2G Plus und nur ein Viertel der Publikumsplätze dürfen besetzt werden – das sind derzeit die Corona-Regeln für Kulturbetriebe im Freistaat. Verbände warnen: Für viele Theater und ähnliche Einrichtungen sei das nicht mehr wirtschaftlich. Zudem sorgt die aktuelle Corona-Förderung bei Kulturschaffenden für Empörung. "Kultur in Absurdistan", nennt der Dachverband freier Würzburger Kulturträger die Lage.
Schon das Antragstellen ist für viele Kulturschaffende eine große Herausforderung
In Bayern gibt es drei große Kulturförderprogramme: Das Soloselbstständigenprogramm, das Stipendienprogramm und das Spielstätten- und Veranstalterprogramm. Doch schon das Antragstellen ist für viele Kulturschaffende eine große Herausforderung, weiß Antje Molz vom Dachverband freier Würzburger Kulturträger. So gebe es erhebliche Informationslücken, unter welchen Voraussetzungen beispielsweise die Bewerbung für das Stipendienprogramm ablaufen kann.
Auf der Website des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst heißt es dazu: "Im Rahmen des Stipendienprogramms können sich bis zu 5000 Künstlerinnen und Künstler in der Anfangsphase ihres Schaffens um ein Stipendium zu je 5000 Euro bewerben." Die Stipendien sollen den Freiraum für künstlerisches Arbeiten mit dem damit verbundenen geistigen, kreativen, zeitlichen und materiellen Aufwand ermöglichen, heißt es. "Nur wurde vergessen zu klären, ob und wie ein solches Stipendium zu versteuern ist", sagt Molz.
Zu viel gewährte Unterstützungsgelder müssen zurückgezahlt werden
Zudem gebe es Förderprogramme, bei denen plötzlich Gelder zurückgefordert werden. Sogar Hausdurchsuchen habe es gegeben. Konkret betreffe dies die sogenannte Corona-Soforthilfe, die in den ersten Monaten der Pandemie für kleine Betriebe und Freiberufler gewährt wurde, die in eine existenzielle Notlage geraten waren. Laut Staatsministerium dürfen solche "Billigkeitsleistungen" nicht zu einer Überkompensation führen, das heißt, die Höhe der Soforthilfe darf den tatsächlichen Liquiditätsengpass nicht übersteigen.
Daher enthalten die Bewilligungsbescheide die Auflage, wesentliche Veränderungen der Geschäftsentwicklung zu melden und gegebenenfalls zu viel gewährte Unterstützungsgelder zurückzuzahlen. "Das ist ein heilloses Durcheinander. Hier werden Kulturschaffende, die sowieso schon schwer zu leiden haben, noch mehr genötigt", sagt Molz.
Viele Kulturschaffende wurden bereits in Hartz 4 gedrängt
Antje Molz ist beim Dachverband für die Förderberatung zuständig und somit tagtäglich mit dem "Regelwahn" der Kulturförderung konfrontiert. Die ihrer Meinung nach größte Förderlücke: Für die sogenannten Hybrid-Selbstständigen, also diejenigen, die mehrere Jobs haben, gelten noch einmal andere Regeln. "Sobald man mehrere Jobs hat und den größten Gewinn nicht aus der künstlerischen Selbstständigkeit zieht, ist man nicht förderberechtigt", erklärt sie. "Doch viele können erst aus der Kombination zwischen künstlerischem Job und Hauptjob überleben. Diese Regelung berücksichtigt überhaupt nicht die Vielfalt der Selbstständigen." So seien viele Kulturschaffende bereits in Hartz 4 gedrängt worden.
Ähnliches berichtet Jürgen Dahlke, Geschäftsführer der Disharmonie Schweinfurt. Künstlerinnen und Künstler wie auch Aktive in den Vereinen seien frustriert. "Im Moment sieht es für sie alle düster aus", sagt er. Dies liege nicht nur an der "elenden 25-Prozent-Regelung, die oft dazu führt, dass wir nicht spielen können", sondern auch an der fehlenden Förderung. Auch er kenne viele Kulturschaffende, die Gelder zurückzahlen mussten. Denn im Rahmen der Überbrückungshilfe gab es nur Fixkostenerstattung für betriebliche Ausgaben, sprich, für Miete oder Leasing eines Dienstwagens. "Aber nicht für den persönlichen Lebensunterhalt", erklärt Dahlke. "Dafür sei ja Hartz 4 zuständig, wurde den Künstlerinnen und Künstlern gesagt."
Nothilfefonds des Dachverbandes für diejenigen, die Förderlücken treffen
Doch bei allen Problemen und Lücken im System gibt es auch Positives zu berichten, sagt Ralf Duggen vom Würzburger Dachverband. So habe sich beispielsweise die Stadt Würzburg "gerade im letzten Jahr vorbildlich verhalten". 450 000 Euro hat der Stadtrat dem Kulturreferat für 2021 als Corona-Sonderetat für die freie Kulturszene der Stadt zur Verfügung gestellt. "Das war erstaunlich und hervorragend und hat vielen geholfen", so Duggen.
Für diejenigen, die Förderlücken treffen, gibt es den Nothilfefonds des Dachverbands freier Würzburger Kulturträger: Wer eine Notlage formlos nachweisen kann, bekommt etwas Geld, erklärt Duggen. "Ohne formale Antragstellung und ohne Verwendungsnachweis."
Da der Dachverband als ehrenamtlich geführter gemeinnütziger Verein kaum eigene Mittel zur Verfügung hat, ist er auf Spenden angewiesen. Näheres ist unter www.dachverband-wuerzburg.de zu erfahren.