Eine Frau, die einen Mann schlägt. Für viele Menschen ist dieses Szenario noch immer undenkbar, gelten Frauen doch allgemein als weniger aggressiv und gewaltbereit als Männer. Doch auch immer mehr Männer werden in Partnerschaften misshandelt. Die Gründe, warum sie sich das trotz meist körperlicher Überlegenheit gefallen lassen, sind vielseitig, weiß Philipp Schmuck. Er leitet die Beratungsstelle Häusliche Gewalt gegen Männer – eine Anlaufstelle für Betroffene in Nordbayern. Auch Männern in Würzburg steht er mit Rat und Tat zur Seite.
18,7 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt sind Männer
"Es gibt nichts, was nicht vorkommt", antwortet Philipp Schmuck auf die Frage, welche Art von häuslicher Gewalt Männer erleben - von Schlägen mit der Hand, über Schläge mit Gegenständen, bis hin zu lebensgefährlichen Verletzungen. Aber auch die psychische Gewalt spiele eine große Rolle, sagt er. "Jemanden erpressen, jemanden unterdrücken, klein halten, Kontakte zu Freunden verbieten, das Handy kontrollieren, das gehört alles dazu." Schmuck ist gelernter Sozialpädagoge und beschäftigt sich seit seinem Studium der Sozialen Arbeit mit geschlechterspezifischen Fragen. Seit mehreren Jahren arbeitet er beim Institut für Soziale und Kulturelle Arbeiet (ISKA) in Nürnberg und seit Ende 2019 leitet er die Beratungsstelle Häusliche Gewalt gegen Männer.
- Lesen Sie auch: Häusliche Gewalt: Wie die Polizei seit 20 Jahren Opfern hilft
- Lesen Sie auch: Häusliche Gewalt: Neues Frauenhaus im Landkreis Würzburg geplant
Ein Blick in die deutschlandweite Kriminalstatistik zeigt, dass 18,7 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt Männer sind. Doch die Dunkelziffer ist enorm, weiß Schmuck. "Das Ganze ist ein so schambehaftetes Thema, dass sich die Männer schämen oder nicht trauen, laut zu werden." Männern falle es generell schwer, zuzugeben, dass es ihnen nicht gut geht und dass sie Unterstützung brauchen. Deshalb sei es umso wichtiger, auf dieses sensible Thema aufmerksam zu machen.
Beratung abhängig von Bedürfnissen
Mit Unterstützung und Gesprächen kann die Beratungsstelle hier erste Hilfe leisten. Dabei gehe es nicht um eine klassische Traumatherapie, wie Schmuck sagt. Vielmehr gehe es darum, betroffenen Männern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind, dass sie jemanden haben, der ihnen zuhört und ihnen verschiedene Handlungsmöglichkeiten aufzeigt. Dabei läuft eine Beratung ganz unterschiedlich ab. "Das hängt von den Bedürfnissen des Mannes ab", so der Sozialpädagoge. "Manchmal erarbeiten wir gemeinsam erstmal eine Krisenintervention, um zu schauen, wie man möglichst schnell reagieren kann, damit die Gewalt gestoppt wird."
Dabei werde gegebenenfalls die Polizei hinzugerufen, gelegentlich aber auch gemeinsam ein Antrag beim Familiengericht zum Kontaktverbot gestellt. Die Beratungsstelle bietet Information und Orientierung, sie berät und begleitet die Männer bei Bedarf auch über einen längeren Zeitraum. "Letztendlich ist es eine Entscheidung der Männer, was sie brauchen und wie sie unterstützt werden", erzählt Schmuck. Manchmal helfe auch schon ein einziges Gespräch, dies könne auch anonym ablaufen. "Die Schwelle für Männer ist ohnehin sehr hoch und wir versuchen diese Schwelle so gering wie möglich zu halten."
Das Projekt wird vom Staatsministerium für Soziales gefördert, somit ist die Beratung kostenlos. Derzeit findet in Würzburg jeden letzten Donnerstag im Monat von 14 bis 19 Uhr Beratung statt. Diese kann nur nach einer Terminabsprache statt finden. Jeder Mann kann sich aber auch gerne per Mail an Philipp Schmuck wenden oder auf den Anrufbeantworter sprechen, er werde sich dann umgehend melden. Per Mail ist die Beratungsstelle unter bhgm@iska-nuernberg.de zu erreichen. Telefonisch unter 0911 27 29 98 20, im Internet unter www.iska-nuernberg.de/bhgm.