Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine sind bereits in Unterfranken angekommen. In den nächsten Tagen und Wochen werden es noch viel mehr werden. Die Hilfebereitschaft ist groß, aber viele Menschen sind auch verunsichert, welche Hilfsangebote wirklich sinnvoll sind. Wie kann man am besten helfen? Welche Sachspenden werden gebraucht? Was muss man beachten, wenn man selbst Flüchtlinge aufnimmt? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine sind bereits in Unterfranken angekommen?
"Aktuell sind rund 7700 Flüchtlinge aus der Ukraine in der Region, die bereits offiziell registriert sind", sagt Johannes Hardenacke, Sprecher der Regierung von Unterfranken. Es sind vor allem Frauen und etwa 2800 Kinder und Jugendliche sowie ältere Flüchtlinge, denn Männer dürfen in der Regel gar nicht ausreisen. "Es könnten aber durchaus mehr sein, denn es gibt keine Registrierungspflicht", erklärt Hardenacke. Menschen aus der Ukraine können Verwandte und Bekannte besuchen oder auch – wenn sie Geld haben – in einem Hotel übernachten. Sie dürfen sich frei in der Bundesrepublik bewegen. "Wir empfehlen aber allen, sich möglichst bald zu registrieren. Denn nur wer registriert ist, bekommt gegebenenfalls Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz", so der Regierungssprecher.
Hat die Region noch Kapazitäten für Flüchtlinge?
"Derzeit versuchen alle staatlichen Institutionen, also die Landratsämter beziehungsweise die Kreisverwaltungsbehörden noch zusätzliche Wohnräume für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen", sagt Hardenacke. Denn alle Unterkünfte für Flüchtlinge waren schon vor dem Krieg in der Ukraine voll besetzt, zum Beispiel mit Ortskräften aus Afghanistan. Es werden also noch Unterkünfte benötigt.
Wo werden Geflüchtete aus der Ukraine aktuell untergebracht?
Derzeit stehen vor allem kurzfristige Unterkünfte wie Turnhallen, Sporthallen oder Mehrzweckhallen den Flüchtlingen zur Verfügung. Es gebe aber auch Heime, Jugendherbergen, Einrichtungen von kirchlichen Trägern und Schullandheime, die zumindest vorübergehend von Flüchtlingen bewohnt werden könnten. "Alles ist gerade im Aufbau", sagt Hardenacke. "Das Ziel ist, möglichst langfristige Unterkünfte zu schaffen." Nicht erfasst werde, wie viele Flüchtlinge privat untergekommen sind. Auch in Unterfranken hätten Städte wie Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg eine Anziehungskraft. Viele Flüchtlinge kommen zuerst in der Ankereinrichtung in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) an und werden von dort auf alle Landkreise verteilt.
Wohin kann man sich wenden, wenn man Wohnraum zur Verfügung stellen möchte?
Es gibt eine zentrale Anmeldeplattform beim Bayerischen Innenministerium: https://formularserver.bayern.de/intelliform/forms/rzsued/stmi/stmi/ukrainehilfe/index Dort werden hauptsächlich Unterbringungsmöglichkeiten und Dolmetscher für Ukrainisch und Russisch, sowie innerbayerische Transportmöglichkeiten gesucht. Auch auf der Seite www.unterkunft-ukraine.de können Privatpersonen Wohnraum für aus der Ukraine geflohene Menschen anbieten. Mehr als 120.000 Menschen haben sich dort bereits eingetragen, die Geflüchteten ein Bett anbieten wollen. Die Kreisverwaltungsbehörden bitten ebenfalls auf ihren Internetseiten, möglichen Wohnraum für Geflüchtete zu melden.
Wo können sich Geflüchtete registrieren?
Die Flüchtlinge aus der Ukraine können sich in allen Landratsämtern oder in den Städten Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg registrieren. Sinnvoll für die Registrierung ist ein biometrischer Pass oder ein anderes Ausweisdokument. Nach der Registrierung wird den Flüchtlingen ein sogenannter Ankunftsnachweis ausgestellt, mit dem sie bei der örtlichen Leistungsbehörde Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beantragen können. Bislang sind die meisten Flüchtlinge registriert im Landkreis Aschaffenburg (980), gefolgt vom Landkreis Würzburg (712) und den Landkreisen Kitzingen (680) und Bad Kissingen (672).
Wie viele Kinder aus der Ukraine gehen bereits in Unterfranken zur Schule?
In Unterfranken besuchen fast 500 Mädchen und Jungen aus der Ukraine bereits eine Schule. Die Schülerinnen und Schüler verteilen sich auf alle Schularten, sagt Johannes Hardenacke von der Regierung von Unterfranken. Den ersten Kontakt haben die Schüler in sogenannten Willkommensgruppen, besonders in Grund- und Mittelschulen. Es gebe bereits 22 Willkommensgruppen für Flüchtlinge in Unterfranken. Im Vordergrund stehe hierbei das Ziel, Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln. Zudem sollen die geflohenen Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, das Ankunftsland Bayern und sein Schulwesen kennenzulernen, so der Regierungssprecher. "Die meisten Schüler gehen bereits in Regelklassen", sagt Hardenacke.
Wie können Einheimische den Geflüchteten am besten helfen?
Alle Landratsämter und Städte haben auf ihren Internetseiten Links mit Kontaktadressen, wo man sich hinwenden kann, wenn man helfen möchte. "Zum Beispiel werden überall Menschen gesucht, die Ukrainisch sprechen", sagt Hardenacke. Man könne sich auch direkt an Hilfsorganisationen wie Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz oder Maltester wenden. "Diese wissen genau, was derzeit gebraucht wird und das ist nicht immer Kleidung", berichtet der Regierungssprecher.
Was bringen Geldspenden?
Generell sind sich alle Hilfsorganisationen darin einig, dass Geldspenden mehr bringen als Sachspenden. "Finanzielle Hilfe ist oft zielführender, weil die Hilfsorganisationen diese Mittel gezielt einsetzen können", sagt Johannes Hardenacke. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) listet auf auf seiner Homepage rund 40 Organisationen auf, die für die Ukraine sammeln, wie zum Beispiel Aktion Deutschland Hilft, das Bündnis Entwicklung hilft oder das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe.
Was müssen Menschen beachten, die Flüchtlinge aufnehmen?
"Man sollte sich vorab gut überlegen, ob man überhaupt in der Lage ist, Flüchtlinge aufzunehmen", rät Hardenacke. Dafür sollte man sich Fragen stellen wie: Eigenen sich meine Räume überhaupt? Habe ich genug Platz für Geflüchtete? Halte ich wirklich eine Zeitlang mit Flüchtlingen durch? Es reiche nicht, einfach nur ein Sofa zur Verfügung zu stellen. "Die Leute brauchen zumindest ein eigenes Zimmer", sagt Hardenacke. Man sollte auch vorbereitet sein, sie mit zu verpflegen und bei praktischen Problemen zu helfen.
Ich wohne selbst zur Miete: Wie lange dürfen Geflüchtete bei mir wohnen?
Sechs bis acht Wochen dürfen Mieterinnen und Mieter Menschen bei sich aufnehmen – dieser Zeitraum gilt als erlaubnisfreier Besuch, erklärt Carina Schütz, Rechtsberaterin beim VerbraucherService Bayern in Würzburg. Dauert die Unterbringung länger, sollte unbedingt der Vermieter informiert und um Erlaubnis gefragt werden. Auch bei kürzeren Zeiträumen ist es ratsam, den Vermieter oder die Vermieterin zu informieren.
Kann ich mir als Gastfamilie Kosten erstatten lassen?
Kosten und finanzielle Unterstützung, wie zum Beispiel für Lebensmittel, Miete, Nebenkosten (Strom, Wasser, Heizung) und Fahrtkosten können geltend gemacht werden und zwar über den Asylbewerberleistungsantrag des ukrainischen Gastes, informiert das Landratsamt Würzburg. Auch dazu gebe es Ansprechpartner bei den jeweiligen Landratsämtern.
Muss man Flüchtlinge versichern?
Neben der Krankenversicherung gehört die Haftpflichtversicherung zu den wichtigsten Versicherungen. Sie sichert unter anderem Missgeschicke im Alltag ab, so der Versicherungskonzern Arag in einer Pressemitteilung. "Flüchtlinge, die ich zum Beispiel in meine Wohnung aufnehme, sind nicht automatisch über meine Haftpflicht-Versicherung mit abgesichert", sagt Rechtsberaterin Carina Schütz. Hier herrsche wohl teilweise ein Irrglaube. Daher sei wichtig, den Versicherer zu kontaktieren und zu informieren oder für einen separaten Vertragsabschluss zu sorgen. Sind Flüchtlinge mit ihrem Auto angekommen, sei es wichtig abzuklären, ob die ukrainische Versicherung auch in Deutschland gilt oder ein internationaler Tarif besteht.
Wo können Flüchtlinge geimpft werden?
Viele Flüchtlinge aus der Ukraine sind nicht gegen Corona geimpft, die Impfquote dort beträgt nur etwa 30 Prozent. "Wir empfehlen allen Flüchtlingen, sich zügig impfen zu lassen", sagt Johannes Hardenacke von er Regierung von Unterfranken. Die Impfung sei kostenlos und in allen Impfzentren möglich. Auch sollten sich die Gastfamilien erkundigen, bei welchen Ärztinnen und Ärzten andere Impfungen - wie zum Beispiel Masern - nachgeholt werden können.
Wo finden Flüchtlinge einen Job?
"Flüchtlinge aus der Ukraine dürfen arbeiten und können sich auch sofort um Arbeit bemühen", sagt der Sprecher der Regierung von Unterfranken. Um arbeiten zu dürfen, benötigen Geflüchtete aus der Ukraine mindestens eine Fiktionsbescheinigung, das heißt eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, die sie bei ihrer ersten Vorsprache kostenlos erhalten. Informationen dazu gibt es bei den Kreisverwaltungsbehörden.