
Wenn Brigitte Hörber – von ihren Kunden liebevoll Gitti genannt – erzählt, lauscht man ihr gebannt. Schon als Kind habe sie Friseurin werden wollen, sagt sie, mit 14 hatte sie den Ausbildungsvertrag in der Tasche. Sie arbeitete in mehreren Würzburger Friseursalons, machte 1972 ihren Meister und eröffnete 1984 ihren eigenen Salon "Gittis Friseurlädchen" in Unterdürrbach – im Elternhaus ihres Mannes. Der Friseurberuf ist ihre große Leidenschaft, "wenn ich heute noch einmal wählen müsste, ich würde es genau so wieder tun".
Nun – mit 72 Jahren – steht sie wenige Tage vor dem Ruhestand und sieht diesem wehmütig entgegen. "Meine zwei Damen Angie und Gertrud, die mich seit langem begleiten, und ich haben beschlossen, dass es an der Zeit ist, aufzuhören." Gertrud, erklärt Hörber, sei schon von der ersten Stunde an mit im Boot gewesen.
Eigentlich wollte Hörber schon im Dezember ihr Geschäft aufgeben, "doch dann kam der Corona- Lockdown und machte einen Strich durch die Rechnung". Denn von heute auf morgen nach fast 50 Jahren Berufsleben aufhören, ohne sich von den Kunden zu verabschieden – nein, das ist nicht Brigitte Hörbers Ding: "Ich habe so viele liebe Stammkunden. Das wollte ich ihnen und mir nicht antun." Ihren Abschied wollte sie nicht von einem Coronavirus bestimmen lassen. Also öffnete sie Anfang März, "als man dann wieder durfte", ihre Pforten erneut, und bedient nun gemeinsam mit ihren Friseurinnen die Kunden bis zum Gründonnerstag.
Hochsteckfrisuren und komplizierte Zöpfe

Waschen. Schneiden. Föhnen. Legen. Brigitte Hörber liebt ihr Alltagsgeschäft, doch ganz besonders liebt sie Hochsteckfrisuren und komplizierte Haar-Flechtungen. Unzähligen Frauen hat sie die Haare wunderschön geflochten und nach oben gesteckt, vor allem ihre Brautfrisuren waren der Renner. Eine Kundin begleitete Hörber sogar nach London zu deren Hochzeit und machte ihr dort die Brautfrisur. Ein unvergessliches Erlebnis, wie die 72-Jährige beschreibt.
Die Nähe zu den Kunden, die sozialen Kontakte, habe sie immer gemocht. "Es haben sich viele, auch persönliche Gespräche ergeben, und es sind gute Freundschaften entstanden." Schließlich säßen gerade Frauen, wenn es ums Haarefärben oder Strähnchenmachen geht, auch gerne mal zwei Stunden beim Friseur.
So habe sie oft auch die private und berufliche Entwicklung ihrer Kunden mitbekommen. "Oft wurden die Kinder meiner Kunden dann auch Kunden, so dass ich mehrere Generationen begleitet habe", sagt sie. Der am weitesten angereiste Kunde sei nach seinem Umzug nach Regensburg immer wieder zu ihr gekommen, um sich die Haare schneiden zu lassen.

Einer ihrer prominentesten Kunden war der Würzburger Bauchredner und Comedian Sebastian Reich, bekannt durch seine Auftritte mit Nilpferddame Amanda. Schon seine Mutter habe sich immer bei ihr die Haare schneiden lassen, später auch er. Hörber, die selbst Theater spielte, war es auch, die den damals 17-Jährigen in die Theatergruppe am Hofgarten brachte. "Damals hat er viel gezaubert und sein Talent eingebracht", erinnert sie sich.
Dauerwelle ist out
Doch, was hat sich eigentlich in fünf Jahrzehnten in puncto Frisur getan? "Nicht so viel wie man vielleicht glaubt, denn viele Frisuren kommen auch nach Jahren wieder oder sind in einer ähnlichen Variante gleichbleibend modern." Nur die Dauerwelle sei nicht mehr so gefragt wie beispielsweise in den 80ern. Heute fokussiere man sich mehr auf Farbe und Strähnen.
Nicht nur ihrem Berufsleben ist die heute 72-Jährige stets treu geblieben, auch der Mann an ihrer Seite begleitet sie seit 52 Jahren. Zwei Mädchen hat das Paar bekommen, "keine wollte Friseurin werden". Das habe sie aber auch nie forciert, wollte den Töchtern freie Hand für die Berufswahl lassen.
An die Anfangszeit mit ihrem Mann erinnert sich die gebürtige Hätzfelderin besonders gerne, da sei er mit der Bundeswehr am Bodensee stationiert gewesen. "Ich habe mir eine Auszeit genommen, bin zu ihm gezogen und habe sofort einen Job in einem Salon gefunden." Im Endeffekt sei sie sogar länger dort geblieben als ihr Mann, erzählt sie lachend.

Nett auch die Geschichte, als es noch erlaubt war, im Salon zu rauchen. "Es stank einfach fürchterlich und störte mich sehr, zumal mein Mann und ich schon immer Nichtraucher waren." Da habe sie im Spanienurlaub bei einem Friseur gesehen, dass die Mitarbeiter und Kunden nur draußen rauchen durften und ein großes Verbotsschild im Salon hing. Kaum zuhause angekommen, habe sie das auch in ihrem Salon umgesetzt. "Damit waren wir im Prinzip Vorreiter, was den rauchfreien Friseursalon angeht." Auch viele Kunden hätten es ihr gedankt.
Perücken für den neuen Look
Ihr Motto "Immer gut gestylt" setzt die 72-Jährige auch für sich um. So hat sie beispielsweise zwei richtig tolle Perücken zuhause, die, einmal angezogen, nicht erahnen lassen, dass es sich nicht ums eigene Haar handelt. "So kann man sich perfekt aushelfen, wenn es von jetzt auf gleich mal ein anderer Look sein soll." Gerade momentan, wo die Friseurmeisterin nach einem Unfall mit einem kaputten Schultergelenk Probleme hat, sei dies viel wert. Auch Kunden habe sie bei Bedarf dahingehend beraten.
Wo sie auch steht und geht, Brigitte Hörber hat ihre Schere immer griffbereit in der Tasche, zum Haareschneiden allzeit bereit. "Das hat mich mein Leben lang begleitet und egal in welchem Urlaub, irgendwelche Haare habe ich immer geschnitten." Auch ehrenamtlich hat sie sich im Hospiz engagiert. Und Praxis-Seminare an der Berufsschule gegeben. Was sie tatsächlich nie gemacht hat, ist, "den Kunden zu einer Frisur zu überreden, die er nicht wollte". Umgekehrt habe sie aber ehrlich gesagt, wenn eine Wunschfrisur aus dem Katalog bei der entsprechenden Person nicht so umzusetzen war.
Auch in Zukunft will sie – sollte es die derzeit verletzte Schulter erlauben – weiter mit der Schere tätig sein, "wahrscheinlich ehrenamtlich", aber natürlich auch innerhalb der Familie. Energie hat die quirlige Frau genügend, "und wäre das nicht mit meiner Schulter gekommen, vielleicht hätte ich den Salon noch eine Weile allein weitergeführt". Ihr großer Dank geht an ihre Mitarbeiterinnen und "an meinen Mann Walter, der immer da ist und alles mitträgt".
