
Deutschland hat zu wenig Organspender. Zwar ist ihre Zahl im vergangenen Jahr vom Tiefstwert 797 im Jahr 2017 auf 955 angestiegen. Im europäischen Vergleich ist Deutschland aber mit 11,5 Organspendern pro einer Million Einwohner weiter bei den Schlusslichtern. In Spanien ist die Quote viermal, in Portugal, Belgien und Kroatien dreimal so hoch.
Obwohl in Umfragen über 80 Prozent der Bundesbürger die Organspende positiv sehen, hat nur jeder Dritte einen Spenderausweis. Zu groß ist offenbar die Unsicherheit, vielfach fehlt es an Wissen. Abhilfe schaffen will unter anderem der bundesweite Tag der Organspende, der immer am ersten Juni-Wochenende stattfindet.
Tag der Organspende am 1. Juni
Am kommenden Samstag, 1. Juni, gibt es dazu im Würzburger Rathaus-Innenhof von 10 bis 14.30 Uhr eine Info-Aktion, organisiert von der Universitätsklinik zusammen mit Selbsthilfegruppen, Verbänden und weiteren Partner. Ärzte, Organempfänger und Angehörige von Spendern stehen dann für persönliche Gespräche bereit.
Zur Organspende solle jeder einen fundierten Standpunkt haben, findet Professor Georg Ertl, Ärztlicher Direktor der Würzburger Uniklinik: „Wichtig ist, dass Sie Ihre persönliche Entscheidung für oder gegen Ihre Spendenbereitschaft auf einer breiten und sachlich richtigen Wissensbasis treffen.“
Telefonaktion: Leser fragen, Experten antworten
Hier setzt die Telefonaktion dieser Redaktion in Zusammenarbeit mit der Uniklinik an diesem Mittwoch, 29. Mai, an. Von 10 bis 12 Uhr beantworten vier Experten an der Hotline alle Fragen zur Organspende: Tel. (0931) 6001-992.




Unter der Nummer zu erreichen sind Dr. Kai Lopau (Leiter des Nieren-Transplantationsprogramms), Dr. Johan Lock (Oberarzt der Transplantation- und Hepatobiliären Chirurgie), Prof. Ivan Aleksic (Leiter des Herztransplantations- und Kunstherzprogramms) sowie Dr. Anna Herzog, geschäftsführende Ärztin des Transplantationszentrums am Uniklinikum und - mit halber Stelle - Transplantationsbeauftragte. Sie weiß um wiederkehrende Zweifel: Wird bei Organspendern anders therapiert? Wie sind die Erfolgsaussichten bei einer Transplantation? Ist die Hirntod-Diagnose wirklich sicher? Nach welchen Kriterien werden die Organe "vergeben"?
Bundestag vor neuer Regelung: Entscheidungs- oder Widerspruchslösung?
Fakt ist: In Deutschland warten derzeit rund 10 000 schwerkranke Patienten auf ein Organ. Dass die Spenderzahl erhöht werden soll, ist unstrittig. Beim "Wie" jedoch gehen die Meinungen auseinander. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und SPD-Experte Karl Lauterbach plädieren für eine Widerspruchslösung wie in 20 der 28 EU-Staaten: Danach wäre jeder Bürger potenziell Organspender, wenn er oder sie nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Der entsprechende Gesetzentwurf wird von verschiedenen Seiten als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht kritisiert.
Alternativ will eine Abgeordnetengruppe aus mehreren Fraktionen die Entscheidungslösung verbessern: Bürger sollen sich bei der Beantragung oder Verlängerung ihres Personalausweises im Rathaus in ein Online-Register eintragen – aber freiwillig. Der Bundestag entscheidet voraussichtlich im Herbst über beide Entwürfe.
Geändertes Transplantationsgesetz seit 1. April: Kaum Wirkung in Uniklinik
Noch mehr als von dieser Grundsatzlösung versprechen sich manche Fachleute vom neuen Transplantationsgesetz, das bundesweit zum 1. April in Kraft getreten ist. Ziel: mehr Organspenden durch bessere Organisation und Struktur in den Kliniken. Das Gesetz stärkt die Transplantationsbeauftragten durch Freistellung und sichert den Kliniken eine bessere Vergütung bei Organspenden.

Macht sich diese Änderung schon positiv bemerkbar? An der Würzburger Uniklinik noch kaum. Denn in Bayern wurden hauptamtliche Transplantationsbeauftragte schon 2017 eingeführt. Pro 100 Intensivbetten muss eine volle - bei weniger Betten anteilige Stelle - geschaffen werden. Sie kann, wie an der Uniklinik, auch von zwei Ärzte wahrgenommen werden. Die Beauftragten sollen dafür sorgen, dass mögliche Organspender auch als solche erkannt werden und nicht im hektischen Klinikalltag "verloren" gehen.
Immerhin: Auch die Uniklinik bekommt durch das neue Gesetz mehr Kosten ersetzt, die Beauftragten werden voll refinanziert. "Daran ist aber auch in Vergangenheit keine Organspende gescheitert", beteuert Professor Wolfgang Müllges, einer der beiden Transplantationsbeauftragten. "Das ist bei uns keine Frage von Zeit oder Geld."
Anders sieht es offenbar bei kleineren Krankenhäusern aus. Ein Viertel ihrer 386 Einsätze in Bayern im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Stiftung Organtransplantation allein in den fünf Unikliniken, fast 40 Prozent in den 21 Kliniken mit Neurochirurgie - dagegen nur ein Drittel in den 171 sonstigen Krankenhäusern. Und auch im Bundesvergleich hat Bayern aufzuholen: Mit 9,8 Organspendern pro einer Million Einwohner belegte man im vergangenen Jahr gerade mal Platz zwölf der 16 Bundesländer.
Telefonaktion zur Organspende: An diesem Mittwoch, 29. Mai, von 10 bis 12 Uhr. Sie erreichen die vier Experten der Uniklinik unter der Hotline (0931) 6001-992.