Der Stadt Würzburg geht es in finanzieller Hinsicht "gut", sagt Stadtkämmerer Robert Scheller angesichts des knapp 544 Millionen Euro umfassenden Haushalts für das Jahr 2019, über den der Würzburger Stadtrat am Donnerstag und Freitag berät und beschließt. Dem stimmen nicht alle Fraktionen im Stadtrat zu. Uneins ist man sich auch bei der Frage, inwieweit dies als Chance genutzt werden sollte, einen Teil der 228 Millionen Euro städtischer Schulden abzubauen.
"Ja, die Steuereinnahmen erreichen einen Höchststand in der Geschichte der Stadt, und der Überschuss, der für Investitionen zur Verfügung steht, ist überdurchschnittlich hoch", teilt Matthias Pilz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, die Einschätzung des Stadtkämmerers. Wichtig sei, dass nicht dauerhaft neue Schulden aufgenommen würden. "Die Investitionen der Stadt kommen zukünftigen Generationen zugute", so Pilz weiter. Gleichzeitig werde auch im Haushalt 2019 eine Million Euro für den späteren Bau der Straßenbahnlinie 6zurückgelegt. "Schuldentilgung kann und soll dann erfolgen, wenn bei Aufstellung der Jahresschlussrechnung noch ein Überschuss vorhanden ist, wie das in den letzten Jahren auch schon praktiziert wurde", sagt Pilz.
"Wir haben aber kein garantiertes Dauerabo für diese Haushaltslage"
"Angesichts der guten Einnahmen ist die Haushaltslage tatsächlich gut", sagt die CSU-Fraktionsvorsitzende Chrisitine Bötsch. "Wir haben eine solide Finanzstruktur und neben unseren Pflichtaufgaben verfügen wir auch über finanzielle Mittel, um die Infrastruktur wie beispielsweise Schulen und Radwege zu verbessern und sogar, um freiwillige Leistungen insbesondere im Bereich Soziales und Kultur, zu ermöglichen", so Bötsch weiter. "Wir haben aber kein garantiertes Dauerabo für diese Haushaltslage", warnt Bötsch. Der Verzicht auf Schuldentilgung bedeute im Gegenteil, dass man Chancen ergreife. Die Stadt lege zum einen überschüssiges Geld für langfristige Vorhaben zur Seite, wie die Ersatzinvestitionen bei der Straßenbahn und die Linie 6 und investiere zum anderen in Infrastruktur und Lebensqualität, um auch in Zukunft gute Gewerbe- und Einkommenssteuern erreichen zu können.
Investitionen haben wegen der niedrigen Zinsen Vorrang vor der Schuldenrückzahlung
"In der Tat ist die Haushaltslage seit dem Ende der Bankenkrise Anfang der 2000er Jahre bei der Stadt Würzburg sehr gut", stimmt auch Alexander Kolbow von der SPD zu. Wegen dieser guten Haushaltslage könnten endlich wieder größere Investitionen getätigt werden. Diese hätten aufgrund der ausgesprochen niedrigen Zinsen Vorrang vor der Schuldenrückzahlung, so der SPD-Fraktionsvorsitzende. Die Haushaltsplanung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass immer ein Überschuss erwirtschaftet werden konnte. Diesen habe der Stadtrat dann für die Rückzahlung von Schulden genutzt. So sei nach dem Abschluss des Haushaltes 2017 eine Sondertilgung in Höhe von knapp fünf Millionen Euro geleistet worden. "Solange die wirtschaftliche Lage so bleibt, ist es sinnvoll, die seit Jahren notwendigen Investitionen in der Stadt zu tätigen", meint Kolbow und nennt als Beispiel das 300 Millionen Euro umfassende Schulsanierungsprogramm der Stadt.
"Wir haben in den letzten vier Jahren 16 Millionen Euro Schulden getilgt."
"Bei Rund 100 Millionen Euro Gewerbeeinkommen, stabilen Einkommensteuer-Einnahmen, sowie erhöhten Schlüsselzuweisungen ist es richtig, von einer guten Haushaltslage zu sprechen", sagt auch Josef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. "Wir haben in den letzten vier Jahren 16 Millionen Euro Schulden getilgt." Des Weiteren sei der Stadtrat gerade in den vergangenen Jahren gut damit gefahren, dass die Tilgungen aus dem erwirtschafteten Jahresüberschuss bedient wurden und für das Jahr 2019 rechne man mit einem außergewöhnlich hohen Überschuss. Bei der derzeitigen noch günstigen Zinssituation gelte es allerdings auch, einschlägige Maßnahmen voranzutreiben und eine Schuldentilgung mit Augenmaß und Weitblick zu betreiben.
"Wir halten die Haushaltslage für sehr gut", stimmt auch Joachim Spatz von FDP und Bürgerforum zu. Die Stadt müsse sich weiter um die Ansiedlung von finanzkräftigen Gewerbesteuerzahlern bemühen, damit auch in Zukunft die Einnahmesituation gesichert sei. Im Haushaltsvollzug der vergangenen Jahre sei bereits regelmäßig ein Teil der erzielten Überschüsse zur Schuldentilgung verwendet worden. Dies erwarten FDP und Bürgerforum auch in diesem Jahr.
Die Chance, Schulden abzubauen, werde vertan
Die Haushaltslage der Stadt sei besser als gut, heißt es vom WL-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Weber. Bund und Land unterstützten die Stadt in einem in den vergangenen 50 Jahren nie gekannten Ausmaß, welches auch zur Refinanzierung sowohl der städtischen Haushalte genutzt werden sollte. Zwar sei der Schuldenstand von 228 Millionen Euro bei der derzeitigen Zinssituation von absolut untergeordneter Bedeutung. Dennoch sollten Schulden getilgt werden, weil die Stadt nicht in der Lage sei, schnelle Investitionen umzusetzen, durch die dauerhaft Folgekosten eingespart oder Einnahmen für den Verwaltungshaushalt erzeugt werden können.
Die ÖDP-Fraktion teile die Einschätzung des Kämmerers nicht, sagt dagegen deren Vorsitzender Raimund Binder. Die Belastung der Stadt mit den weiter steigenden Personalausgaben – in 2019 von über sieben Millionen Euro – würde sich auch dann noch auswirken, wenn die guten Einnahmejahre längst vorbei seien. Dazu kämen die immensen Aufgaben, die der Stadt bevorstünden oder in deren Finanzierung sie bereits stecke, wie die Sanierung des Mainfrankentheaters und der Schulen sowie das Bahnhofsumfeld und den ÖPNV. Die Chance, Schulden abzubauen, werde vertan, sagt Binder weiter. Es sei wichtig, in guten Zeiten auch Schulden abzubauen, ohne an wichtigen sozialen, kulturellen, verkehrs- und umweltpolitischen Maßnahmen zu sparen.
"Die Haushaltslage ermöglicht uns einige Projekte anzugehen, wobei ich die Auswahl sehr kritisch sehe", meint Sebastian Roth von der Linken. So halte er es nicht für eine Kernaufgabe der Stadt, wie von der Verwaltung geplant, in den nächsten Jahren Millionen für eine private Mehrzweckhalle als Investitionszuschuss zu geben. Es sei sinnvoller, zu überlegen, „überschüssige Gelder“ in eine Schuldentilgung zu stecken. Wichtig sei eine Mischung aus Investitionen und Schuldenabbau.