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Würzburg
Häusliche Gewalt: Neues Frauenhaus im Landkreis Würzburg geplant
Es gibt zu wenige Schutzplätze für Frauen, denen in der Partnerschaft Gewalt angetan wird. Dem will das Würzburger Landratsamt entgegen wirken und plant ein neues Frauenhaus.
Mehr Schutzräume für Frauen in Not: Der Landkreis Würzburg setzt sich dafür ein.
Foto: Peter Steffen | Mehr Schutzräume für Frauen in Not: Der Landkreis Würzburg setzt sich dafür ein.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:16 Uhr

Wenn Frauen häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, brauchen sie schnelle Hilfe. In Frauenhäusern finden sie Schutz, ihr Aufenthaltsort wird geheim gehalten und sie können hier erst einmal durchatmen. Gemeinsam mit  Mitarbeiterinnen des Frauenhauses – darunter Sozialarbeiterinnen und Psychologen und Erzieherinnen – kann dann das weitere Vorgehen geplant werden.

"Verbale oder körperliche Gewalt ist für viele Frauen in Deutschland alltäglich", erklärt die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Würzburg, Carmen Schiller, bei einem Pressetermin im Landratsamt. Tatort sei meist der eigene Wohnort, Täter oft der aktuelle oder der frühere Partner der Frauen. Besonders mit Kindern sei die Angst, der Situation zu entfliehen, groß. Und:"Leider gibt es generell zu wenige Plätze in den Frauenhäusern, oft kommen die Frauen dann weit weg der Heimat unter." 

Landrat: Politik und Staat müssten mehr Verantwortung übernehmen

Diesem Defizit an Schutzraum für Frauen will der Landkreis Würzburg nun entgegen wirken und plant ein Frauenhaus mit ingesamt acht Plätzen. Das heißt: Für acht Frauen plus deren Kinder. Landrat Eberhard Nuß liegt das Thema am Herzen, "die Zahlen der letzten Jahre zeigen, dass die vorhandenen Plätze vor allem für in Not geratene Frauen mit Kindern nicht ausreichend sind". Die Statistik ist erschreckend: Etwa jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Hand ihres Partners. "Und das in Deutschland im Jahr 2020. Da müssen Politik und Staat mehr Verantwortung übernehmen", so die Meinung des Landrats.

Neues Frauenhaus für den Landkreis: Pressegespräch in Zeiten von Corona (v.l.): Landrat Eberhard Nuß, Carmen Schiller, Reporterin Katja Glatzer, Domkapitular Clemens Bieber und Bernhard Wallrapp, Leiter der Stabsstelle Landrat. 
Foto: Landratsamt | Neues Frauenhaus für den Landkreis: Pressegespräch in Zeiten von Corona (v.l.): Landrat Eberhard Nuß, Carmen Schiller, Reporterin Katja Glatzer, Domkapitular Clemens Bieber und Bernhard Wallrapp, Leiter der ...

In Unterfranken gibt es derzeit insgesamt vier Frauenhäuser mit 35 Schutzplätzen für Frauen und 41 Plätzen für Kinder. In Würzburg stehen zwei dieser Frauenhäuser, in denen insgesamt 24 Schutzplätze für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder zur Verfügung stehen. Träger sind der dem Caritasverband angehörige Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Würzburg (SKF) und der Bezirksverband der Arbeiterwohlfahrt. "Sie machen eine hervorragende Arbeit", lobte Nuß. Wichtig sei ihm: Das neue Frauenhaus auf dem Land solle keinesfalls Konkurrenz schaffen, "sondern ein Angebot 'on top' sein". Man wolle die Erfahrungen der Einrichtungen nutzen und mit ihnen zusammenarbeiten. Wie diese Redaktion erfuhr, sei geplant, dass SKF – in Abstimmung mit der AWO – die Trägerschaft des neu geplanten Frauenhauses übernehmen soll.

"Häusliche Gewalt ist kein eingewandertes Problem. Mehr als zwei Drittel aller Tatverdächtigen sind Deutsche."
Würzburgs Landrat Eberhard Nuß

Clemens Bieber, der sowohl in seiner Rolle als Domkapitular als auch als Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg zum Pressegespräch gekommen war, zeigte sich begeistert, dass das Landratsamt diesen Weg geht. Es sei wichtig, die Schutzräume für Frauen in der Region zu erweitern. Gleichzeitig apellierte er an die Bürger in Stadt und Landkreis, aufmerksam zu sein und nicht wegzuschauen, wenn ihnen etwas in der Nachbarschaft auffalle.

Wichtig, so der Landrat, sei auch, darauf hinzuweisen, dass Gewalt entgegen einer doch vielfach verbreiteten Meinung kein "eingewandertes Problem" sei: "Mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen in Fällen häuslicher Gewalt sind Deutsche."

Ein Ort für das Frauenhaus im Landkreis sei bereits ins Auge gefasst, heißt es. Schon im Oktober 2018 habe er gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten den Fraktionsvorsitzenden das Thema nahe gebracht, erklärt Nuß. Er sei auf Zustimmung gestoßen, vor Kurzem habe er das Thema dann im Kreistag vorgestellt. Auch bei einem Gespräch mit Verantwortlichen des Polizeipräsidiums Unterfranken hätten diese die Notwendigkeit und den Bedarf von weiteren Schutzplätzen hervorgehoben "und es als großen Vorteil dargestellt, wenn die Betroffenen auch in der Region untergebracht werden könnten".

Appartements für Frauen mit Kindern

Die konkrete Idee ist es, acht Appartments entstehen zu lassen, wo jeweils eine Frau mit Kindern unter 18 Jahren einzieht, egal welchen Geschlechts. Bisher nämlich hatten es Jungen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren eher schwer, in Frauenhäusern aufgenommen zu werden, weiß Schiller, die viele Jahre in einem Frauenhaus gearbeitet hat. "Das Leben in Frauenhäusern entspricht oft einer großen WG unter Frauen, die sich Zimmer und Nasszellen teilen", beschreibt sie. In diesem geschützten Raum gebe es für Jungs in der Pubertät kaum einen geeigneten Platz. Dies sei auch bundesweit immer noch der Regelfall. Nur ganz selten gebe es eigene Wohnungen für Frauen mit Söhnen in diesem Alter. Die Folge: Viele Mütter wagen die Flucht ohne eines ihrer Kinder nicht, so Schiller.

Persönlich kenne sie den Fall einer Mutter, die zwei kleinere Söhne ins Frauenhaus mitnehmen durfte, den älteren aber nicht. "Er kam für längere Zeit in ein Kinderheim, das war eine harte Zeit für Mutter und Sohn. Solch eine Situation kann zusätzliche Traumata auslösen in einer sowieso schon schwierigen Situation."

Finanzielle Unterstützung vom Bund

Was die finanziellen Planungen für das neue Frauenhaus angeht, rennt das Landratsamt offene Türen des Bundes ein. Denn auch seitens der Bundesregierung wurde die Notwendigkeit weiterer Schutzplätze für Frauen erkannt. Der Bund stellt für diesen Bedarf laut Nuß insgesamt weitere 120 Millionen Euro zur Verfügung. "90 Prozent der förderfähigen Kosten könnten in unserem Fall vom Bund übernommen werden", so der Landrat.

Die Idee eines Frauenhauses im ländlichen Gebiet werde vom Bundesministerium absolut begrüßt, sagte Daniela Behrens, Leiterin der Gleichstellungsstelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bei einem Besuch im Januar. Auch Bundesministerin Franziska Giffey äußerte sich: "Jede Frau muss in einer Notsituation schnelle Hilfe und Unterstützung bekommen. Der Landkreis Würzburg nimmt diese Aufgabe an. Das ist vorbildlich und unterstützenswert." Mit dem Bundesinvestitionsprogramm "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" wolle man Kommunen bei der Schaffung von Hilfestrukturen für Frauen unterstützen.

Jetzt heißt es dran bleiben. Im Kreishaushalt für dieses und für nächstes Jahr sind laut Nuß schonmal Mittel in Höhe von insgesamt einer Million Euro eingeplant.

Hilfe bei Häuslicher Gewalt: Auch in Corona-Zeiten bietet das Frauenhaus der AWO telefonische Sprechzeiten, montags- bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr und freitags von 10 bis 14 Uhr unter der Rufnummer (0931) 61 98 10. Das Frauenhaus im SkF e.V. Würzburg ist erreichbar von Montag bis Donnerstag 10 bis 16 Uhr und freitags bis 14 Uhr unter (0931) 45 007 77. Das Nottelefon "Gewalt gegen Frauen" ist unter der Rufnummer (0800) 011 60 16 durchgängig erreichbar.

 
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    Ergänzung: Auch das Frauenhaus im SkF e.V. Würzburg ist weiterhin telefonisch erreichbar von Mo-Do. von 10:00-16.00 Uhr und Freitag von 10:00-14:00 Uhr, außerhalb dieser Zeiten können betroffene Frauen von der Rufbereitschaft beraten werden.
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