
Angelika A. hat ihr ganzes Berufsleben lang als Reinigungskraft gearbeitet, 20 Jahre davon in einer Festanstellung. Trotzdem kann die Würzburgerin von ihrer Rente heute nicht leben. 660 Euro bekommt die 70-Jährige. Sie ist auf Unterstützung angewiesen.
"Stellen Sie sich vor, Sie wachsen in einem Heim auf, treffen mit 16 Jahren auf ihre erste Liebe und werden mit 17 Jahren Mutter", beginnt Angelika A., die ihren Nachnamen nicht öffentlich machen möchte, ihre Geschichte. "Ich musste meine Schneiderlehre aufgeben, als mein Sohn zur Welt kam." Von ihrem Mann sei sie oft geschlagen worden. Bald habe sie sich von ihm getrennt.
Eine gescheiterte Ehe - für die junge Würzburgerin damals nicht nur ein emotionaler Tiefschlag, sondern auch eine finanzielle Herausforderung.
"Alleine, mit Kind, ohne Ausbildung: Mir blieb nichts anderes übrig als zu putzen, um Geld für uns zu verdienen", sagt Angelika A. und erzählt von ihrem Sohn. Nachmittags und abends hätte sie ihn zum Putzen mitgenommen: "Er war immer sehr brav. Hat sich einfach hingesetzt, seine Hausaufgaben gemacht oder gemalt und gelesen." Drei verschiedene Putzstellen habe sie damals gehabt, doch in die Rentenkasse lange gar nichts eingezahlt.
Wie viele Senioren und Seniorinnen Grundsicherung erhalten
Wie Angelika A. geht es vielen Menschen: Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, steigt in Deutschland immer weiter an. Laut Statistischem Bundesamt bezogen im ersten Quartal 2023 insgesamt 684.360 Seniorinnen und Senioren Grundsicherung - fast 26.000 mehr als noch im Dezember 2022. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind Frauen. Sie machen 57 Prozent der Grundsicherungsempfänger aus.
"Die gesetzlichen Renten reichen vielen Rentnerinnen und Rentnern nicht zum Leben", sagt Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer beim Sozialverband VdK in Würzburg. Das Netto-Rentenniveau sinke seit Jahren. Es gibt an, wie viel Prozent des aktuellen Durchschnittslohns man als Rente erhält, wenn man 45 Jahre lang kontinuierlich zum Durchschnittslohn gearbeitet hat.
1995 habe das Rentenniveau noch rund 55 Prozent betragen, sagt Vetter. Heute werde durch gesetzliche Maßnahmen versucht, es bei 48 Prozent zu halten. Gleichzeitig sinke die Kaufkraft älterer Menschen: "Rentner geben Geld in erster Linie für Nahrung, Energie und Wohnkosten aus. Gerade diese Bereiche haben sich inflationsbedingt sehr ungünstig entwickelt."
"Ich bin stolz darauf, dass ich es alleine mit meinem Sohn geschafft habe", sagt Angelika A. "Ich habe uns mit Putzen durchgebracht. Ich habe keinen negativen Schufa-Eintrag, keine Schulden." Doch zu ihrem Sohn habe sie keinen Kontakt mehr, und 660 Euro im Monat - zum Leben reicht das kaum.
Ihre gesetzliche Betreuerin, die ihr bei allen bürokratischen Dingen hilft, machte Angelika A. auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam: Seit einiger Zeit erhält die 70-Jährige nun immer wieder Unterstützung vom Verein Lichtblick Seniorenhilfe aus München, der deutschlandweit 27.000 Rentnerinnen und Rentner unterstützt.
Lebensmittelgutscheine oder Waschmaschine: Unterstützung vom Verein Lichtblick Seniorenhilfe
Um diese Hilfe zu bekommen, muss man einen Antrag stellen und seine Bedürftigkeit nachweisen. Unterstützung gibt es dann beispielsweise durch Lebensmittelgutscheine, es könne aber auch eine neue Waschmaschine sein, sagt Christina Meyer vom Lichtblick-Verein.
Die Anzahl der Menschen, die Unterstützung benötigen, steige jedes Jahr an: "Mit den Babyboomern wird eine riesige Welle auf uns zukommen", prognostiziert Meyer. Altersarmut sei vor allem weiblich. Der Verein unterstütze zu 80 Prozent Frauen. "Es geht jetzt die Generation an Frauen in Rente, die ihren Männern noch den Rücken freigehalten und Carearbeit geleistet haben", sagt die Sprecherin. Andere Frauen hätten ihr Leben lang im Niedriglohnsektor gearbeitet und seien schlecht bezahlt worden.
Niedriger Lohn, alleinerziehend - und als Folge dann arm im Alter
Auch Angelika A. erhielt nur niedrigen Lohn und war dazu alleinerziehend - die größten Risikofaktoren für Armut im Alter. Sie versuche dennoch, so gut es eben geht, ihren Ruhestand zu genießen, sagt die 70-Jährige. Mit ihren zwei Katzen lebt sie in einer kleinen, behindertengerechten Sozialwohnung, die sie hübsch mit gebrauchten Möbeln eingerichtet hat. Gesundheitlich ist sie stark angeschlagen: "Laufen kann ich nur noch mit Rollator." Nur selten komme sie überhaupt aus der Wohnung, Kontakte habe sie nur wenige.
Fast jede dritte alleinlebende Frau, so Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, könnte im Jahr 2036 auf staatliche Unterstützung angewiesen sein. "In erster Linie müsste die Politik viel stärker aufklären und familiäre Leistungen im Rentenkonto stärker berücksichtigen", sagt der VdK-Bezirksgeschäftsführer Vetter. Um ein angemessenes Einkommen und eine gute Rente im Alter zu gewährleisten, brauche es fair bezahlte und sozialversicherungspflichtige Arbeit.
Die "Problematik" (der sich verändernden Alterspyramide) ist seit Jahrzehnten bekannt. Auch die "Problematik" der "Minijobs", früher "geringfügige Beschäftigung", ist fast ebensolange bekannt.
Österreich hat vor ca. 30 Jahren die "Notbremse" beim Thema Rente gezogen. Hier hat man ein schönes "weiter so!" gepflegt. In Ö ist die Rente deutlich höher. Sie gebührt dem Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter. In D wollte man das wohl nicht ...
Beitragsbemessungsgrenze? Gibt's nur in D. Beamte in regulärer Altersvorsorge? Geht gar nicht!
Zur Lohnhöhe: Mit der Einführung von (neudeutsch) "Minijobs" haben mehr als genug Arbeitgeber die Chance genutzt sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen in (zuerst nicht abgabenpflichtige) Teilzeitstellen aufzusplitten - um ihre Gewinne zu steigern.
Korrektur? Null! -- Denk ich an Deutschland in der Nacht ...
- Wer 45 Jahre Vollzeit gearbeitet hat, muss ein Anrecht auf eine Rente erworben haben, die deutlich über die der Grundsicherung liegt.
- Dazu ist es wichtig den rechnerisch dazu erforderlichen Mindestlohn entrichten.
- Damit erübrigt sich das unsägliche Gezanke um das Bürgergeld.
- Achja, es fehlt die Gegenfinanzierung. Ich sag nur Reichtum verpflichtet!
Das mit den Minijobs ist schwer, viele wollen keine Sozialabgaben und Steuern zahlen. Das kann sich rächen, doch das sehen sie dann nicht. Oder können es sich nicht leisten bei den kleinen Löhnen, Mindestlohnschraube! Meine Mutter fiel auch ihren romantischen Vorstellungen zum Opfer! Scheidung, dann mit 44 J. Ausbildung zur Krankenpflege, Abschluss-Examen mit Sehr gut! 20 Jahre in Vollzeit, Überstunden, Nachtwache = 900 Euro Rente! Wohl dem der zahlungskräftige und -willige Kinder hat. Ggf.Schande über den Sohn
Was nicht geht ist Ignoranz und sich einfach stickum drücken!
Ab einem gewissen Alter, Situation des Elternteils hat man sich zu kümmern, in welcher Form es nötig und einem möglich ist. Von Besuchen, Zuspruch, ggf. häufigere Anrufe bei entferntem Wohnsitz, bis finanzielle Unterstützung! Das Elternteil hier hat sich auch um das Kind gekümmert.
Interessanterweise, ob das allgemein öfter und statistisch nachweislich ist, weiß ich nicht, kenne ich allerdings bis auf eine Ausnahme nur Frauen, die sich entsprechend und ohne ggf. leichten Zwang durch das Sozialamt, engagieren. Mein Bruder, der „Kronprinz“, hat sich auch weitgehend gedrückt, nur seinen Anteil für das allernötigste wieZahnarzt, gezahlt. In Summe wenige Hundert Euros, kaum der Rede wert, wenn man auf seine 3 Autos, 1 davon Hobby!, für 2 Erw. plus Teenies, schaut. Sie war es ihm schlicht nicht wert! Bin gespannt, ob sich seine Kids das zum Vorbild nehmen, wenn es soweit kommt.
Im Grunde ist das immer noch ein Teil der Diskriminierung, aus dem vorherigen Jahrhunderten. Man kann froh sein, dass jetzt die Vergewaltigung in der Ehe strafbar ist, trotz dem Veto von Friedrich Merz in der Abstimmung Bundestagsabtag 1997.
Schwarzarbeit muss strikter verfolg werden. Meine Haushaltshilfe ist von Anfang an versichert gewesen und hat einen Minijob.
Und ja, die Sozial- und Rentensysteme brauchen mehr Zahler - nämlich alle!
Seit einigen Jahren ist es möglich, per freiwilliger Zusatzabgabe ins Rentensystem einzuzahlen, aber viele wissen das wohl nicht.
Diese " Minijobs" sind ein einziger Besch... unbedarfter Arbeitnehmer.
Im ersten Moment toll, weil nur pauschal 40 € Sozialabgaben, die der AG zu tragen hat. Dass man dadurch aber KEINERLEI Leistungsanspruch, weder bei der RV noch bei der AV ansammelt, daran denken die wenigsten.
Danke CDU CDU!
C. Behringer
Der Mindestlohn wurde nicht unter einem SPD-Kanzler eingeführt.
Es muss genauso Qualifikation, Tätigkeit, Entwicklung u.v. allem Leistung honoriert werden. Frauen waren leider immer benachteiligt, sie waren daheim.
Das was SPD macht ist ein Überbieten in Wohltaten und d Versuch sich Wählerstimmen vom Rande zu sichern. Meine Mutter hat keine 600 € Rente. zum Glück hat sie eine kleine Wittwenrente von meinem Vater aber sie hat auch Kinder die sich kümmern. Das fehlt hier! Sie hat sich aufgeopfert - und was ist der Dank?
Und Kinder bekamen schon immer Kindergeld oder nach der Trennung Unterhalt. Zeiten wurden auf Rente angerechnet. Das System war jeweils zu seiner Zeit gut! Und bevor Sie so schön auf CDU/CSU schimpfen. bei all den Beschlüssen war die SPD mit an Bord!
Mich bedrückt der Lebensumstand der Dame sehr!
Mich bedrückt das Verhalten des Sohnes!
Aber welche "Gesetzmäßigkeit" sagt, das diese nicht auch vernünftig bezahlt werden? Ein Unterbietungswettkampf wie von CDU/CSU/FDP vorgeschlagen zwischen Niedriglohnempfänger und Bürgergeldempfänger nützt der guten Dame NICHTS.