
Es war einmal im November 2020: Bund und Länder setzten sich das Ziel, bis Ende 2020 in allen Gesundheitsämtern das Programm "Sormas" zu verwenden. Dann sollte es bis Ende Februar zumindest installiert sein. Bis heute ist das nicht in ganz Deutschland passiert, aber immerhin in ganz Bayern. Genutzt wird es trotzdem nicht überall.
Idealerweise würden die Labore ihre Befunde in der Corona-Pandemie digital melden und diese in "Sormas" einlaufen. In dem Programm könnten Kontakte nachverfolgt und Daten mit anderen Ämtern ausgetauscht werden. Über eine weitere Schnittstelle würden die Infektionszahlen ans Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gehen, der Zwischenschritt zur Meldung ans RKI. Die Schnittstellen zur Übertragung zu und aus "Sormas" fehlen jedoch. In Unterfranken ist das für mehrere Ämter der Grund, es nicht zu benutzen. Es würde schlicht keine Arbeitserleichterung bringen. Stattdessen findet sich ein Potpourri an Lösungen zum Umgang mit der Pandemie.
Kontaktverfolgung mit Papierakte
Im Landkreis Kitzingen hat "Sormas" schon zum Februar die eigene Software abgelöst. Wegen der fehlenden Schnittstellen müssten aber alle Daten in "Sormas" händisch eingegeben werden. Zusätzlich wird mit Papier gearbeitet: "Handschriftliche Dokumentation erfolgt im Rahmen der Ermittlungsarbeit auf hierfür eigens erstellten Erhebungsbögen", teilt eine Sprecherin des Kreises auf Anfrage mit. "Somit besteht für jeden Fall und jede Kontaktperson eine zusätzliche Papierakte, in der die ermittelten Informationen und der Laborbefund abgelegt sind. In der Papierakte werden auch Informationen festgehalten, die in 'Sormas' nicht abgebildet werden können."

Faxe spielen tatsächlich noch eine Rolle. In Stadt und Landkreis Würzburg sowie im Kreis Main-Spessart werden sie für den Austausch mit anderen Landkreisen verwendet. Aus Bad Kissingen berichtet eine Sprecherin, dass Labore und Arztpraxen ihre Daten überwiegend per Fax schicken. In den Kreisen Rhön-Grabfeld und Kitzingen ist das noch vereinzelt der Fall.
Arbeitsbelastung erschwert die Umstellung
In den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld kommt je eine eigenentwickelte Software zum Einsatz. In Schweinfurt nutzt man "Sormas" und eine eigenentwickelte Software – letztere aber nur für die Verwaltung von Reiserückkehrern. Auch dort beklagt man, dass die fehlenden Schnittstellen die Arbeitsprozesse wenig effektiv machen. Zwei weitere Landratsämter meldeten sich auf die schriftliche Anfrage hin nicht. Auf die Frage, wann die Schnittstellen kommen, verweist ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums an das Bundesgesundheitsministerium.
Neben den Schnittstellen fehlt auch Personal: Aus einer Antwort des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU) auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze (Grüne) geht hervor, dass, Stand 8. Januar 2021, zehn Leitungsstellen und eine stellvertretende Leitungsstelle in den kommunalen Gesundheitsämtern nicht besetzt waren. Schulze kritisiert das: "Die Gesundheitsämter sind das Rückgrat der Pandemiebekämpfung. Seit über einem Jahr sind die Menschen, die dort arbeiten am Limit. Aber anstatt Unterstützung und Hilfe zu bieten, ist die Söder-Regierung mit angezogener Handbremse unterwegs. Es fehlt weiter an Leitungspersonal – das ist fahrlässig mitten in der dritten Welle."
Ich habe - allerdings als nicht betroffener von außen - die Computerisierung bei einem Staatsbetrieb beobachten dürften und erlebt, welche Hemmnisse da teils künstlich aufgebaut und aufgebauscht wurden nach dem Motto: "da hab ich ja nix mehr zum Lesen" und man sich gegen Neues sträubte. Aber 2021 noch (lebens)wichtige Daten zu faxen ist schon etwas "alte Schule"
Ich denke die Fehler liegen in der Vergangenheit. Jetzt während der Pandemie wo eh alles auf Anschlag heißt läuft, Personal fehlt oder überlastet ist, eine auf die Schnelle erstellte Software zu implementieren ist ein großes Risiko.
Das es nur halbwegs gut ging bzw. geht zeigen die zahlreiche Baustellen die im Artikel und anderswo für die Allgemeinheit verständlich dargelegt wurden.
Die Lösung kann eigentlich nur in der Nach-Pandemie-Zukunft liegen. Da wird dann aber möglicherweise das Geld fehlen und solche Projekte geraten in Vergessenheit weil man sie akutell ja nicht mehr benötigt.
Es wäre auch eine sehr große Kostenersparnis wenn man landesweit die gleiche, in Ruhe gut programmierte und ausgiebig getestete Software zum Einsatz bringen könnte. So etwas ist während der Pandemie auf die Schnelle kaum zu schaffen.
Es sollte aber ein Ziel für die Zukunft sein - nicht nur im Gesundheitsamt.