Wenn am Dienstag, dem 10. September 2024, um 11.20 Uhr die Glocken vom Turm der Acholshäuser Kirche erklingen, erinnert das Läuten an den Tag vor genau 80 Jahren, als Bomben das Dorf zerstörten. Zugleich mahnt ihr Klang, dass sich die schrecklichen Ereignisse vom 10. September 1944 niemals wiederholen dürfen. Eine Interessengemeinschaft aus Mitgliedern der örtlichen Vereine hat eine Gedenkveranstaltung organisiert, eine Fotoausstellung vorbereitet und eine kleine Broschüre erarbeitet, die einen der schwärzesten Momente in Acholshausens rund 900-jähriger Geschichte dokumentiert.
1750 Stabbrandbomben gingen auf Acholshausen nieder
Der damalige Oberlehrer Hugo Wilz (1893-1985) beschreibt den 10. September als schönen, sonnigen Herbsttag. Aus diesen Aufzeichnungen hat Hans Joachim Greubel (1924-1997) später die Chronik-Reihe "Zur Geschichte des Dorfes Acholshausen" verfasst. Helga Englert, heute 85 Jahre als, zählt zu den letzten Menschen im Ort, die die Bombardierung noch selbst miterlebt haben. Sie erinnert sich daran, dass durch den Hagel von Brand-und Sprengbomben in kurzer Zeit das gesamte Dorf in Flammen stand. In seinem Buch "Die Kriegsfurie über Franken" schrieb der Auber Hobbyhistoriker Helmut Veeh, dass 112 amerikanische Bomber des Typs B-17, die sogenannten "Fliegenden Festungen", 1750 Stabbrandbomben auf Acholshausen abgeworfen haben.
Von ihrer Mutter wurde sie in den nahegelegenen Steinbruch in Sicherheit gebracht, erzählt Helga Englert. Hier hat sie mit anderen Erwachsenen und Kindern ein Versteck vor dem Feuer gefunden. Die Bewohnerinnen und Bewohner versuchten verzweifelt, aber meist vergeblich, einen Teil ihres Hab und Guts aus den brennenden Häusern zu retten. Die Möbel und der Hausrat, die aus einem Haus in der Nähe der Kirche vor den Flammen in Sicherheit gebracht worden waren, wurden zerstört als am Nachmittag der Kirchturm einstürzte.
129 Gebäude wurden durch den Bombenangriff zerstört
Trotz des Einsatzes von zahlreichen Freiwilligen Feuerwehren war das Dorf ein einziger rauchender Trümmerhaufen. Die traurige Bilanz der Bombardierung lautet: Eine Frau wurde so schwer verletzt, dass sie kurz darauf starb. Völlig zerstört wurden die Kirche, die Schule, 32 Wohnhäuser, 38 Scheunen, 35 Stallungen und 22 Nebengebäude sowie nahezu alle landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte.
Aus den Viehbeständen fielen drei Pferde, 96 Rinder, 93 Schweine und neun Ziegen dem Großbrand zum Opfer. Viele der Menschen standen nach dieser Kriegskatastrophe vor dem Nichts und waren auf die Hilfe ihrer Nachbarn und Verwandten angewiesen, und auf die Unterstütztung derer, die noch ein Dach über dem Kopf hatten. Zehn Jahre dauert der Wiederaufbau. Erst vor kurzem machte die letzte Ruine am Ratstein Platz für ein neues Wohnhaus.
Mit viel Mut und Tatkraft gingen die Acholhäuserinnen und Acholshäuser daran, auch ihre Kirche wieder aufzubauen. Eine Inschrift am Kirchturm lautet: "Unvergesslicher Tag, an dem dieses Dorf von Feuer verzehrt hinsank in wenigen Stunden in Schutt und Asche und Staub. Nun ist es erstanden aufs neu durch den Fleiß der Bewohner, gewähre o Gott ihm Deinen allmächtigen Schutz."
"Man kann sich das heutzutage gar nicht vorstellen, was unsere Mütter, Väter, Oma und Opas durchmachen mussten", sagt der junge Acholshäuser Benedikt Körner. Gemeinsam mit Uwe Binder präsentiert er den Entwurf der zehn Tafeln, die im Ort verteilt die Zerstörung nach dem Angriff dokumentieren.
Warum das kleine, unbedeutende Dorf so schwer bombardiert wurde, lässt sich bis heute nicht nachvollziehen. Es gab weder Rüstungsproduktion noch kriegswichtige Einrichtungen in Acholshausen, sagt Benedikt Körner. Nach gängiger Meinung sei es eine "Gelegenheitsziel" gewesen. Dabei könnte die Nähe zum Militärflugplatz in Giebelstadt eine Rolle gespielt haben, auf dem die deutsche Luftwaffe unter anderem den ersten in Serie gebauten Düsenjäger Messerschmitt Me 292 erprobt hat. Unweit von Acholshausen befand sich zur Verteidigung des Flugplatzes eine Flugabwehrstellung.
Mit ihrer Ausstellung wolle die Interessengemeinschaft dafür sorgen, dass die Kriegszerstörung auch nach 80 Jahren nicht in Vergessenheit gerät, und gleichzeitig daran erinnern, dass auch aktuell in vielen Ländern Krieg herrscht. "Es ist immer das Gleiche, die Schwächsten trifft es besonders hart", sagt Körner.
Offizielles Angriffsziel war der Flugplatz Giebelstadt.