Umknicken, stolpern, stürzen: Der Elfmeterraum vor dem südseitigen Tor auf dem Sportplatz des TSV Goßmannsdorf ist für die Fußballspieler seit einiger Zeit gefährliches Terrain. Hier müssen die Sportler jederzeit damit rechnen, dass der Rasen plötzlich unter ihnen nachgibt. Denn auf dem Platz nahe des Mainufers wird nicht nur Fußball gespielt, sondern neuerdings wird auch darunter gewohnt: Ein Maulwurf hat in der Tiefe inzwischen so viele unterirdische Gänge gegraben, dass an einen normalen Spielbetrieb nicht mehr zu denken ist. Der Vorstand des TSV hätte den Maulwurf - oder die Maulwürfe - gerne los. Aber so einfach ist das nicht.
"Maulwürfe gab es am Main in der Nähe unseres Sportplatzes eigentlich schon immer", sagt der Vorsitzende Mark Seyrich. Das Spielfeld hätten sie allerdings zuvor nur selten behelligt. Doch nach der Winterpause fiel den Sportlern auf, dass der kleine Säuger mit dem schwarzen Fell und den kräftigen Vorderpfoten ihren Fußballplatz offenbar als dauerhafte Residenz auserkoren hat. Die charakteristischen Erdhügel, von denen der Goßmannsdorfer Sportplatzmaulwurf bisweilen 40 pro Tag aufwarf, verrieten ihn.
Ein Spieler zog sich einen Bänderriss zu
Die Hügel, sagt Seyrich, seien jedoch nicht das Hauptproblem, denn die sieht man ja. Viel gefährlicher sind die unterirdischen Gänge, durch die der Maulwurf sich fortbewegt. Trifft ein Fußballschuh die Erde über solch einem Gang, neigt der dazu, einfach einzubrechen. Mit teils erheblichen Folgen für die Spieler. Einer habe sich auf diese Weise sogar einen Bänderriss zugezogen, sagt Mark Seyrich. Deshalb zog der Vorstand die Reißleine und legte den Platz vorläufig weitgehend still.
Heimspiele sind für die TSV-Fußballer, die in der B-Klasse spielen, derzeit nicht möglich. Deshalb tritt die Herrenmannschaft jetzt auf dem Platz des jeweiligen Gegners an. Bislang sei das immer möglich gewesen, freut sich Mark Seyrich, denn die anderen Vereine hätten Verständnis für das Problem. Trainiert wird auf dem Platz noch immer, allerdings nur auf der vom Maulwurf weniger malträtierten, Richtung Winterhausen gelegenen Hälfte. Die Jugend des TSV trainiert mit freundlicher Genehmigung des OFV in Ochsenfurt, zumeist auf der Maininsel.
Nur die Vergrämung des Maulwurfs ist zulässig
So kann die Situation natürlich nicht bleiben. Mark Seyrich hatte sich deshalb nach Möglichkeiten erkundigt, den Maulwurf wieder loszuwerden. Seinem Verein sei sehr daran gelegen, dabei alle Vorschriften einzuhalten, betont der Vorsitzende. Er wurde auf die bei der Regierung von Unterfranken angesiedelte höhere Naturschutzbehörde verwiesen, wo man ihm die korrekte Vorgehensweise beschrieb.
Und die sieht so aus: Zunächst muss der Verein dafür sorgen, dass auf seinem Sportplatz Maulwürfe künftig keinen Zutritt mehr haben. Danach kann eine Ausnahmegenehmigung für den Fang des oder der noch ansässigen Maulwürfe beantragt werden, die dann auf einem anderen Grundstück wieder freigelassen werden. Das streng geschützte Tier zu töten, ist nicht erlaubt. Lediglich vergraulen kann man den Wühler.
Eine Folie im Erdreich soll weitere Maulwürfe fernhalten
Das hatte der TSV anfangs durch den Einsatz von Ultraschallgeräten versucht, die einen für das Tier unangenehmen Ton erzeugen. Diese Methode habe den Sportplatzmaulwurf aber wohl nicht beeindruckt, vermutet Seyrich. Denn er ist immer noch vor Ort. Weil der TSV nicht darauf warten will, dass der Maulwurf an Altersschwäche stirbt, wurde jetzt die Variante "Umsiedelung" gewählt. Rund um ihren Platz haben die Sportler in Eigenleistung einen Graben gezogen, in dem bis in 50 Zentimeter Tiefe eine robuste Folie versenkt wurde. Einige hundert Euro hat der Verein dafür ausgegeben.
An der Folie sollen Maulwürfe, die eine Einwanderung in Erwägung ziehen, künftig scheitern. Tiefer als 50 Zentimeter grabe das Tier gewöhnlich nicht, sagt Seyrich. Dass es die Barriere oberirdisch überwinde, sei ebenfalls unwahrscheinlich. Um nicht von Fressfeinden erwischt zu werden, verlässt der Maulwurf sein unterirdisches Habitat nämlich höchst selten.
Vermutung: In der Pandemie hat sich der Maulwurf neue Reviere erschlossen
Der schon vorhandene Maulwurf muss in den Sommermonaten in Ruhe gelassen werden, damit er Gelegenheit hat, etwaige Nachkommen großzuziehen. Danach kann, die Erteilung der erwähnten Ausnahmegenehmigung vorausgesetzt, eine Fachfirma den Fang erledigen. Der Verein müsse außerdem die Genehmigung eines Grundstücksbesitzers nachweisen, der bereit sei, dem gefangenen Tier und gegebenenfalls dessen Nachkommen auf seiner Fläche Obdach zu gewähren, sagt Pressesprecher Johannes Hardenack von der Regierung von Unterfranken. Eine solche Fläche habe der Verein bereits gefunden, bestätigt der Vorsitzende.
Warum hat ausgerechnet jetzt der Maulwurf den Sportplatz in Besitz genommen? Mark Seyrich könnte sich vorstellen, dass die Neugestaltung der Goßmannsdorfer Mainlände das Tier zum Umzug veranlasst hat. Oder dass nach zwei Corona-Jahren mit eingeschränkter sportlicher Betätigung der Maulwurf zu der Annahme gelangt sein könnte, auf dem Sportplatz herrsche dauerhaft Ruhe und Frieden. Dass dem nicht so ist, wird er spätestens dann bemerken, wenn er fachgerecht hinaus komplimentiert wird.
Wenn auf dem Platz jedes Wochenende einige Spiele, einschließlich Jugend , stattgefunden hätten und jeden Tag Trainig wäre kein Maulwurf zugewandert.
Der hat nähmlich ein sehr feines Gehör.