In Pflege- und Seniorenheimen regt sich Ärger über die Bürokratie rund um den Corona-Impfstart am vergangenen Sonntag. Grund sind Formulare, die dokumentieren, dass die Bewohner ärztlich aufgeklärt wurden und in die Impfung eingewilligt haben. Nur dann darf das Serum verabreicht werden. Etwa im Falle von Menschen mit Demenz mussten diese Bögen von Angehörigen beziehungsweise gesetzlichen Betreuern unterzeichnet werden. Das Problem: Nachdem die Papiere schon Anfang Dezember vorgelegen hatten und ausgefüllt worden waren, verschickte das bayerische Gesundheitsministerium kurz vor Weihnachten eine neue Version der Formulare – die bürokratische Vorbereitung des Impfstarts begann damit von vorne.
"Die Einwilligungen hatten wir eigentlich schon", erklärt etwa Robert Keppner, Leiter des Hans-Sponsel-Hauses der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Würzburg. Da es in seinem Heim kurz vor Weihnachten einen Corona-Ausbruch mit 49 infizierten Bewohnern gab, von denen inzwischen drei gestorben sind, wäre eine schnelle Impfung gerade hier hilfreich gewesen. Doch daraus wurde nun nichts. "Wir würden uns freuen, wenn es bald los geht", sagt Keppner. Allerdings müsse die neue Version des Aufklärungsbogens jetzt erst einmal verteilt werden. Bis 30. oder 31. Dezember hofft man soweit zu sein, dass ein Impfteam ins Heim kommen kann.
Das Hans-Sponsel-Haus ist kein Einzelfall. Für den Landkreis Kitzingen organisiert der BRK-Kreisverband die Impfungen in entsprechenden Einrichtungen. BRK-Geschäftsführer Felix Wallström bestätigt gegenüber dieser Redaktion, dass es im Landkreis Kitzingen in allen Heimen Probleme mit den Aufklärungsbögen gab.
Die Reaktionen der Heime, die schon in der ersten Runde den Verwaltungsaufwand und die Mehrarbeit beklagten, seien unterschiedlich gewesen. So hätten zum Impfstart am Sonntag bereits Unterschriften auf neuen Formularen vorgelegen, aber längst nicht von allen Heimbewohnern. Einige Häuser seien über die Weihnachtsfeiertage nicht in der Lage gewesen, Betreuer zu kontaktieren und Unterschriften zu besorgen – oder hätten gleich auf Weihnachtsurlaube bis 6. Januar verwiesen.
Über die Feiertage einen Betreuer zu erreichen sei schwierig und Angehörige freuten sich auch nicht, "wenn sie sich an Weihnachten mit Formularen herumschlagen müssen", sagt Peter Martin. Der Ärger ist dem Leiter des Seniorenpflegeheims "Haus der Familie" in Windheim (Lkr. Bad Kissingen) anzuhören.
Gesundheitsministerium erklärt den Grund für die neuen Formulare
Doch warum wurden eilig neue Bögen verschickt? Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums, das Robert Koch-Institut habe am 22. Dezember "einen aktualisierten Aufklärungsbogen für die Corona-Impfung" geschickt. Hintergrund sei, dass nach ersten Erfahrungen mit dem neuen Impfstoff – unter anderem nach Impfungen in Großbritannien – "weitere Nebenwirkungen in wenigen Einzelfällen aufgetreten sind, über welche die Impfberechtigten aufzuklären sind".
Das Ministerium habe daraufhin die zuständigen Behörden und Heime "schriftlich informiert und gebeten, die neuen Aufklärungsbögen zu verwenden beziehungsweise weiterzuleiten". Betreuer, die noch den alten Aufklärungsbogen erhalten hatten, "sollten unter Beifügung des neuen Aufklärungsbogens erneut kontaktiert werden, möglichst rasch per E-Mail oder telefonisch". Auf dieselbe Weise sollten die Betreuer erklären, ob die Zustimmung noch gilt.
Doch bis den Heimen die Bögen vorlagen, war fast Weihnachten: Peter Martin hat die Papiere über die Regierung von Unterfranken und die Heimaufsicht bekommen. Am 23. Dezember um 17.45 Uhr.