Ihr Anspruch lautet so: "Wir möchten das Erbe der Väter in mindestens demselben Zustand an die nachkommenden Generationen weitergeben." Zu diesem Leitsatz der Ethos-Gruppe gehöre es, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Themen rund um den Weinbau zusammen zu bringen, sagt Markus Schmachtenberger aus Randersacker (Lkr. Würzburg).
Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe von zwölf vor allem jüngeren fränkischen Winzern und einer Winzerin. Gemeinsam haben sie auf 27 Seiten Leitlinien für ihren Weinbau entwickelt. Die reichen von Bodenpflege und Pflanzenschutz über Kellerwirtschaft, Verpackung und dem Alkoholgehalt bis hin zu sozialen Themen wie der Unterbringung von Erntehelfern.
Für den sozialen Ansatz: Höhere Standards für Saisonarbeitskräfte, Achtsamkeit für sich selbst
So würden sich Ethos-Winzer bei der Bezahlung und Unterbringung ihrer Saisonarbeitskräfte an höheren Standards orientieren, sagt Andreas Wenninger vom Weingut Felshof in Sommerhausen (Lkr. Würzburg). Saisonarbeitskräfte sollten so untergebracht werden, wie man selbst gerne wohnen möchte, sagt Winzer Florian Müller aus Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen). Zu den sozialen Themen bei Ethos gehöre aber auch, dass man selbst auf seine eigene Work-Life-Balance achte und sich Zeit für die Familie nehme, sagt Wenninger.
Für Natur und Umwelt: Der Weinberg soll grün sein
Den größten Stellenwert genießt auch bei den Ethos-Winzern der Weinberg, um den sich im Weinbau nun mal fast alles dreht. Ethos-Weinberge erkenne man am Grün, sagt Florian Müller, aktuell Geschäftsführer der Vereinigung. Die Mitglieder der Gruppe würden komplett auf Herbizide im Weinberg verzichten und stattdessen dort Lebensräume für heimische Tiere und Pflanzen schaffen. Dazu gehören laut Ethos-Richtlinie Nistmöglichkeiten, Sitzstangen für Greifvögel und Insektenhotels. Noch vor wenigen Jahren sei ein Winzer, der keine Unkrautvernichter verwende, mit seinem grünen Weinberg aufgefallen, sagt Müller. Heute falle in vielen fränkischen Weinorten eher der karge, mit Herbizid behandelte Weinberg auf.
Für ein umfassendes Konzept: Mehr als nur biologische Produktion
Warum braucht es dazu "Ethos"? Könnten die Winzer nicht einfach auf ökologischen Anbau umsteigen und sich zertifizieren lassen? Eine Frage, bei der die Ethos-Winzer regelrecht ins Schwärmen geraten. "Unser Konzept geht über die reine Trauben- und Weinerzeugung hinaus", sagt der Ethos-Geschäftsführer. Ob in Keller, Weingut oder Weinhotel, die Gruppe strebe eine möglichst klimaneutrale und wassersparende Produktion an. Die ersten Ethos-Weingüter würden inzwischen nahezu komplett klimaneutral wirtschaften, sagt Müller.
Da Ethos-Winzer auf Unkrautvernichter und vieles andere verzichten würden, sei die Umstellung auf eine komplett ökologische Produktion oft nur noch ein Schritt. Bei der Gründung der Gruppe 2015 sei gerade mal ein Betrieb biozertifiziert gewesen, heute seien es sechs der 13 Weingüter. Doch der ökologische Anbau sei nicht das primäre Ziel der Vereinigung, sagt Müller: "Besser gut konventionell als schlecht Bio.".
Für die Tradition: Wirtschaften in den Steillagen
"Es hat einen Grund, warum es Wein-Berg heißt und nicht Wein-Acker", steht in den Ethos-Leitlinien geschrieben. Die Steil- und Terrassenlagen gehören zu Franken wie der Main. Und so haben sich die Ethos-Winzer verpflichtet, nur auf Lagen mit mindestens zehn Prozent Gefälle anzubauen. Sie wollen vor allem die vorhandenen Anlagen an den Hängen pflegen und erhalten, statt einfacher und billiger in der Ebene zu produzieren. In manch extremer Lage stelle sich schon die Frage, ob eine zurückhaltend konventionelle Bearbeitung mit deutlich weniger Fahrten durch den Weinberg in der Gesamtbilanz nicht umweltfreundlicher sei, als eine konsequent ökologische Bewirtschaftung, sagt Müller, der in Hammelburg selbst ein ökozertifiziertes Weingut betreibt.
Für die Regionalität: Engagement über den eigenen Weinberg hinaus
Sie wollen als Winzer ihrer Region, ihrem Ort, etwas zurückgeben, sagt der Sommerhäuser Andreas Wenninger über das Engagement der Ethos-Gruppe. Dazu gehöre beispielsweise auch, mit den lokalen Vereinen die Kultur der Weinfeste am Leben zu erhalten. Und jeder Ethos-Winzer solle sich in Arbeitskreisen des Weinbauverbandes, in der Ausbildung junger Winzer oder als Prüfer engagieren. Um weite Transportwege zu vermeiden, würden sie regionale Lieferanten und Händler bevorzugen, sagen die Ethos-Winzer. Beim Einkauf achte man auf die Nachhaltigkeit der Produkte.
Gemeinsamer Ansatz: Erfahrungsaustausch statt Konkurrenz
Keine Vorgaben jedoch gibt es für das, was in die Flaschen kommt. Jeder mache weiter seinen individuellen Wein, erklärt Ethos-Geschäftsführer Müller. Aber man helfe sich gegenseitig und entwickle sich gemeinsam weiter. Will einer bauen, im Weinberg etwas verändern, neu pflanzen oder denke über eine Photovoltaikanlage nach, tausche man sich aus und nutze den Erfahrungsschatz der anderen Betriebe. Und bei den gemeinsamen Treffen verkoste man die verschiedenen Weine und diskutiere darüber. Konkurrenz? Sie sollte es unter fränkischen Winzern nicht geben, sagt Müller. Die Konkurrenz sitze woanders: Rund die Hälfte der in Deutschland konsumierten Weine kämen aus dem Ausland.
Und dann gibt es doch noch einen gemeinsamen Wein. Der "Ethos-Wein" werde nicht jedes Jahr erzeugt, sondern nur, wenn die Bedingungen passen, sagt Lorenz Neder aus Ramsthal (Lkr. Bad Kissingen). Er hat den 2019er Jahrgang von "Ethos" gepresst und ausgebaut. Jeder Winzer steuere für diesen Silvaner seine besten Trauben aus seiner besten Lage bei. Ausgebaut werde der Ethos-Wein wie früher im Holzgärständer - und mit reiner Handarbeit. So entstehe ein langlebiger Naturwein, der getreu dem Motto "Neuer Wein in alten Flaschen" in gespültem Gebrauchsglas mit Naturkorken abgefüllt werde.
Daneben produziert die Ethos-Gruppe gemeinsam sortenreine Cuvées. So sollen auch kleinere Weingüter die Chance bekommen, in die Supermarkt-Regale zu kommen. Die Gruppe umfasst Weingüter von drei bis 15 Hektar Anbaufläche. Wer mag, beteiligt sich an den Cuvées. Apropos Beteiligung: Die Gruppe, sagt Florian Müller, stehe allen Winzerinnen und Winzern offen, die sich hier einbringen und nach Ethos-Richtlinien wirtschaften möchten.
Dieser Grundsatz galt bis etwa 1965 auchnoch in der Landwirschaft; danach begann die Zeit der Umweltzertörung, Umweltvergiftung und Artenvernichtung. Auch da muß umgedacht und dem Grundsatz der genannten Winzer gefolgt werden.