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Giebelstadt
Giebelstadt: Heuer gibt's Zoff bei den Florian-Geyer-Festspielen
Geyer-Festspiele ohne Geyer, statt Mord und Totschlag eine Horde prügelnder Hausfrauen. Worauf sich die Zuschauer in diesem Jahr gefasst machen müssen.
Mit 'Zobels Zoff' hat sich Renier Baaken (Mitte) für die Giebelstadter Geyer-Festspiele ein 'liederträchtiges Historical' einfallen lassen, das seinen Darstellern offensichtlich großen Spaß bereitet. 
Foto: Gerhard Meißner | Mit "Zobels Zoff" hat sich Renier Baaken (Mitte) für die Giebelstadter Geyer-Festspiele ein "liederträchtiges Historical" einfallen lassen, das seinen Darstellern offensichtlich großen Spaß bereitet. 
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:51 Uhr

Die Geyerer sind wieder da, wenn auch auf bis dato ungekannte Weise. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause feiern die Giebelstadter Florian-Geyer-Festspiele am 15. Juli ihre Wiederauferstehung. Packende Schwertkämpfe, Kanonendonner, rasante Reitszenen und die Geschichte um den berühmtesten Sohn des Ortes haben die Festspiele bekannt gemacht. Und diesmal? Nichts von alledem! "Zobels Zoff" hat sich Regisseur Renier Baaken einfallen lassen, ein "liederträchtiges Historical". Ähnlichkeiten mit historischen Begebenheiten sind dabei höchst unwahrscheinlich. Wie konnte es nur so weit kommen?

Seit 32 Jahren führt Renier Baaken inzwischen in Giebelstadt Regie, und seitdem verging kaum ein Jahr, in der er dem Bauernkriegs-Drama nicht neue Facetten abgewinnen konnte. Gemeinsam mit seinen bis zu 100 Laiendarstellern machte Baaken aus der pathosschwangeren Vorlage ein actiongeladenes Spektakel, baute das Stück um Florian Geyer und das tragische Ende des Bauernkriegs von 1525 sogar zu einem Vierteiler aus.

Das war alles vor der geplanten 1200-Jahr-Feier der Gemeinde Giebelstadt im Jahr 2020. Zum Jubiläum hatte sich die Festspielgemeinschaft etwas Besonderes einfallen; ein Stück, in dem Autor und Regisseur Renier Baaken seine Vorliebe für die Komödie so richtig ausleben konnte. "Zobels Zoff" ist entstanden, ein Lustspiel - so Baaken, "das so tut, als wäre es historisch", und "in dem die Darsteller ohne ersichtlichen Grund in Gesang ausbrechen".

Statt dramatischer Schwertkämpfe gibt's diesmal bei den Geyer-Festspielen eine Massenschlägerei zwischen Zobelscher Leibgarde und den Giebelstadter Hausfrauen. Die Darsteller proben eifrig dafür. 
Foto: Gerhard Meißner | Statt dramatischer Schwertkämpfe gibt's diesmal bei den Geyer-Festspielen eine Massenschlägerei zwischen Zobelscher Leibgarde und den Giebelstadter Hausfrauen. Die Darsteller proben eifrig dafür. 

Monatelang hatte man bereits geprobt, als Corona dem geplanten Jubiläums-Spektakel einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Und auch im Jahr darauf war wegen des Lockdowns im Frühjahr an eine Inszenierung nicht zu denken. Jetzt also alles wieder zurück auf Start.

Worum es geht? Anno 1020 in Giebelstadt. Der stinkreiche August von Zobel und der verarmte Ansgar von Geyerswörth buhlen um die Gunst der schönen Elsbeth. Mit allerlei Intrigen versucht Zobel seinen Rivalen auszustechen. Spätestens als er versucht, Ansgar während eines Turniers mithilfe eines Abführmittels außer Gefecht zu setzen, steht fest, wem die Herzen des Publikums zufliegen. Doch statt in blutigen Kampfszenen, gipfelt der Konflikt in einer Massenschlägerei zwischen der Zobelschen Leibgarde und den Giebelstadter Hausfrauen. 

"Giebelstadt hat es verdient, dass auch mal was Lustiges passiert, nicht nur Mord und Totschlag."
Renier Baaken, Autor und Regisseur

Jede Menge Platz für Klamauk und schrägem Humor, umrahmt von Songs aus der Feder von Renier Baaken und vertont von Kai Liekenbröcker und Rudolf Peters. "Keine Schnulzen, sondern richtig rockige Songs" beschreibt Rüdiger Scheer, der Vorsitzende der Festspielgemeinschaft, das Resultat. Eingesungen wurden die Lieder von Profi-Sängern. Die Laiendarsteller singen also Playback. "Das machen 95 Prozent aller Fernsehproduktion so", sagt Baaken - warum also nicht auch die Geyerer.

"Komödie gehört zu meinen Kernkompetenzen, deshalb fühle ich mich sauwohl bei dem Gedanken an das neue Stück", hatte Baaken zum Probenauftakt festgestellt. "Giebelstadt hat es verdient, dass auch mal was Lustiges passiert, nicht nur Mord und Totschlag." Der Probenaufwand, den Baaken seinen rund 60 Akteuren damit zugemutet hat, ist allerdings ungleich höher als in der Geyer-Saga.

"Wir haben deutlich mehr geprobt als zu Geyers Zeiten", sagt Rüdiger Scheer, der auch den August von Zobel mimt. "In der Geyer-Geschichte sind es die Action, die Kämpfe und die spannende Geschichte, die die Wirkung ausmachen", so Scheer, "bei der Komödie muss jedes Wort und jede Geste präzise sitzen, damit die Pointe klappt; das ist die große Herausforderung."

Dass in 'Zobels Zoff' vieles nicht ernst gemeint ist, zeigt schon die Szene zwischen August von Zobel (Rüdiger Scheer) und seinen beiden Dienstmädchen (Leonie Heinrich und Diana Hufnagel).
Foto: Festspielgemeinschaft (Volker Danzer) | Dass in "Zobels Zoff" vieles nicht ernst gemeint ist, zeigt schon die Szene zwischen August von Zobel (Rüdiger Scheer) und seinen beiden Dienstmädchen (Leonie Heinrich und Diana Hufnagel).

Das Ergebnis überzeugt Rüdiger Scheer. "Es ist ein tolles Stück, eine Uraufführung mit ganz viel Charme, Witz und Esprit", schwärmt er. Dass die Geyer-Festspiele dabei mit einer Tradition brechen, die sogar in der Vereinssatzung verankert ist, ficht ihn weiter nicht an. "Einmal darf man schon ausbrechen", sagt Scheer. "Man sieht, welchen Spaß die Darsteller damit haben." Schließlich hätten 2019 einige erfahrene Stammspieler aufgehört. Dank des Castings von Sandra Leber sei es gelungen, die Lücken zu schließen. "Mit dem neuen Schwung hoffe ich, dass wir die neuen Leute motivieren können, weiterzumachen." 

Ohnehin muss der Seitensprung zur leichten Muse ein einmaliger bleiben, weil in Giebelstadt bereits das nächste Jubiläum ansteht. 2025 jährt sich der Bauernkrieg, dem Ritter Florian Geyer seine traurige Berühmtheit verdankt, zum 500. Mal. Im kommenden Jahr soll die Geyer-Saga deshalb als Dreiteiler auf die Freilichtbühne zurückkehren, um im Jubiläumsjahr in ein tragisches Finale zu gipfeln. Dann gibt's auch wieder Mord und Totschlag.

"Zobels Zoff - ein liederträchtiges Historical" ist zu sehen jeweils Fr. und Sa., 15./16.7.; 22./23.7. sowie 29./30.7., Beginn: 20.30 Uhr. Karten unter www.florian-geyer-spiele.de.

 
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