Ostern ist vorbei, doch an diesem Ostersonntag lag im Nest der Stadt ein Ei, auf das sie wohl gerne verzichtet hätte. Denn am 9. April 2005, genau vor 18 Jahren, wurde das städtische Ämterhochhaus in der Augustinerstraße wegen Baufälligkeit von heute auf morgen geschlossen und wenige Tage später geräumt. Kinder, die an diesem Tag geboren wurden, sind jetzt volljährig, dürfen wählen und Auto fahren. Nur am Ämterhochhaus hat sich wenig bewegt.
Über die Geschichte des Hauses seit 2005 zu berichten, würde eine ganze Zeitungsseite benötigen. Seit 2016 ist die ArbaNova Familienstiftung Eigentümerin des Hauses und des mittlerweile abgerissenen Nachbarhauses mit der Nummer 11. Die Bona Wohnungsbaugesellschaft, eine hundertprozentige Tochter der Stiftung, hatte hochfliegende Pläne mit dem Gebäude, wurde jedoch durch einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in München wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Denn, wie berichtet, hatte dieses Ende vergangenen Jahres den vom Stadtrat im September 2019 verabschiedeten vorhabenbezogenen Bebauungsplan für die Grundstücke Augustinerstraße 9 und 11 aus formalen Gründen für ungültig erklärt. Geklagt vor dem obersten Bayerischen Verwaltungsgericht hatten die Nachbarn, denen die Pläne der Bona auf den beiden Grundstücken nicht gefielen. Wie geht es nun weiter?
Das Hochhaus in der Augustinerstraße oder ein gleich hoher Neubau sind beide Geschichte
Kurz gesagt: Das Hochhaus in der Augustinerstraße oder ein gleich hoher Neubau sind beide Geschichte. Denn das Haus ist so marode, dass es abgerissen werden muss. Das hätten Untersuchungen verschiedener Statikbüros ergeben, erklärt Frank Barlian, Geschäftsführer der Bona Wohnungsbaugesellschaft. Eine Sanierung sei wirtschaftlich nicht umsetzbar.
"Damit ist die Mär vom möglichen Erhalt jetzt endgültig vom Tisch", fügt Stadtbaurat Benjamin Schneider im Gespräch hinzu. Denn es hatte immer wieder Forderungen aus der Würzburger Stadtgesellschaft gegeben, das im Jahr 1930 als erstes Hochhaus in Franken erbaute Hans-Löffler-Haus, wie es offiziell eigentlich heißt, zu sanieren und zu erhalten.
Aber: Reißt man das Haus ab, gelten für einen Neubau nun wieder die Vorgaben des bestehenden Bebauungsplans. Und der schreibt die First- und Traufhöhen und Baulinien vor. Das heißt: "Ein Neubau an gleicher Stelle darf nicht höher sein, als die Gebäude um ihn herum", erklärt Schneider. Denn die vom Stadtrat aufgrund des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung für eine höhere Bebauung sei mit dessen Unwirksamkeit ja auch hinfällig.
Wenn das Haus abgerissen wird, ist das Baurecht in gleicher Höhe verwirkt
"Das Hochhaus ist vom bestehenden Planungsrecht nicht abgedeckt. Wenn ich das Haus wegnehme, ist dieses Baurecht verwirkt", erklärt der Stadtbaurat. Zwar sei dem Bauherrn in Gesprächen von den Nachbarn signalisiert worden, dass aus ihrer Sicht das gleiche Volumen an gleicher Stelle wieder errichtet werden könne. "Doch das führt uns dann wieder in ein zeitintensives Bebauungsplanverfahren, das wir als Bauverwaltung nicht empfehlen können. Denn wir müssten da mindestens wieder bei der Auslegung anfangen", warnt Schneider.
Der Pferdefuß der jetzigen Lösung: Weil nicht mehr so hoch gebaut werden darf, verliert der Bauherr Flächen. Und die Stadt einen markanten Punkt im Stadtbild. "Damit müssen wir leben", sagt Barlian. "Wir stehen ja bei der Stadt im Wort, dass wir den Standort in der Augustinerstraße entwickeln. Sicher verlieren wir Flächen, aber die Qualität der Flächen, die dann möglich sind, ist deutlich besser, vor allem von der Belichtung her", sagt er. Geplant sei nach wie vor eine gemischte Nutzung mit Einzelhandel, Praxen, Büros und Wohnen.
Die Planer seien in den letzten Monaten nicht untätig gewesen, sagt der Bauherr
"Wir waren da in den letzten Monaten nicht untätig. Es bietet auch Vorteile." Baue man nicht so hoch, müsse man auch nicht so in die Tiefe, um zum Beispiel die erforderlichen Stellplätze bauen zu können. Ein Nachteil: Gleichzeitig verringern sich aber auch die vermarktbaren Flächen, weil Stockwerke fehlen.
Stadt und Bauherr eint ein Wunsch: Nämlich, dass die Nachbarn nun bereits im Vorfeld der Baumaßnahme zustimmen würden. "Zum Beispiel durch eine rechtssichere, nachbarliche Vereinbarung", sagt Barlian. "Wenn wir die hätten, würden wir sofort im großen Stil beginnen." Alleine bis zur Baugenehmigung rechnet er mit Kosten für Vorbereitung und Planung von mindestens einer Million Euro. "Und unser Stiftungsrat hat beschlossen, dass wir ohne Einigung mit den Nachbarn dafür kein frisches Geld in maßgeblicher Höhe in die Hand nehmen", begründet er den Wunsch.
Damit stößt er bei der Stadt auf offene Ohren. "Wir würden uns bereit erklären, eine Moderatorenrolle zwischen Nachbarn und dem Bauherren zu übernehmen", bietet Schneider an."Wir wollen ja, dass das vorangeht", sagt er. Und stößt damit bei Barlian ebenfalls auf offene Ohren: "Das finden wir gut", sagt dieser.
"Ich bin guter Dinge, denn wir haben jetzt nach Aussage unserer Architekten so gut wie alles erfüllt, was vonseiten der Nachbarn gefordert wurde", fährt er fort. "Jetzt hoffen wir, dass die Bereitschaft da ist, auch darauf einzugehen." Denn dann könnte es doch noch ganz schnell gehen: "Wenn wir uns schnell einig werden, kann ich mir vorstellen, Ende des Jahres den Bauantrag zu stellen", sagt Barlian.
Er rechnet mit knapp zwei Jahren Bauzeit. "Alleine der Rückbau wird vier Monate dauern. Das ist ja ein chirurgischer Eingriff. Da kann man nicht einfach mit der großen Kugel kommen und weg", weiß er. "Das muss von oben nach unten buchstäblich Steinchen für Steinchen abgebaut werden."
Ehrlich gesagt trauer ich dem "Ämterhochhaus" nicht nach. Ein Kind der sonst so verteufelten 1930 Jahre. Auch nach dem Krieg wurde jahrzehntelang viel der Einzigartigkeit Würzburgs demontiert. Die nach der Bombennacht gesicherten Fassaden, das alte Hauptpostamt (heute Posthochhaus), das "Buchnersche Palais" (heute C&A), Bauten am Marktplatz (heute "ZARA"-, "S.Oliver"- und "VR-Bank"-Gebäude). Sie reihen sich alle in das Bild einer Verneinung früherer Baukultur ein.
(Siehe z. Bsp. https://wuerzburgwiki.de/wiki/Buchnersches_Palais)
An der Stelle der ehemaligen "Marktbärbel" hat die KOSA die angelehnte Rekonstruktion des Gebäudes abgelehnt. Und das wider bekannter Gegenbeispiele, daß Baukultur in erheblichem Maß zur Attraktivität einer Kommune beiträgt. Siehe Frankfurt/Main ...:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Frankfurter_Altstadt
Ja, ja.
Nur weil es Pläne gibt, heißt das ja nicht, dass demnächst etwas passiert. Echt eine ziemlich bürokratische Provinzposse.
Unglaublich, mit welchen Privinzpossen man sich hier rumschlagen muss. Eine Großstadt wie Frankfurt hat in dieser Zeit ca. 20 Wolkenkratzer gebaut und annähernd nochmals so viele Hochhäuser sind gerade im Bau. Und Würzburg diskutiert und streitet sich seit fast schon Jahrzehnten wegen eines 9-stöckigen Hauses...
wäre sehr schade wenn der kran verschwinden würde
man hat sich doch daran gewöhnt
Nicht nur dass es nicht in die Umgebung passt und seit Jahrzehnten ein Hindernis darstellt. Es ist auch einfach nur hässlich.