Die Hafentreppe am Heizkraftwerk in Würzburg ist ein Treffpunkt von Jugendlichen, die feiern - überwiegend friedlich. Da dort aber auch Minderjährige Alkohol konsumieren und Körperverletzungs-, Raub- und Diebstahlsdelikte begangen wurden, hat die Polizei zuletzt zwei Razzien durchgeführt. Bei der jüngsten am Abend des 22. März hielten etwa 40 Polizisten 137 Jugendliche bis zu drei Stunden lang fest. Kräfte der Polizeiinspektion Würzburg, der Bereitschafts- und der Wasserschutzpolizei waren im Einsatz, dazu ein Drogenspürhund sowie Mitarbeiter vom Jugendamt und Ordnungsdienst der Stadt. Die Großkontrolle der hauptsächlich 14- bis 17-Jährigen wirft Fragen auf. Mit denen sich jetzt auch der bayerische Innenminister beschäftigt hat.
Öffentlich bekannt wurde die Aktion, weil sich Betroffene an diese Redaktion wandten. Die Schüler waren von der Polizei auf dem Weg zu einer Diskothek im Alten Hafen aufgegriffen worden. "Darf die Polizei uns einfach so festhalten, uns durchsuchen, einen Alkotest machen und uns einen Platzverweis aussprechen, obwohl wir gar nichts gemacht haben?", fragt ein 17-jähriger Würzburger, dessen Name der Redaktion bekannt ist.
Ähnliche Großkontrolle im Bierzelt?
"Wir können doch nicht zusehen und warten, dass etwas passiert", begründet Klaus Böhm, Chef der Polizeiinspektion Würzburg, den Einsatz. Man habe durch die Großkontrollen Jugendliche vor Übergriffen sowie Drogen- und Alkoholmissbrauch schützen und Kriminalität verhindern wollen. Rechtlich gedeckt sei der Einsatz, weil laut Polizeiaufgabengesetz (PAG) an "gefährlichen Orten", an denen Straftaten begangen werden, die Feststellung der Identität und Durchsuchungen prinzipiell erlaubt sind.
"Wenn die Polizei nachweisen kann, dass an der Hafentreppe regelmäßig Straftaten vorkommen und weitere zu erwarten sind, war die Maßnahme gerechtfertigt", sagt dazu beispielsweise Strafverteidiger Markus Schüll. Allerdings müsse die Einschränkung von Grundrechten wasserdicht begründet werden. Der Würzburger Anwalt gibt zu Bedenken: "Wie die Polizei diese Rechtsgrundlage hier nutzt, könnte sie es prinzipiell auch auf einem Bierzelt oder bei einem Weinfest für eine ähnliche Aktion tun."
Besonders problematisch ist laut Schüll, dass die Polizei diesen Bereich offenbar sehr weit ausdehnte. Sie seien auf Höhe des Cinemaxx Kinos aufgegriffen und dann zur rund 200 Meter entfernten Hafentreppe gebracht worden, berichten Jugendliche. „Das wäre nicht in Ordnung", sagt der Strafverteidiger. "Ich kann ja nicht erst eine Person an einen gefährlichen Ort bringen um die polizeiliche Maßnahme dann damit zu rechtfertigen, dass sich diese Person an einem gefährlichen Ort aufgehalten hat.“ Die Polizei will diesen Vorgang noch intern aufklären, bevor sie sich äußert.
Ob sich Betroffene wegen des Vorgehens der Polizei beschwert oder Anzeige erstattet haben? Die Staatsanwaltschaft Würzburg sagt, sie habe dazu keine Informationen. Man könne das weder ausschließen noch bestätigen, erklärt Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen. Bei der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt haben sich laut stellvertretenden Leiter Alexander Streng Eltern gemeldet. Man habe ihnen "die Notwendigkeit des Einsatzes nahe bringen" können.
SPD stellt Anfrage im Landtag
Inzwischen ist die Würzburger Aktion auch im Bayerischen Landtag aufgeschlagen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Schuster, fragte an, ob die Polizei bei der "Jugendschutzkontrolle" Befugnisse aus dem neuen Polizeiaufgabengesetz nutzte. Man wolle wissen, ob die Jugendlichen auf der Hafentreppe aufgrund einer von ihnen ausgehenden "drohenden Gefahr" festgehalten und durchsucht wurden.
Dieser Begriff ist für Kritiker der Knackpunkt des neuen Polizeiaufgabengesetzes, weil sie befürchten, dass er die Befugnisse der Polizei ausweitet. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte in seiner Antwort auf die SPD-Anfrage, dass "drohende Gefahr" bei dem aktuellen Würzburger Fall keine Rolle gespielt habe. "Die Kontrollen wären vor der Änderung des Polizeiaufgabengesetzes möglich gewesen." Im weiteren nannte Herrmann Ordnungs- und Sicherheitsstörungen, die in den vergangenen Wochen am Hafen vorgekommen seien.
Dagegen führt die Würzburger Polizei gegenüber dieser Redaktion an, dass Personen auch auf Rechtsgrundlage des Artikels 21 Absatz 1 Nummer 1 und 3 des PAG durchsucht wurden. Dieser rechtfertigt eine Durchsuchung aufgrund einer "drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut".
Alle Fragen zur Polizeiaktion im Alten Hafen sind also noch nicht geklärt. Würzburgs Polizeichef Böhm nennt die Nacharbeitung "wichtig, um festzustellen, wo Fehler gemacht wurden". Nach den beiden Großkontrollen - den ersten dieser Art in Würzburg - räumt er ein: "So würden wir es nicht mehr machen." Das Ergebnis der jüngsten Razzia waren drei Drogenfunde und drei alkoholisierte Jugendliche, die ihren Erziehungsberechtigten übergeben wurden. Im Alten Hafen sollen jetzt neben der Polizei auch verstärkt Sozialarbeiter tätig sein.
Doch, genau das sollte die Polizei mal tun. Zwei Monate einfach NICHTS.
Mal sehen wie viele, und vor allem, wer dann rumheult.
fetzi1 hat es auf den Punkt gebracht.
Ich habe aufgrund solcher Reaktionen der Gesellschaft sämtliche ehrenamtliche Tätigkeiten eingestellt. Undank ist der Welt Lohn, darauf habe ich keine Lust mehr. Helft euch selbst...
Und was hat das mit der Polizei und diesem Aktionismus hier zu tun!? Das Zauberwort hier lautet VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT.
Aber das die Jugendlichen auch Stundenlang dort in der Kälte Feier, das geht.
Zudem möchte ich die "armen Jugendlichen" gerne mal einladen ihre Hinterlassenschaften
An der Hafentreppe und rund um das Heizkraftwerk montags früh zu entfernen.
"...Herrmann (CSU) erklärte in seiner Antwort auf die SPD-Anfrage, dass "drohende Gefahr" bei dem aktuellen Würzburger Fall keine Rolle gespielt habe."..... "Dagegen führt die Würzburger Polizei gegenüber dieser Redaktion an, dass Personen auch auf Rechtsgrundlage des Artikels 21 Absatz 1 Nummer 1 und 3 des PAG durchsucht wurden."....
Die Konfusion und den Dilettantismus in Bayerns strafwütigem CSU-Sicherheitsapparat hätte man kaum schöner demonstrieren können. Erst mal draufhauen, wenn sich einer beschwert oder Fragen stellt, sieht man weiter.....
Genau das haben zehntausende Demonstranten letzten Sommer vorausgesehen!
Bayern und andere Bundesländer werden immer sicherer. Aber die CSU meint mit bürgerrechteinschränkenden neuen Gesetzen die Bürger weiter gängeln zu müssen.
Jetzt wird verzweifelt versucht zurückzurudern. Das PAG muss weg.
Am besten wäre es, wenn die schwarz-orange Regierungskoalition das unglückselige Gesetz zurücknehmen würde.
Deshalb müsste es nun zwangsläufig zu einer Razzia auf dem Volksfest kommen. Ist schon ein Alkoholverbot im Bierzelt angedacht?