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Heuchelhof
In eigener Sache: Warum und nach welcher Logik die Redaktion Namen in bestimmten Fällen anonymisiert
Von "Thomas H." und "Markus M.": Chefredakteur Ivo Knahn erklärt, wann und unter welchen Umständen wir Menschen, über die wir berichten, nicht erkennbar machen.
Wann anonymisiert die Redaktion in Berichten Namen von Personen? Wie schützt sie in Artikeln beteiligte Personen vor der Identifizierung? Chefredakteur Ivo Knahn erklärt die Möglichkeiten.
Foto: Ivana Biscan | Wann anonymisiert die Redaktion in Berichten Namen von Personen? Wie schützt sie in Artikeln beteiligte Personen vor der Identifizierung? Chefredakteur Ivo Knahn erklärt die Möglichkeiten.
Ivo Knahn
Ivo Knahn
 |  aktualisiert: 07.06.2024 02:41 Uhr

Regelmäßig berichtet die Redaktion über Menschen, ohne deren Namen zu nennen. Häufig ist das zum Beispiel im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren der Fall. Manchmal schützt die Redaktion Informanten, manchmal erzählen Menschen in unseren Medien eine sehr persönliche Geschichte, wollen aber nicht öffentlich erkennbar sein.

In nahezu 100 Prozent der Fälle kennt die Redaktion die Namen der Personen. Das Namensrecht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährt jedem das Recht auf selbst gewählte Anonymität. Das ist auch für Medien bindend – allerdings nicht in jedem Fall.

So ist die Namensnennung bei Prominenten oder bei Menschen, die beispielsweise ein öffentliches Amt bekleiden, einfacher möglich als bei Personen, die in der Öffentlichkeit (bisher) keine Rolle spielen. Mit anderen Worten: Markus Söders Name kann in den allermeisten Fällen genannt werden, der Name von "Lieschen Müller" in den allerwenigsten.

Entscheidende Frage: Gibt es ein legitimes öffentliches Informationsinteresse an der Identität?

Für Journalistinnen und Journalisten ist nach dem Presserecht folgende Frage entscheidend: Gibt es ein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht nur an dem berichteten Vorgang, sondern auch an der Identität der beteiligten Personen? Wie so oft, hilft hier nur eine Prüfung im Einzelfall. Klar ist: Wenn der Name nicht genannt werden darf, darf die Person auch nicht in anderer Weise identifizierbar sein.

Zwei Varianten, ohne konkrete Namen zu berichten

Wenn sich unsere Redaktion gegen die Namensnennung entscheidet, gibt es in der Regel zwei Varianten:

  • 1. Wir versuchen, ohne Namen auszukommen und umschreiben die Person. Zum Beispiel: "Der Betroffene", "die 41-Jährige", "der Familienangehörige". Zusätzlich machen wir im Beitrag transparent, dass der Name der Person der Redaktion bekannt ist.
  • 2. Wenn aufgrund der Länge oder der Art eines Artikels ein Name sinnvoll scheint und zu Verständlichkeit beiträgt, ändern wir den echten Namen zu einem erfundenen Namen. Das kann Leserinnen und Lesern helfen, zum Beispiel mehrere Personen in einer Gerichtsverhandlung voneinander zu unterscheiden. Etwa: "Die drei Angeklagten Thomas H., Karl F. und Markus M.".  In jedem Beitrag weisen wir darauf hin, dass die Namen von der Redaktion geändert sind.

Unsere Redaktion hat sich dabei für die Lösung mit erfundenem Vornamen und erfundenem abgekürzten Nachnamen entschieden. Wenn es um Silke Klein geht, ändern wir z.B. in "Anna F. (Name von der Redaktion geändert)".

Denn andere Varianten haben mehr Fallstricke: Der richtige Name abgekürzt kann zur unzulässigen Identifizierung führen. Ein erfundener Name, bei dem Vor- und Nachnamen aber ausgeschrieben sind, prangert unter Umständen Unbeteiligte an.

Ein Restrisiko dafür bleibt auch beim erfundenen abgekürzten Namen, es ist aber minimal und auch nach gängiger Rechtsprechung vertretbar.

 
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