicht so späht von der letzten Mette heim kam. Schloss um 20.45
meine Herberge auf und konnte dann noch in Ruhe mit meinen Eltern etwas feiern.
Schade halt, dass momentan in den Kirchen nicht gesungen werden kann, ist auch richtig so, wir bestimmt wieder mal besser werden.
Bietet aber auch für uns Organisten neue Möglichkeiten, um den Leuten mal die Orgel mit anderen Klängen zu versorgen und Lieder vorzusingen, die sonst von der Gemeinde nicht so angenommen werden, dabei lernen sie auch diese beim zuhören.
Werde dann mal 3 Wochen in Urlaub gehen, wenn die Coronapest zu Ende ist.
Liebe Grüße und gesund bleiben!