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Würzburg
Razzia im Alten Hafen: Polizei kontrolliert 137 Jugendliche
Die Polizei hielt 137 Jugendliche bis zu drei Stunden lang auf der Hafentreppe fest. Durften die Beamten die jungen Leute festhalten und durchsuchen?
Nächtliche Idylle im Alten Hafen. Aber auf der Treppe am Heizkraftwerk feiern laut Polizei regelmäßig bis zu 100 Personen nicht immer friedlich.
Foto: Silvia Gralla | Nächtliche Idylle im Alten Hafen. Aber auf der Treppe am Heizkraftwerk feiern laut Polizei regelmäßig bis zu 100 Personen nicht immer friedlich.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:30 Uhr

137 Jugendliche wurden am Freitagabend von der Polizei teilweise drei Stunden lang am Heizkraftwerk im Alten Hafen festgehalten. In einer abgesperrten Ecke auf dem Podest der Hafentreppe mussten die 13- bis 24-Jährigen warten, bis sie einzeln von Polizisten vernommen wurden. Bei drei der Jugendlichen wurden Drogen entdeckt. 

"Jugendschutzkontrollen" nennt die Polizei den Einsatz. "Es hat Beschwerden von Anwohnern wegen Müll und Lärm auf der Hafentreppe gegeben", sagt Polizeisprecher Steffen Hein auf Nachfrage. Denn im täglichen Polizeibericht, der an die Presse geht, wurde die Aktion nicht erwähnt. Diese Redaktion erfuhr von beteiligten Jugendlichen davon.      

"Das neue Polizeiaufgabengesetzt gibt der Polizei hier mehr Befugnisse." 
Rechtsanwalt Markus Schüll 

"Wir wurden aufgefordert, uns mit dem Gesicht an die Wand zu stellen", erzählt ein 17-Jähriger, dessen Name der Redaktion bekannt ist. "Nach drei Stunden Warten in der Kälte wurde ich zu einem Streifenwagen gebracht und musste meinen Personalausweis abgeben." Dann habe er seine Taschen ausleeren und einen Alkotest machen müssen und sei abgetastet worden. Drei weitere Schüler bestätigen diesen Ablauf.

Auch alle anderen Anwesenden seien so durchsucht worden. "Das konnte ich gut beobachten," sagt ein 18-Jähriger. Dagegen erklärt die Polizei, dass sie zwar bei jeder Person Identität und Alter festgestellt habe, Durchsuchungen und Atem-Alkoholtests seien aber nur "anlassbezogen" erfolgt.  "Bei 97 Personen wurden Atem-Alkoholisierungen festgestellt," berichtet Polizeisprecher Hein.

Seitdem Alkoholgenuss 2016 an der Leonhard-Frank-Promenade verboten wurde,ist die Hafentreppe neuer Treffpunkt von Jugendlichen. Vor allem im Sommer ärgerten sich Anwohner über Müll und Lärm. Laut Polizei sind hier in jüngster Zeit auch Straftaten wie Drogenhandel, Raub und Körperverletzungen vorgefallen. Eine Kontrollaktion gab es bereits im Februar.

"Wenn hier öfter Straftaten stattfinden, kann die Polizei sich darauf stützen, dass dies ein gefährlicher Ort – wie beispielsweise auch der Bahnhof – ist, an dem sie Personen, die sich hier aufhalten, festhalten kann, um ihre Identität festzustellen", erklärt der Würzburger Strafverteidiger Markus Schüll.  Aber einfach weil Jugendliche in der Nähe der Treppe vorbei laufen, dürften sie nicht festgehalten werden.

Denn vier Jugendliche waren nach ihren Aussagen nicht auf der Treppe. "Wir liefen so um 20.40 Uhr am Cinemaxx vorbei, als uns Polizisten mitnahmen", erzählt eine 16-Jährige, die mit ihrer Freundin zur Oberstufenparty in der Discothek "Das Boot" wollte, aber dann bis 23.30 Uhr von der Polizei am Heizkraftwerk festgehalten wurde. Auch ein 17-Jähriger berichtet, er sei mit vier Freunden am Cinemaxx "abgefangen und mit rund 30 anderen in Richtung Treppe getrieben worden".  

Auch durchsuchen darf die Polizei nicht ohne weiteres. "Dafür muss sich die Person an einem gefährlichen Ort aufhalten, es muss eine drohende Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut gegeben sein oder eine konkrete Gefahr vorliegen. Der Grund, weshalb die Jugendlichen festgehalten worden sind, muss ihnen auch mitgeteilt werden," sagt Rechtsanwalt Schüll. Die Polizei müsse bei jedem Betroffenen begründen können, warum die Durchsuchung eine notwendige Maßnahme zur Prävention oder zur Strafverfolgung ist. "Allerdings gibt das neuebayerische Polizeiaufgabengesetzden Ordnungshütern hier mehr Befugnisse."     

"Wir haben mehrmals gefragt, warum ich so lange festgehalten werde", berichtet ein Schüler. Eine Antwort habe er nicht bekommen. Dafür haben er und alle seine Freunde am Ende einen Platzverweis bekommen. Laut Polizei sei dieser gegen alle "erkennbar betrunkenen Personen" ausgesprochen worden. "Das war ich sicher nicht", sagt der Gymnasiast.

Zum Pinkeln an den Main gebracht

Er berichtet noch ein Detail: "Als ich auf Toilette musste, wurde ich von Polizisten zum Rand der Treppe gebracht, um unter Aufsicht in den Main zu pinkeln." Das ist eigentlich eine Ordnungswidrigkeit, die laut städtischer Satzung mit einem Bußgeld belegt wird.        

Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes der Stadt Würzburg waren am Freitagabend sogar vor Ort. Sie sollten Verstöße gegen das Stadtrecht ahnden. Doch passiert ist das laut Rathaussprecherin Claudia Lother nicht. Mitarbeiter des Jugendamtes haben sich darum gekümmert, dass unter 16-Jährige möglichst rasch den Platz verlassen konnten. Zu Details der Aktion will sich die Stadt aber nicht äußern. "Die Einsatzleitung oblag ja der Polizei", begründet das die Rathaussprecherin.      

Das Ergebnis der Razzia, bei der neben den Einsatzkräften der Polizeiinspektion Würzburg eine geschlossene Einheit der Bereitschaftspolizei, ein Boot der Wasserschutzpolizei und ein Rauschgifthund im Einsatz waren, sind laut Polizei: drei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und drei alkoholisierte Minderjährige, die ihren Eltern übergeben wurden. 

 
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  • H. S.
    Frage an den besorgen Eltern: wo hätten die kleinen Prinzen ihren Wiss gemacht, wenn die Polizei nicht gekommen wäre? Ist es plötzlich kälter, nur weil die Polizei mal kontrolliert? Lachhaft das ganze Getue.....es schadet der Jugend rein gar nichts, wenn sie mal gezeigt bekommt, wo der Spaß ein Ende hat!
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  • T. B.
    Das linke Lager in Deutschland behauptet seine Diskurshoheit über Jahrzehnte nur dadurch, in dem es die Grenzen des Diskurses festlegt und jeden brandmarkt, der diesen Meinungskorridor verlässt. In zahlreichen Kommentaren taucht er auf, der kleine Seitenhieb, der einem die Richtung nach rechts suggeriert. Netiquette spielt in diesem Fall dann auch keine Rolle bei den Verantwortlichen, weil man sich offenbar mit diesen Beschuldigungen gut identifizieren kann. Selbsternannte Justizopfer und Linke sehen schon den Polizeistaat vor dem sie schon vor Jahren gewarnt haben. Aber am 1. Mai, wenn dieses Klientel zum jährlichen Bullenklatschen aufruft, werden wir von diesen Zeitgenossen nichts hören, denn dann fühlen sie sich in ihrem Element, nämlich diesem Land Schaden zuzufügen.
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  • O. E.
    Bitte keine Verallgemeinerungen.
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  • E. F.
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    Die rabiate Polizeiaktion bitte in den Kalender für den 26. Mai (Europawahl) eintragen. War ja nur aufgrund des neuen CSU-Polizei-Aufgabengesetzes möglich.
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    Denkaufgabe für angesoffene Deutschhausgymnasiasten:
    Wie können auf Grund permanenter,illegaler Urinablagerungen im Main seltene, den Naturschützern an Herz gewachsene Fische ,den Jordan hinunter gehen???
    Im Notfall googeln!!
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  • M. D.
    Meines Erachtens besteht hier der Verdacht auf Freiheitsberaubung im Amt. Die Staatsanwaltschaft Würzburg müsste daher von Amts ein Ermittlungsverfahren einleiten.

    Wieso sonst wurde dieser personalintensive "Einsatz" denn so schamhaft verschwiegen, wo doch in Wü sonst jeder Falschparkereinsatz mit großem Popanz im Pressebericht erscheint? Scham wäre zumindest ein Fortschritt und Zeichen dafür, dass man sich noch nicht gänzlich von der Lebenswirklichkeit verabschiedet hat.

    Sehr zum Lachen ist allerdings, dass es immer noch Menschen gibt, die ernsthaft auch heute noch glauben, mit so etwas verdiene man sich "Respekt".....
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  • T. B.
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  • E. V.
    Sehr merkwürdiges Vorgehen der Polizei. Hat denn keiner der Jugendlichen die Eltern per Handy alarmiert, dass sie hier ewig von der Polizei festgehalten werden bzw. wenn das vorkam, inwiefern wie haben diese reagiert, kamen welche vorbei und konfrontierten die Polizisten? So wie es im Bericht geschildert wird, wurde hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Dass der erste Kommentar so viele Likes hat, ist nicht nur gruselig sonder zeugt nicht gerade von Lesekompetenz der Leserschaft. Und was sollen immer diese Sprüche vonwegen "linksgrün"?
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  • M. D.
    Wenn die Jugendlichen "aufgefordert" wurden, sich "mit dem Gesicht an die Wand zu stellen", wie der Bericht widergibt, kann man davon ausgehen, dass das erste, was die Polizei unterbindet, die Handynutzung ist.

    Ansonsten haben Sie völlig recht, denke aber das Problem ist nicht nur mangelnde "Lesekompetenz"....
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  • M. D.
    In der Sanderstraße wohnt auch ein Psychiater. Vielleicht sollten Sie mit dem sprechen.
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    Zum Vollsaufen konnte sich unsere,ach so beschützenswerte Jugend,auch in dieser „sibirischen“ Kälte im Freien aufhalten! Mutti hat ihnen dann zu Hause sicherlich einen heißen Tee gekocht und eine lange Unterhose übergezogen,damit niemand krank wird und am kommenden Freitag wieder für das Klima demonstrieren kann.
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  • C. B.
    Und das alles unter weiterer Aufsicht des Ordnungsamtes und es Jugendamts. Der Jugendliche pinkelt in den Main und die Polizei wird noch dabei unterstützt. Bananenrepublik.....
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  • C. B.
    Genau dass was die CSU wollte. Ein Polizei Staat und die Einschränkung der Rechte von den Menschen.
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  • A. S.
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  • T. B.
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  • W. K.
    Vielleicht hat die Bereitschaftspolizei einen Übungseinsatz gebraucht? Da sind wohl einfach zu handelnde Jugendliche gerade recht. Wenn die Beamten erst noch lernen müssen, dauerts halt etwas länger.
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  • J. L.
    Das entspricht meiner Wahrnehmung der deutschen Polizei: man missbraucht solche Gesetze und Regelungen um bei kleinen Fischen die ganze Härte zu zeigen.

    Diejenigen für die solche Gesetze ursprünglich gedacht waren geht man wegen geringer Erfolgsaussichten, der zu erwartenden Arbeitsbelastung und der damit verbundenen Gefahr für die Beamten lieber erst gar nicht an.

    Zu Schülerzeiten gab‘s dafür zwei kurze f-Wörter: feige und faul.
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