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Estenfeld
Gemeinde Estenfeld verliert viermal gegen Anwohner vor Gericht – und versucht es trotzdem weiter: Nur aus Prinzip?
Die Anbindung der Wilhelm-Hoegner-Straße an die Ortsdurchfahrt sorgt in Estenfeld weiter für Diskussionen. Trotz vier Niederlagen probiert die Gemeinde es jetzt wieder.
Eberhard Wunderlich und Wolfgang Laschka stehen am Wendehammer der Wilhelm-Hoegner-Straße in Estenfeld bei Würzburg. Hinter ihnen der Grünstreifen, der für die Zufahrt verschwinden soll.
Foto: Christoph Sommer | Eberhard Wunderlich und Wolfgang Laschka stehen am Wendehammer der Wilhelm-Hoegner-Straße in Estenfeld bei Würzburg. Hinter ihnen der Grünstreifen, der für die Zufahrt verschwinden soll.
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 30.06.2024 02:33 Uhr

Vom "Euro-Grab Hoegner-Straße" spricht Eberhard Wunderlich. Dabei geht es nur um rund zehn Häuser der Straße – die zwischen einer Abzweigung und dem Wendehammer. Seit 1978 steht die Öffnung der Sackgasse am Estenfelder Ortseingang hin zur Würzburger Straße auf dem Plan. Nach eigenen Angaben hat die Gemeinde Estenfeld allein seit 2001 nur für die Planung 139.000 Euro ausgegeben. Viermal sind Anwohner gegen die Pläne der Gemeinde gerichtlich vorgegangen. Viermal haben sie recht bekommen.

Die bisher letzte Entscheidung fällte 2022 der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München. Die Gemeinde wollte damals die Öffnung der Wilhelm-Hoegner-Straße im beschleunigten Verfahren durchbringen – also ohne wichtige Gutachten, wie etwa einen Umweltbericht. Das stoppte das oberste Verwaltungsgericht Bayerns im Eilverfahren.

Gemeinde Estenfeld scheiterte bei der Hoegner-Straße schon viermal vor Gericht: reine Formfehler?

Für die Bürgermeisterin von Estenfeld, Rosalinde Schraud, ging es bei den Urteilen nur um Verfahrensfehler: "Es waren immer Formalitäten, es wurde noch nie von einem Gericht gesagt, dass wir nicht öffnen dürfen", sagt Schraud der Redaktion.

Der Gemeinderat entschied nach dem Urteil mehrheitlich für die Wiederaufnahme des regulären Verfahrens zur Erstellung eines Bebauungsplanes. Bei Eberhard Wunderlich und Wolfgang Laschka von der Interessengemeinschaft Wilhelm-Hoegner-Straße sorgt das für Ärger. "Es geht der Gemeinde nicht mehr um die Sache, nur ums Prinzip."

Die Gründe der Gemeinde fürs Festhalten an der Planung

Warum hält die Gemeinde nach all den Rückschlägen weiter an der Öffnung der Hoeger-Straße fest? Bürgermeisterin Rosalinde Schraud verweist auf die lange Vorgeschichte: "Planerisch war die Öffnung von vornherein vorgesehen." Die Estenfelder würden es nicht verstehen, wenn die Gemeinde die Pläne jetzt sein ließe – auch nach mehreren Niederlagen vor Gericht. 

Gemeinde Estenfeld verliert viermal gegen Anwohner vor Gericht – und versucht es trotzdem weiter: Nur aus Prinzip?

Die Anbindung der Hoegner-Straße werde ihrer Meinung nach die angrenzende Konrad-Adenauer-Straße entlasten. Sie könne die dortigen Anwohnerinnen und Anwohner verstehen. In der Hoegner-Straße selbst sei zwar nicht viel Verkehr, aber der komme eben in der Nachbarstraße hinzu. Durch die Anbindung an die Ortsdurchfahrt würde sich andererseits der Verkehr in der Hoegner-Straße nicht vergrößern, sagt Schraud.

Zweifel an der Entlastung der Adenauer-Straße durch Öffnung der Hoegner-Straße in Estenfeld

Diesem Punkt widersprechen Laschka und Wunderlich. Sie beziehen sich dabei auf das Gutachten, das die Gemeinde selbst in Auftrag gegeben hat und im März dem Gemeinderat vorgestellt wurde. Laut Mitteilungsblatt sei das beauftragte Planungsbüro zum Ergebnis gekommen, "dass die Anbindung zur Würzburger Straße zu keinen erheblichen Verbesserungen oder Verschlechterungen für beide Seiten führen wird."

Laschka ergänzt, dass eine Verkehrsstudie vor Jahren zum Ergebnis gekommen sei, dass nur rund 300 der täglich durch die Adenauer-Straße fahrenden Autos zu der oder aus der Hoegner-Straße fahren würden. "Eine Öffnung hätte also kaum einen Effekt", sagt Laschka. Für die Anwohner am jetzigen Wendekreis in der Hoegner-Straße seien 300 zusätzliche Fahrten täglich dagegen eine große Mehrbelastung.

Weil sie also den offiziellen Hauptgrund für die Öffnung widerlegt sehen, fühlen sich Laschka und Wunderlich in ihrer Annahme bestärkt, dass die Gemeinde das Projekt nur "aus Prinzip" durchsetzen wolle. Diese beauftragte inzwischen die Erstellung eines neuen Bebauungsplans. Nur dafür wird die Gemeinde laut Gutachten wieder zwischen 29.000 und 36.000 Euro ausgeben müssen – plus Anwaltskosten.

 
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Kommentare
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  • Jan Roehrle
    Ich habe da eine ganz verrückte Idee. so wie ich die Verwaltungsgerichte kenne, hat die Gemeinde vermutlich deshalb viermal verloren, weil sie im Unrecht war. Die Anwohner haben sich zurecht gewehrt.
    Aus meiner allgemeinen Lebenserfahrung kann ich berichten, dass die Idee zum fünften Mal gegen eine Mauer zu rennen, an der man sich schon viermal eine blutige Nase geholt hat. nicht die aller genialste ist. Zumindest Teile des Estenfelder Gemeinderats haben das offensichtlich verstanden.
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  • Hermann Spitznagel
    Ic h würde vor jedem Anlieger des Wendehammers die Durchfahrt der Konrad-Adenauer-Straße blockieren.
    "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem aderen zu."
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  • Walter Stöckl-Manger
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  • Richard Baumann
    Wer gegen eine geplante und bekannte Öffnung einer Sackgasse weiterhin Gerichte bemüht und neben bereits schon verausgabten 139.000 Euro noch weiter den Gemeindesäckel belastet, handelt nur zu seinem eigenen Wohle und nicht zum Wohle der Gemeinschaft. Nachteile in dieser "Größenordnung" zu erdulden, sind doch Peanuts.
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  • Walter Stöckl-Manger
    Behörden nehmen es halt gar nicht gern hin, von einer anderen 'Behörde' (hier: befasste Gerichte) öffentlich gemaßregelt zu werden.
    Ich drücke den Anliegern alle Daumen. Aus Prinzip.😉
    PS: Bloß, weil etwas seit 1978 geplant ist, muss es ja noch lange nicht rechtens oder sinnvoll sein. Da verwechseln meine Vorschreiber etwas.
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  • Manfred Englert
    Grenzt ja schon an Lächerlichkeit, das Verhalten der Anwohner am Wendehammer.

    Jedoch diese Beispiele sind genau die, weswegen bei uns trotz hoher Ausgaben nichts vorwärts geht.
    Die Anlieger dort wußten um den Anschluß, bauten trotzdem und dann werden aus fadenscheinigen Gründen die Gerichte bemüht.

    So wars mit den Windkraftanlagen (10H) und den zu verlegenden Stromleitungen von Nord nach Süd.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    "Nur" 300 Autos am Tag?!

    Wieviele Leute wohnen eigentlich in dieser Straße bzw. welche "Attraktionen" finden sich dort?
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  • Andreas Faulhaber
    Eventuell die Bürgerinnen und Bürger Estenfelds?
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  • Marion Berger
    Wen interessiert es?
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  • Georg Ries
    Nur die Anlieger! Die hätten wissen müssen, dass die Öffnung schon immer geplant war. Aber jetzt an der ruhigen Sackgasse bleiben. Schon klar! Aber durchsichtig 👎🏼
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