
Dienstagnachmittag in Würzburg, eine Woche vor Heiligabend. Im Müller-Laden in der Innenstadt ist Hochbetrieb. Mittendrin steht Daniel Kestler, der die ersten Geschenke entgegennimmt, die das Verkaufsteam liebevoll eingepackt hat. "Oh, der Weihnachtsmann ohne Kostüm", sagt ein Kunde und verschwindet lachend hinter einem Spielzeugregal.
Kestler hat tatsächlich etwas mit dem Weihnachtsmann gemeinsam: Mit Unterstützung seiner Familie erfüllt er einen Wunschzettel - und zwar einen ganz besonderen. Um die 90 Wünsche stehen auf den drei Seiten Papier, die er ausgedruckt und mitgebracht hat. Sie kommen von Hannah, Luis und Leonie; Max, Luisa oder Malio. Sie alle müssen Weihnachten auf der Kinderkrebsstation des Uniklinikums Würzburg verbringen. Kestler will ihnen mit seiner Spende eine Freude machen.
Schon seit fünf Jahren bestellt der Kürnacher deshalb jeweils ein Geschenk für die kleinen und großen Kinder auf der Station. Meist um die Weihnachtszeit, einmal hat er auch schon zu Ostern geschenkt. Die Elterninitiative Regenbogen für leukämie- und tumorkranke Kinder Würzburg ist dankbar für das Angebot. "Wir freuen uns natürlich, und vor allem die Kinder", sagt Yevgeniya Ronis.
Kestler ist froh, dass sich das Team um die Übergabe kümmert
Der Verein übergibt die Geschenke in diesen Tagen an das psychosoziale Team der Uniklinik. Die Mitarbeitenden verteilen die Geschenke dann an die Kinder und Jugendlichen. Auf dem Gabentisch werden Spiele wie "Die Siedler von Catan", Bücher oder bunte Häkelwolle liegen. Kestler ist froh, dass sich das Team um die Übergabe kümmert. "Ich kann das nicht selbst, das bringe ich nicht übers Herz", sagt der 39-Jährige, der lieber im Hintergrund bleibt. Den Artikel verdankt er einer dankbaren Familie, die die Redaktion auf die Spendenaktion aufmerksam gemacht hat.
Kestler hat sie gestartet, nachdem er eine Begegnung mit einem krebskranken Jungen hatte, die ihm nahe ging. Zudem weiß er durch einen Fall in der Familie seiner Frau, welche Belastungen die Krankheit mit sich bringt. "Mir geht’s um Gerechtigkeit, und da wo die Gesundheit aufhört, hört auch die Gerechtigkeit auf", sagt er. Kestler ist ein Familienmensch und mit fünf Geschwistern aufgewachsen.
Manchmal nimmt er seine Kinder mit, wenn er die Geschenke abgibt
Heute hat er selbst drei Kinder im Alter von drei, sechs und neun Jahren. Der Gedanke, dass andere Kinder Weihnachten nicht zu Hause feiern können, macht ihn traurig. Er versucht seinen Kindern zu vermitteln, dass es wichtig ist, auch auf andere zu schauen. Manchmal nimmt er sie mit, wenn er die Geschenke abgibt. "Ich sage ihnen dann, dass wir dem Christkind helfen".
Die Geschenke, deren Wert sich zwischen zwei- und viertausend Euro summiert, sollen ein Zeichen der Aufmerksamkeit sein und Freude schenken. Kestler, der sich gerade mit der ersten Kognitivschule Deutschlands selbstständig gemacht hat, will auch an die Eltern denken. Er erzählt von einem Crepes-Maker und einem Beamer für den Aufenthaltsraum, schließlich verbringen die Angehörigen viel Zeit in der Klinik. Die Regenbogen-Initiative hat sich außerdem Spiele für den monatlichen Spieleabend gewünscht.
Fragt man ihn nach seinem eigenen Wunschzettel, lacht Kestler auf, bevor er wieder ernst wird. "Auch wenn es platt klingt, stände da wahrscheinlich die Gesundheit", sagt er und ergänzt: "Ich wünsche mir außerdem, dass diese Ich-Gesellschaft aufhört. Um zu helfen, muss man auch gar nicht so weit weg schauen".