
Mehrgenerationen-Wohnprojekte sind im Trend – auch in Würzburg gibt es einige. Derzeit entsteht in Heidingsfeld auf dem Grundstück einer ehemaligen Gärtnerei das Projekt "Wohnen am Gewächshaus". Im Sommer dieses Jahres will die Gruppe, die aktuell aus 25 Menschen im Alter von 0 bis 74 Jahren besteht, den Bauantrag für das geplante Mehrparteienhaus bei der Stadt einreichen; Einzug soll voraussichtlich Sommer 2027 sein.
Sicheres Wohnrecht und kalkulierbare Mieten
Aktuell werden noch Interessierte gesucht, die dazukommen wollen. Ein erstes Kennenlernen der Gruppe und des Projekts ist unter anderem bei einem Infotreffen am 2. Februar möglich. 20 Wohneinheiten sind geplant; frei sind vor allem noch Zwei- und Drei-Zimmerwohnungen. "Wir möchten unsere Gemeinschaft divers gestalten, jeder ist willkommen", sagt Regina Assländer.
Die 74-Jährige ist seit Beginn beim Projekt dabei. "Ich hatte eine große Familie und ein großes Haus – das mir zu groß wurde, nachdem die Kinder weg waren." Über die Frage "wie geht’s jetzt weiter" stieß sie auf den Verein "Wohnen in Gemeinschaft – Jung und Alt", wodurch sie wiederum in Kontakt mit "Wohnen am Gewächshaus" kam.
Genossenschaft bietet Vorteile
"Wohnen am Gewächshaus" gibt es seit fünf Jahren. "Wir haben uns gefunden, um eine Gemeinschaft zu schaffen, die auf Offenheit, Wertschätzung und Nachhaltigkeit basiert", beschreibt die Gruppe sich selbst. "Ich bin gern mit Jüngeren zusammen, das erweitert den Horizont und gibt mir neue Impulse", sagt Regina Assländer.
Darüber hinaus biete das Projekt ganz konkrete Vorteile: Dadurch, dass dessen Mitglieder seit Dezember als Genossenschaft organisiert sind, sei sicherer Wohnraum auf Lebenszeit garantiert. Und: "Man ist nicht dem spekulativen Mietmarkt ausgesetzt." Falls sich Lebenssituationen ändern, könne man es sich innerhalb der Gruppe vorstellen, Wohnungen zu tauschen. Ebenfalls wichtig für Assländer ist, dass es sich bei dem Objekt um "unser aller Haus" handle und man sich auf Augenhöhe begegne.
Dies bedeute auch, dass neue Mitglieder noch viel mitgestalten könnten, erklärt Katharina Oehrl. Die 35-Jährige ist mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern vor etwa einem Jahr zum Projekt gestoßen. "Wir wollten bauen", erzählt Oehrl, "doch die Baupreise sind einfach utopisch". Eine größere Wohnung, am besten mit Garten, in Würzburg zu finden, sei "wahnsinnig schwierig".
Über Freunde lernten die Oehrls das Mehrgenerationen-Wohnprojekt kennen, das die 35-Jährige "einfach zeitgemäß" findet. Die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Gruppe sowie der ökologische Gedanke seien ein großes Plus. "Es macht vieles leichter, wenn man möglichst viel teilen kann", so Oehrl – angefangen vom Raclette-Set bis hin zum Auto. Die Gruppe entwickelt aktuell ein Mobilitätskonzept, das unter anderem Car-Sharing und ein geteiltes Lastenrad beinhalten soll.
Im Haus ist ein Gemeinschaftsraum für verschiedene Aktivitäten und Feiern geplant. Angedacht sind außerdem eine gemeinsame Werkstatt, ein Toberaum für Kinder, ein Waschraum und ein Gäste-Apartment. Das Haus soll weitgehend barrierefrei sein, mit rollstuhlgerechten Einheiten. Zusammen Zeit verbringen kann man auch im 1000 Quadratmeter großen Garten, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Grundstücks liegt. "Wir wollen dort gemeinsam gärtnern, zwei neue Obstbäume sind schon gepflanzt", sagt Assländer.
Gemeinschaft und Nachbarschaft pflegen ist Hauptmotiv der Gruppe
"Wohnen am Gewächshaus" will auch Menschen ansprechen, für die eine eigene Wohnung nicht einfach zu realisieren ist. Um Mitglied in der Genossenschaft zu werden, brauche man ein gewisses Eigenkapital, so Katharina Oehrl. Da einige Wohneinheiten aber als geförderter Wohnraum errichtet werden sollen, könnten Menschen mit geringerem Einkommen davon profitieren.
Raus aus der Anonymität, eine neue Form der Großfamilie finden, Gemeinschaft und Nachbarschaft pflegen – auch über das Projekt hinaus im Quartier –, diese Wünsche und Ziele teilen alle Gruppenmitglieder. Gleichzeitig sei es wichtig, dass jeder seine eigene Wohnung und damit einen Rückzugsort habe, betont Assländer. "Alles ist ein 'Kann', niemand muss sich verpflichtet fühlen."
Die Themen rund ums Projekt werden in Arbeitsgruppen bearbeitet, in die sich die Mitglieder entsprechend ihrer Ressourcen einbringen. Man versuche, alle Bedürfnisse zu hören und dann einen Konsens herzustellen. "Das ist nicht immer leicht, aber am Ende kann sich jeder damit identifizieren", so Oehrl.
Wer sich für "Wohnen am Gewächshaus" interessiert, kann die Gruppe bei einem ihrer Infotreffen kennenlernen. Das nächste findet am Sonntag, 2. Februar, um 14 Uhr, auf dem Gelände des Projekts in der Winterhäuser Straße 19a statt. Anmeldung und weitere Infos: www.wohnen-am-gewaechshaus.de