An diesem Donnerstag berät der Bundestag über die Grundsteuerreform. Noch in diesem Jahr soll sie, wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt, in Kraft treten – Bayern will dabei allerdings einen Sonderweg gehen (s. Infokasten). Klaus Büttner aus Lohr (Lkr. Main-Spessart) ist Vorsitzender des Verbands Wohneigentum Unterfranken, der über 12 000 Eigenheimer vertritt. Gleichzeitig ist der SPD-Politiker Bürgermeister in Niederdorfelden, einem 4000-Seelen-Ort nördlich von Frankfurt. Wie denkt er über die Reformpläne und die möglichen Unterschiede zwischen den Bundesländern?
Frage: Wie ist das Thema Grundsteuer bei Ihnen im Verband diskutiert worden?
Klaus Büttner: Wir wollten vor allem, dass die Reform keine Erhöhung beinhaltet. Beim Gesetzentwurf von Finanzminister Olaf Scholz, der die Immobilienwerte nach einer Neubewertung als Grundlage vorsieht, wäre das wohl vielerorts passiert. Die bayerische Lösung, die sich nach der Grundstücksfläche orientiert, ist besser und leichter zu handhaben.
Sie sitzen durch ihre Funktionen zwischen den Stühlen: Verbandschef in Bayern, Bürgermeister in Hessen. Stört Sie der Wettbewerb zwischen den Bundesländern?
Büttner: Zunächst einmal sehe ich das positiv: Wenn die Bayern vorauspreschen, sollen sich die Hessen eben daran messen lassen. Und der Wettbewerb beginnt doch schon viel früher, zum Beispiel bei der Grunderwerbssteuer. In Bayern liegt da der Prozentsatz bei 3,5 Prozent, in Hessen schon bei sechs Prozent. Wenn jemand in Frankfurt arbeitet und sich statt in Hanau in Alzenau (Lkr. Aschaffenburg) ein Grundstück kauft, spart er viel Geld. Und bei der Grundsteuer kann es selbst innerhalb eines Landes zu Wettbewerb kommen, weil die Kommunen durch die Hebesätze einiges beeinflussen können.
Dass ein SPD-Politiker zufrieden mit einer CSU-Idee ist, ist selten.
Büttner: Ich bin da pragmatisch, nicht politisch. Man ist gerade auf kommunaler Ebene gut beraten, nicht ein Fahnentüchlein zu schwenken. Wichtig ist das Ergebnis.
Kritiker meinten allerdings, wenn die Grundstücksgröße Grundlage der Steuer ist, dann zahlt möglicherweise ein reicher Villenbesitzer mit kleinerem Grundstück im Münchner Umland weniger als ein Otto-Normal-Verbraucher mit etwas größerem Grundstück in der Rhön. Ist das gerecht?
Büttner: Das können die Gemeinden ja auch über die Hebesatzregelung beeinflussen. Und das müssen sie auch tun. In der Rhön wird der Hebesatz ein ganz anderer sein als am Starnberger See zum Beispiel. Letztlich zieht auch niemand in die Rhön, weil es dort billiger ist. Was da zählt sind Arbeitsplätze, Infrastruktur und der ÖPNV. Wenn das nicht stimmt, bluten solche Regionen aus. Das betrifft die bayerische Rhön genauso wie die hessische. Da sind die Landesregierungen in der Pflicht. Nehmen sie nur die jahrelangen Diskussionen um schnelles Internet. Egal ob in Lohr, Mittel- oder Obersinn auf bayerischer Seite, oder in Bad Orb oder Jossa in Hessen: Da gibt es noch immer so gut wie keinen Handyempfang. Da tut sich nichts.
Noch einmal zum Scholz-Entwurf: Der Finanzminister will, dass die Kommunen über die lokalen Hebesätze die steigenden Richtwerte für Boden, Häuser und Wohnungen wieder ausgleichen. Als er in Berlin vor Immobilienbesitzern um Vertrauen für die Lokalpolitiker warb, soll es laut Medienberichten zu Gelächter gekommen sein.
Büttner: Zurecht! Nehmen Sie die Stadt Offenbach: Die hat dieses Jahr ihren Grundsteuer-Hebesatz verdoppelt. Dagegen hat der Verband Wohneigentum Hessen Klage eingereicht. Für eine Kommune sind Gewerbe- und Grundsteuer eben existenziell. Ohne die könnten wir zusperren. Vom Land kommt zu wenig unten an, jedenfalls in Hessen. Das ist in Bayern besser. Bei der Gewerbesteuer stehen wir in einem harten Wettbewerb, erhöht man aber die Grundsteuer kommen die Menschen trotzdem, wenn Infrastruktur und alles andere passen.
Zuletzt wurden mehrere Themen diskutiert, die Ihre Verbandsmitglieder betreffen. Neben der Grundsteuer die Straßenausbaubeiträge (Strabs) und die Straßenerschließungen (Strebs). Wie ist die Stimmung derzeit im Verband?
Büttner: Es wurden zumindest auf bayerischer Seite riesige Fortschritte gemacht. Es gibt aber noch mehr Dinge, die angegangen werden müssen. Wenn etwa irgendwo eine Kläranlage saniert wird, sind die Bürger immer noch mit dran. Auch in Bayern. Ich hatte schon Fälle, wo Mitglieder zu mir kamen, die erzählten, bei ihnen wurde die Kläranlage saniert und mussten jetzt 12 000 Euro bezahlen. Oder nehmen Sie die Strebs. In Lohr soll eine Straße nach 30 Jahren erschlossen werden. Die Stadt könnte nach der neuesten bayerischen Regelung darauf verzichten, tut das aber nicht. Jetzt müssen manche Anwohner 20 000, 30 000 oder 40 000 Euro zahlen.
Beschäftigen Sie auch die steigenden Grundstückspreise?
Büttner: Sicher. Wenn man sich im Speckgürtel von Würzburg umsieht, weiß man, was auf dem Markt los ist. Wie in vielen Vereinen und Verbänden, steigt auch bei uns das Alter unserer Mitglieder. Wenn man es ernst meint, dass auch junge Familien noch bauen können, müssen die explodierenden Preise angegangen werden. Das ist Sache des Landes oder des Bundes. Die Kommunen freuen sich zwar vorübergehend, wenn sie die Grundstücke teuer verkaufen können. Aber langfristig müssen die Käufer sie auch halten können. Wir hatten schon lange keine Wirtschaftskrise mehr. Wenn die nächste kommt, wird es für einige vielleicht schwierig, ihre Häuschen zu halten. Die Verschuldung ist ja relativ hoch.
Im genannten Beispiel zahlt der Villenbesitzer vielleicht dank Hebesatz mehr. Aber er zahlt nicht mehr als z.B. der Erbe eines gleich großen halb verfallenen Hofes in der gleichen Gemeinde. Und wer auf einem kleineren Grundstück zwei Mietshäuser baut, zahlt weniger. Und wenn ich es richtig verstehe, soll der Eigentümer eines unbebauten Grundstückes gleich viel Zahlen wie der eines bebauten.