Handelte ein JVA-Beamter aus Geldgier, als er Häftlingen im Würzburger Gefängnis Handys einschmuggelte? Oder trieb ihn – wie er selbst sagte - das Mitleid mit Gefangenen, die unter der Trennung von ihren Familien litten? Das Motiv blieb auch am Ende des Prozesses am Würzburger Landgericht ungewiss. Sicher ist aber: Der bisherige Bewacher muss für viereinhalb Jahre eine der Zellen beziehen, in die er bis vor kurzem andere Straftäter einsperrte. Zu dem Urteil kam das Gericht um den Vorsitzenden Reinhold Emmert am Dienstagabend.
Höheres Urteil als in Heilbronn
Damit ging die Würzburger Kammer deutlich über das Strafmaß hinaus, das vor kurzem in einem vergleichbaren Fall von Bestechung ein Beamter des Gefängnisses von Heilbronn kassiert hatte. Der war zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Besonders verwerflich in dem Würzburger Fall: Die Handys landeten bei Untersuchungsgefangenen, die so die Chance hatten, Zeugen zu beeinflussen und damit Ermittlungen zu sabotieren.
Der Vorsitzende Richter Reinhold Emmert glaubte in Würzburg dem Beamten nur teilweise: „Ihr Geständnis ist schon viel wert“, sagte er bei der Urteilsbegründung. Aber das Gericht glaubte vor allem einem Häftling, der Handys bekommen und jetzt im Zeugenstand ausgesagt hatte: Der freundliche JVA-Beamte habe schon vorher im Ruf gestanden, Dinge besorgen zu können. „Wir sind überzeugt, dass die erste hier angeklagte Tat nicht Ihre erste Tat war“, sagte Emmert. „Sie haben die Chance verpasst, hier reinen Tisch zu machen.“ Sonst wäre auch eine Strafe unter vier Jahren möglich gewesen.
Sechs Jahre Haft gefordert
Staatsanwalt Jörg Peterek nahm dem Angeklagten nicht ab, dass er als „eine Art Mutter Theresa von Würzburg“ aus Mitgefühl Handys besorgt habe - und dann von anderen Häftlingen erpresst worden sei, Handys in größerer Stückzahl zu besorgen. Er sei „ein gewöhnlicher Krimineller, der sich bewusst auf eine Stufe gestellt hat mit denen, die er bewachen sollte.“ Peterek ging davon aus, dass der Beamte 23 Mobiltelefone und 5 SIM-Karten in die JVA geschmuggelt hat. Vom Urteil müsse "ein deutliches Signal ausgehen, dass sich Korruption nicht lohnt". Folgerichtig forderte er eine Haftstrafe von sechs Jahren.
Verteidiger Hanjo Schrepfer hielt zweieinhalb Jahre Haft für tat- und schuldangemessen. Die Übergabe eines größeren Postens von mutmaßlich acht Handys sei am Ende schon von der Polizei überwacht gewesen und dann ja unterbunden worden. Schrepfer betonte, das (um einige Details ergänzte) Geständnis seines Mandanten habe dem Gericht eine lange Beweisaufnahme mit ungewissem Ausgang erspart. Denn die meisten Häftlinge, die den Beamten für Handys bestochen haben sollen, schwiegen lieber statt sich mit einer Zeugenaussage selbst zu belasten.
Verurteilter kommt als Zeuge wieder
Nun bleibt abzuwarten, wie der Beamte sich in weiteren Prozessen als Zeuge revanchiert. Dann sind die Rollen vertauscht, wenn weitere 16 Personen (Gefangene und Angehörige) wegen Beamtenbestechung auf der Anklagebank sitzen.
Darunter ist auch ein inhaftierter ehemaliger Schönheitschirurg, der ein Handy, ein Tablet und mehrere SIM-Karten gegen Bezahlung bekommen haben soll. Er hätte im Zeugenstand auch schweigen können, statt abenteuerlicher Geschichten zum Besten zu geben, die stark von seiner Aussage bei der Polizei abwichen und im Prozess stark in Zweifel gezogen wurden.
Er muss nun – neben der bereits fertigen Anklage wegen Bestechung –mit einem weiteren Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage vor Gericht rechnen. Dabei hatte er bereits drei von fünfeinhalb Jahren Haft wegen Betruges abgesessen und gehofft, vorzeitig freizukommen.