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Hausen
Gemeinde Hausen unterliegt der Tank & Rast GmbH im Streit um die Kosten der Kläranlage
Nach dem Richterspruch des VGH ist das Entsetzen in Hausen groß.  Doch Bürgermeister Schraud will nicht klein beigeben und das Bundesverwaltungsgericht anrufen.
Seit rund 15 Jahren streitet die Gemeinde Hausen vor Gericht mit dem Betreiber der Raststätte Riedener Wald um die Beteiligung an den Kosten der Kläranlage.
Foto: Benjamin Brückner | Seit rund 15 Jahren streitet die Gemeinde Hausen vor Gericht mit dem Betreiber der Raststätte Riedener Wald um die Beteiligung an den Kosten der Kläranlage.
Irene Konrad
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:16 Uhr

Eine bittere Niederlage müssen die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Hausen verkraften. Die Gemeinde hat am Bayerischen Verwaltungsgericht in München (BayVGH) ein Berufungsverfahren gegen die Autobahn Tank & Rast GmbH verloren. Seit 16 Jahren gibt es keine Einigkeit zur Kostenbeteiligung an der Klärung des Abwassers der Raststätte Riedener Wald sowie an den Bau- und Abschreibungskosten der 2013 in Betrieb gegangenen Kläranlage im Gemeindeteil Rieden. Die Gemeinde beruft sich dabei auf eine Sonderstellung der Raststätte als Intensivverschmutzer. Mehrmals trafen sich die Parteien vor Gericht. Diesmal sind die Enttäuschung und das Entsetzen in Hausen besonders groß.

Bürgermeister Bernd Schraud will nach dem Spruch der Münchener Richter nicht klein beigeben. In der Kläranlage in Rieden steht er an dem Kanalschacht, der von der Autobahnraststätte ankommt. Der Konzern bestreitet seine Sonderstellung.
Foto: Irene Konrad | Bürgermeister Bernd Schraud will nach dem Spruch der Münchener Richter nicht klein beigeben. In der Kläranlage in Rieden steht er an dem Kanalschacht, der von der Autobahnraststätte ankommt.

"Ich kann dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in keiner Weise nachvollziehen", äußert sich Bürgermeister Bernd Schraud. Im November 2020 sah es nach jahrelangem Rechtsstreit gut aus für die Gemeinde Hausen. Damals hatte das Verwaltungsgericht in Würzburg einer Klage der Gemeinde gegen die Autobahn Tank & Rast GmbH im Hinblick auf die Zahlung anteiliger Kosten der Abschreibung für die Jahre 2013, 2014 und 2015 stattgegeben. Insgesamt ging es um den Betrag von knapp 242.000 Euro zuzüglich Zinsen.

180-Grad-Wende in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof

Dagegen legte Tank & Rast Berufung ein. Drei Jahre mussten die Hausener auf die Verhandlung warten. Nun wendete sich die Rechtslage um 180 Grad. Dabei hatte Rechtsanwalt Burkard Hohmann vor, auch für die nächsten Jahre ab 2016 anteilige Abschreibungskosten einzuklagen. Außerdem ruhte wegen des ausstehenden Urteils beim BayVGH eine andere Klage im Hinblick auf die Beteiligung an den Betriebskosten der Kläranlage.

"Diese Klage am Verwaltungsgericht Würzburg werden wir nun wieder aufrufen lassen", ist Bürgermeister Schraud kämpferisch. Für ihn und Rechtsanwalt Hohmann ist Entscheidung in München unbegreiflich. "Ich habe noch in der Verhandlung gesagt, dass wir jedes juristische Mittel ausschöpfen werden", sagt der Bürgermeister.

Vorsitzender Richter lässt keine Berufung zu

Die Schwierigkeit ist, dass der Vorsitzende Richter Dieter Zöllner vom 4. Senat des BayVGH eine Revision ausdrücklich nicht zugelassen hat. Deshalb wird die Gemeinde Hausen eine Revisionszulassungsbeschwerde einlegen. Über sie wird wohl beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Der gesamte Gemeinderat steht hinter diesem Weg.

Seit jeher vertritt die Gemeinde Hausen die Auffassung, dass die Raststätte nur aufgrund einer Vereinbarung ihre Schmutzfracht von den Raststätten Rieden Ost und West mit Tankstellen, Hotel und Nebengebäude in der Kläranlage Rieden einleiten darf. Die einst selbständige Gemeinde Rieden hat 1970 einen diesbezüglichen Vertrag und 1973 eine weitere Vereinbarung mit dem Autobahnamt Nürnberg geschlossen.

Tank & Rast-Sprecher will schriftliche Urteilsbegründung abwarten

Als 1998 die Autobahnraststätten privatisiert wurden, hat die Bundesrepublik Deutschland die Abwasserreinigung der Raststätte Riedener Wald nicht geregelt. Richter Zöllner sieht dennoch keinen Anspruch der Hausener aus den Verträgen von 1970 und 1973 und auch kein "vertraglich begründetes Dauerschuldverhältnis" zu den Betriebs- und Abschreibungskosten der Kläranlage.

Obwohl die Gemeinde Hausen die Autobahn Tank & Rast GmbH niemals in ihre Abwassersatzung aufgenommen hat, möchte der Konzern als "ganz normaler Anschließer" behandelt werden. Das ist dessen Rechtsauffassung.

Dietmar Thomas, Sprecher des Autobahnkonzerns, bittet auf Nachfrage der Main-Post um Verständnis dafür, "dass wir uns in dieser Sache nicht äußern können". Er begründet es damit, dass Tank & Rast die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorliegen.

Vorgeschichte und Chronologie des Rechtsstreits

1971: Bau der ersten Kläranlage in Rieden. Die Gemeinde klärt das Abwasser der 1967 gebauten Raststätte Riedener Wald mit. 1970 und 1973 schließen die damals selbständige Gemeinde Rieden und das Autobahnbauamt Nürnberg Verträge zur Kostenbeteiligung am Bau und den Betriebskosten der gemeindeeigenen Kläranlage.
1978: Rieden wird in die Gemeinde Hausen eingemeindet.
1998: Privatisierung der Autobahnraststätten. Tank & Rast übernimmt bundesweit den Betrieb der Rastanlagen.
2001: Die Gemeinde Hausen muss aus Gründen der Technik und des Umweltschutzes eine neue Kläranlage bauen und führt Gespräche über die Kostenbeteiligung von Tank & Rast als Intensiveinleiter.
2007: Tank & Rast bricht die bis dahin einvernehmlichen Gespräche mit der Gemeinde ab. Die Rechtsauffassungen sind unterschiedlich.
2013: Die neue Kläranlage geht trotz Streitfällen vor Gericht und ausbleibenden Zahlungen von Tank & Rast in Betrieb. Die Gemeinde Hausen reinigt weiterhin das Abwasser des Raststätte auf der Gemarkung Rieden.
2020: Das Verwaltungsgericht Würzburg gibt der Klage der Gemeinde Hausen auf Zahlung anteiliger Kosten der Abschreibung für die Jahre 2013, 2014 und 2015 statt. Dagegen legt Tank & Rast Berufung ein.
2023: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg auf und lässt keine Revision zu.
Quelle: iko
 
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Kommentare
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  • Jo Schmitt
    Man kommt sich fast so vor wie im königlich bayrischen Amtsgericht.
    Nur andersherum.

    Es ist ein Paradebeispielt für "Erträge privatisieren, Aufwendungen sozialisieren".
    Das hat bereits mit der Privatisierung als "Tank & Rast GmbH" schon begonnen.
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  • Thilo Endrich
    Das stinkt buchstäblich zum Himmel.
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