zurück
Würzburg
Frieden mit Russland ohne Ukraine? – "Für uns ist es besser weiterzukämpfen, als einen solchen Frieden zu bekommen"
Anastasia Schmid ist Ukrainerin und lebt seit über 20 Jahren in Würzburg. Dass die USA jetzt mit Russland über die Köpfe der Ukrainer hinweg verhandeln, empfindet sie als schrecklich.
Würzburgs ukrainische Partnerstadt Lwiw liegt zwar weit von der Frontlinie entfernt. Dennoch war die Großstadt mit ihren 710.000 Einwohnern bereits mehrfach Ziel russischer Angriffe – wie hier im September 2024, als sieben Menschen getötet wurden, darunter eine Mutter mit ihren drei Töchtern. 
Foto: Kola Tys, dpa | Würzburgs ukrainische Partnerstadt Lwiw liegt zwar weit von der Frontlinie entfernt. Dennoch war die Großstadt mit ihren 710.000 Einwohnern bereits mehrfach Ziel russischer Angriffe – wie hier im September 2024, als ...
Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 07.03.2025 02:37 Uhr

Ist Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine kurz vor dem Ziel? Diese Frage steht seit dieser Woche akut im Raum. Die USA bereiten Verhandlungen mit Moskau über ein Ende des Krieges vor – ohne die angegriffene Ukraine einzubeziehen. Was die aktuelle Situation bei Ukrainerinnen und Ukrainern auslöst, darüber sprach die Redaktion mit Anastasia Schmid. Die 44-Jährige lebt seit 2001 in Würzburg und ist Vorsitzende des 2022 gegründeten Vereins "Mrija", der sich um die rund 2500 aus der Ukraine geflüchteten Menschen in der Region Würzburg kümmert. Das Gespräch wurde wenige Tage vor dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geführt.

Hält Kontakt zu vielen Landsleuten in der Ukraine: Anastasia Schmid in diesen Tagen in der Würzburger Innenstadt.
Foto: Silvia Gralla | Hält Kontakt zu vielen Landsleuten in der Ukraine: Anastasia Schmid in diesen Tagen in der Würzburger Innenstadt.
Frage: Frau Schmid, seit dieser Woche reden Amerikaner und Russen über ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine – über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg. Welche Empfindungen haben Sie, wenn Sie zurzeit Nachrichten hören? 

Anastasia Schmid: Wie kann man über dieses Thema ohne alle beteiligten Seiten sprechen? Ich empfinde das als schrecklich. Trump will seine eigene Macht zeigen und die Botschaft vermitteln: 'Ich kann es!' Die USA sind weit entfernt, den Amerikanern ist es wahrscheinlich egal, was in der Ukraine passiert. Ich hoffe, dass Europa auf unserer Seite bleibt, das ist das Minimum.

Wie ist die Stimmung unter den Ukrainerinnen und Ukrainern in Würzburg?

Schmid: Sie machen sich auf jeden Fall Sorgen. Sie fragen sich, auch mit Blick auf die Bundestagswahl: Was wird jetzt passieren? Was wird sich für uns ändern? Wir bekommen jetzt schon Anfragen aus der Ukraine: 'Dürfen wir noch kommen?' Den Menschen sagen wir im Moment noch: ja. Aber wer weiß, was in einem Monat ist? Derzeit gilt die Aufenthaltserlaubnis bis Anfang März 2026. 

Sie sind mit vielen Menschen in der Ukraine im Kontakt. Was löst die aktuelle Entwicklung vor Ort aus?

Schmid: Die Reaktionen sind unterschiedlich, die Stimmung ist auch sehr schwankend, es ist eine Art Auf und Ab. Mal ist der Ärger, die Wut groß, dann wieder gibt es Phasen der Akzeptanz. Es ist vielleicht schwer verständlich, aber es gibt inzwischen auch viele Menschen, die sich mit der Situation mehr oder weniger abgefunden haben, die sagen: 'Wir sind es gewohnt, dass man uns jede Woche bombardiert, das ist jetzt normal.' Aber nein, es ist nicht normal!

Die Ukraine ist in einer schwierigen Lage, es droht ein Diktatfrieden. Gibt es in der ukrainischen Bevölkerung auch Stimmen, die sagen: "Egal wie, Hauptsache Frieden"?

Schmid: Ich glaube nicht, dass es die Mehrheit ist, aber es gibt Leute, die so denken, ganz sicher. Aber es gibt auch Hoffnungen, die mit der ukrainischen Geschichte zusammenhängen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Ukraine angegriffen wird, und es gab schon viel schlimmere Situationen, so zum Beispiel 1918, als sich die Ukraine gegen die Rote Armee Sowjetrusslands zur Wehr setzte. Das war eine schwere Zeit, aber sie haben uns nicht vernichten können. Jetzt haben wir unsere europäischen Partner, die uns unterstützen.

Was erwarten Sie von den Europäern?

Schmid: Zunächst: Wenn der Westen 2013/2014 anders reagiert hätte, wären wir jetzt nicht dort, wo wir sind. Putin versteht nicht die Sprache der Diplomatie, er sieht darin Schwäche. Er versteht nur die Sprache der Macht. Je eher man das erkennt, umso besser. Wenn Europa schon keine eigenen Soldaten in die Ukraine entsenden kann, dann sagen wir: Bitte schickt der Ukraine alles, was sie jetzt braucht, in größerer Menge! Damit die Ukraine gewinnen kann! Bisher wird noch nicht alles getan, was notwendig wäre. Dazu bräuchte es Politiker mit mehr Entschlossenheit, einen neuen Churchill. Im Moment ist es so, dass die Ukrainer mit einem Arm auf den Rücken gebunden kämpfen müssen. Doch wenn die Ukraine gewinnen soll, muss Russland verlieren. Und selbst dann wird es für die Ukrainer kein reiner Sieg sein: So viele Menschen sind in diesem Krieg gestorben, so viele Städte und Dörfer wurden zerstört.

Sind Sie wütend auf die Amerikaner?

Schmid: Wütend nicht, ich habe es bei dem Wahlausgang nicht anders erwartet. Ich hatte mir, wie wahrscheinlich viele Deutsche auch, Kamala Harris gewünscht. Ich glaube, mit ihr als Präsidentin hätten wir ganz andere Verhandlungen. Jetzt müssen wir mit der Situation klarkommen. 

Vor zwei Jahren in Würzburgs Partnerstadt Lwiw: Gedenken an die Gefallenen des Ukraine-Krieges am Vorabend des ersten Jahrestages des russischen Überfalls.
Foto: Torsten Schleicher | Vor zwei Jahren in Würzburgs Partnerstadt Lwiw: Gedenken an die Gefallenen des Ukraine-Krieges am Vorabend des ersten Jahrestages des russischen Überfalls.
Falls es zu einem für die Ukraine ungünstigen Frieden kommt: Sind die vielen Soldaten dann umsonst gestorben?

Schmid: Ja, leider. Und man muss zugleich wissen, was für Russland "Frieden" bedeutet. Was Russland verspricht, das kann man nicht glauben. Ich sage es mal so: Das nicht bestrafte Böse kehrt zurück. Wenn die Russen Frieden bekommen, werden sie die Zeit nutzen, um sich zu erholen. Für uns ist es besser, weiterzukämpfen, als einen solchen Frieden zu bekommen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Torsten Schleicher
Frieden und Friedenspolitik
Innenstädte
Kamala Harris
Kriegsbeginn
Markt Höchberg
Rote Armee
Ukraine-Russland-Krieg
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Klaus B. Fiederling
    in der Hölle muß es doch wohl bitter kalt sein, da die Teufel alle auf der Erde herum laufen, von Putin, den obersten Teufel angefangen über seinen Hilfscherif Trump, der so dumm ist wie die Nacht finster. Dahinter kommen dann noch die kleinen Hilfsteufelchen wie z. B. Musk & Co.
    Wie wird die Welt 2025 am Ende aussehn?? Gibt es uns da noch??
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Meyer
    Von dieser Ukraine wird nichts mehr übrigbleiben, das ist doch jedem klarm der die Hintergründe versteht. Das war von Anfang an gewollt. Nur die Ukrainer haben das anscheinend nicht verstanden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Rösch
    Sie haben das also verstanden Herr Mayer , dann lassen sie uns mal ihre Vision hören. Was heute auf unserem Planeten politisch unterwegs ist kann man nicht mehr verstehen als Mensch der nur in Frieden leben möchte. Es sind allein die einzelnen verrückten . Geldgierigen und Machtgierige Welt Politiker die hier mit einem 3.Weltkrieg spielen denen Menschenleben voll egal sind. Für mich sind diese Staatsmänner voll krank im kopf für das es leider noch kein Medikament gibt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gabriele Schneider
    Es wäre einmal zu überlegen Alaska würde von Russland anektiert. Schließlich hat es ja einmal Russland gehört und wurde von einem Zaren noch vor der Revolution zu einem Schleuderpreis an Die USA verkauft.
    Was würde der Wütterich Trump und seine Vasallen dazu sagen, und vor allem der Rest der "noch" freien Welt??
    Es ist einfach über Entscheidungen oder Vorfälle zu debattieren die einen selbst nicht betreffen.
    Wenn unser Heimatland besetzt oder angegriffen werden würde, würden alle von BSW,AFD oder der Linken dann weiße Fahnen herausholen und die Eindringlinge freudig begrüßen?
    Einfach mal darüber nachdenken, und nicht auf andere eindreschen die schon genug Leid ertragen mussten.
    Peter Schneider
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alexander Falk
    Ohnr die Unterstützung aus dem Westen wären die schon lange am Ende!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Rösch
    Wir in Zukunft auch.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Jedes Land kann ohne das Ausland nicht überleben. Selbst ein Nordkorea nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Rösch
    Einfach schäbig. die schon lange am Ende .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus B. Fiederling
    Es ist ne bodenlose Frechheit wie Herr Trump über die Ukraine und Selenski herzieht.
    Er will Liebkind machen bei dem Diktator in Russland. Ich habe das Gefühl, dass Trump nicht mehr klar denken kann.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Meyer
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gertraud Behringer
    "Für uns ist es besser, weiterzukämpfen, als einen solchen Frieden zu bekommen"...das sagt sich für Ukrainer aus dem sicheren Deutschland natürlich einfacher als im Kriegsgebiet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Rösch
    Wenn der Russe vor unsere Haustür steht erinnern sie sich an ihren Kommentar Frau Behringer von wegen sicheres Deutschland. Bedrohung nimmt zu in Europa . In Frieden will jeder Mensch Leben aber man muss auch frienden und Freiheit verteidigen. Seien sie froh das wir noch nicht in solch einer kriegerischen lage sind .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Rudolf Thomas
    Das stimmt nicht, dass »jeder Mensch« (Ihr Zitat) in Frieden leben möchte. Wäre dem so, dann gebe es keine Kriege. Zudem muss niemand »froh sein«, in Frieden und Freiheit zu leben. Beides ist weltweit ein verbrieftes Menschenrecht, das leider gebrochen wird. Unsere Nationalhymne fordert: »Einigkeit und Recht und Freiheit ...«
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ute Hufnagel
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten