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Ochsenfurt
Hoffnungsträger Fernwärme: Wie das Wärmenetz in Ochsenfurt zukunftsfähig werden soll
Bis 2040 soll das Fernwärmenetz in Ochsenfurt klimaneutral werden. Wie die Betreiber das schaffen wollen – und welche Veränderungen noch anstehen.
Wärmelieferant für das Fernwärmenetz in Ochsenfurt ist die Zuckerfabrik. Sie soll voraussichtlich allerdings nicht alleiniger Energieerzeuger bleiben.
Foto: Gerhard Meißner | Wärmelieferant für das Fernwärmenetz in Ochsenfurt ist die Zuckerfabrik. Sie soll voraussichtlich allerdings nicht alleiniger Energieerzeuger bleiben.
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:01 Uhr

Was manch andere Kommune gerade erst plant, ist in Ochsenfurt längst Realität. Seit 40 Jahren beliefert dort ein Fernwärmenetz Haushalte in der Innenstadt mit Wärme. Diese Form der Energieversorgung wird derzeit hochgehandelt. Klimaminister Robert Habeck kündigte bereits im Juni an, die Wärmenetze massiv ausbauen zu wollen. Sie gelten als eine Alternative zur Wärmepumpe und anderen klimafreundlicheren Heizungen. Kann man sich in Ochsenfurt hier also entspannt zurücklehnen? Ganz so einfach ist es wohl nicht.

Es sind unter anderem Fragen nach mehr Nachhaltigkeit und den künftigen Energiepreisen, die Kundinnen und Kunden als auch die Betreiber der Fernwärme Ochsenfurt (FWO) zurzeit beschäftigen. Antworten – auch auf teils kritische Nachfragen aus dem Publikum – sollte dazu vor kurzem eine Informationsveranstaltung der FWO liefern.

Suche nach erneuerbaren Energiequellen für das Wärmenetz

Besonders ökologisch ist die Fernwärme in Ochsenfurt nämlich bislang nicht. Wärmeerzeuger ist die Zuckerfabrik im Osten der Stadt, die bisher auf Erdgas setzt– einen fossilen Energieträger also. Davon wolle die FWO, die je zur Hälfte der Stadt und der Gasversorgung Unterfranken GmbH gehört, in Zukunft aber weg, sagt Kundenberater und technischer Geschäftsführer Matthias Förster. Dafür habe die FWO das Amberger Institut für Energietechnik damit beauftragt, einen sogenannten Transformationsplan zu erstellen.

"Ziel ist es, anhand solcher Pläne in Bayern bis 2040 klimaneutral zu werden", erklärt Förster. Und das Schritt für Schritt. Bis 2030 etwa solle die Wärmeversorgung der FWO zu 30 Prozent aus regenerativen Energien erfolgen. Dafür werde zurzeit unter anderem das Potenzial erneuerbarer Energiequellen vor Ort analysiert, sagt Förster. Im Gespräch sei etwa die Option, das Mainwasser in Zukunft einmal zur Wärmeversorgung zu nutzen.

Künftig könnte ein zweites Kraftwerk Energie einspeisen

Auch der Ausbau des Netzes ist ein Thema bei dessen Betreibern. Insgesamt nutzen nach Angaben der FWO aktuell 243 Haushalte das Netz. Aus technischen Gründen befinden sich diese ausschließlich in der Altstadt und entlang der Marktbreiter Straße. Und selbst dort ist Fernwärme bislang nicht überall verfügbar. "In den Hauptadern gibt es noch ordentlich Potenzial. Aber auch in den Nebenadern können wir noch einige Gebäude anschließen", sagt Geschäftsführer Förster.

Mit größerer Entfernung zur Zuckerfabrik werde aber auch die Leistungsfähigkeit des Netzes geringer, erklärt Bürgermeister Peter Juks. "Das Flockenwerk liegt hier schon auf der Grenze." Es gebe deshalb durchaus Überlegungen, langfristig im Westen der Stadt mit einem weiteren Kraftwerk Energie einzuspeisen. 

243 Haushalte beziehen in der Ochsenfurter Altstadt derzeit Fernwärme.
Foto: Silvia Gralla (Symbolfoto) | 243 Haushalte beziehen in der Ochsenfurter Altstadt derzeit Fernwärme.

Eine Erweiterung des Netzes stehe laut FWO aktuell für die Boxgasse im Raum– möglichst schon für das kommende Jahr. Bei solchen Überlegungen spiele neben der technischen Komponente auch immer die Finanzierung eine Rolle. "Bis vor kurzem wäre ein Anschluss der Boxgasse noch völlig unwirtschaftlich gewesen", sagt Juks. Dank neuer Fördermöglichkeiten könnten die Anschlusskosten pro Haus in der Boxgasse nun aber von etwa 50.000  Euro auf rund 15.000 Euro sinken.

Höhere Kosten nach Ende des Preisdeckels gelten als wahrscheinlich

Die FWO selbst hat im Jahr 2022 nach eigenen Angaben rote Zahlen geschrieben. Auch für das laufende Jahr rechne man mit einem negativen Ergebnis, so Geschäftsführer Förster. Das liege zum einen an hohen Bezugskosten, aber auch am Wärmeverlust. "Das frisst bei so hohen Energiekosten viele Euros auf. Das Geld liegt da momentan in der Erde", sagt Förster. Das werde sich mit den sinkenden Energiepreisen künftig wieder entspannen, prognostiziert er.

Für die Kundinnen und Kunden habe dieser Verlust keine Auswirkungen, so Bürgermeister Juks. Für sie gelte derzeit ein Arbeitspreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Zumindest für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs. Denn vorerst noch bis Ende des Jahres gilt eine Preisdeckelung des Bundes, die aufgrund der explodierenden Energiepreise eingeführt wurde.

Der reguläre Preis ab 1. Oktober 2023 läge nach Zahlen der FWO mit 14,24 Cent eigentlich höher und ergibt sich im Allgemeinen anhand einer für Laien wohl komplizierten Formel. Diese soll sowohl die Kosten des Versorgers als auch die Verhältnisse am Wärmemarkt berücksichtigen. Hinzu kommt ein Grundpreis, der aktuell pro Kilowatt angeschlossener Leistung bei 34,99 Euro jährlich liegt.

Wie genau es nach Ende der Deckelung preislich weitergeht, könne er nicht sagen, erklärt Matthias Förster. Er stimmt die Kundinnen und Kunden aber bereits vorsichtig auf höhere Kosten ein. "Die Preise für Brennstoffe wie Gas, Öl oder Holzpellets gehen momentan wieder zurück. Ich gehe aber davon aus, dass sich der Wärmepreis nicht mehr so einstellen wird wie vor der Energiekrise", sagt Förster.

Selbst wenn in Zukunft alternative Energiequellen gefunden würden, rechne er langfristig mit einem Arbeitspreis von mindestens zehn Cent pro Kilowattstunde. Hier gehe es dann für jeden einzelnen darum, Energie zu sparen, sagt Förster. "Die Wärmewende wird uns alle was angehen."

 
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Kommentare
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  • Johannes Metzger
    Das immer wärmer werdende Mainwasser mit Hilfe einer Großwärmepumpe zu nutzen halte ich für eine gute Idee. Dann würde sich auch eine 2. Einspeisung ins Fernwärmenetz im Westen Ochsenfurts lohnen. In Hamburg ist eine Großwärmepumpe geplant, die das Wasser der Elbe nutzt und dann ins Fernwärmenetz einspeist. Auch soll dort das Abwasser der Großstadt, dass ja ein relativ hohes Wärmeniveau hat, auf ähnliche Weise zur Wärmeversorgung beitragen. Gibts dazu auch Überlegungen in Ochsenfurt? (Abwasserzweckverband)
    Nachdem die CSU jetzt ganz langsam ihren Widerstand gegen die Windräder aufgibt, sollte zu einer nachhaltigen Energieversorgung jetzt auch noch ein paar Windräder dazukommen. Denn Wärmepumpen sind zwar hoch effizient, aber sie brauchen auch etwas Strom. Am besten lokal erzeugt .
    BTW: Könnte die Mainpost mal recherchieren wieviel Wärmeenergie dem Main entzogen werden kann, ohne daß es zur Störung des ökologischen Gleichgewichts kommt? Soweit man beim Main
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  • Anna-Lena Behnke
    Hallo Herr Metzger,

    die Überlegungen der FWO, eventuell Mainwasser zur Energiegewinnung zu nutzen, stehen noch am Anfang. Nach bisherigen Analysen geht das Institut für Energietechnik davon aus, dass die Nutzung an mindestens 7000 Stunden im Jahr möglich wäre. Zur Abwassernutzung sind mir zurzeit keine Pläne bekannt. Wir werden das Thema weiterverfolgen und berichten, sobald es neue Informationen gibt.

    Freundliche Grüße

    Anna-Lena Behnke, Redakteurin in Ochsenfurt
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  • Johannes Metzger
    Vielen herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Und vielen Dank, dass Sie am Ball bleiben.
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