Nach einer der größten Demonstrationen im Würzburg der vergangenen 30 Jahre strahlte die 16-jährige Demo-Leiterin Vivian Deppisch und sagte: "Ich bin total überwältigt. Ich fühle wirklich, dass wir etwas bewirken können." Fridays for Future zählte 8000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem knapp zweistündigen Zug durch die Innenstadt, auf 5000 kam die Polizei. In der Ludwigstraße nutzten sie die gesamte Straßenbreite – mehr als 20 Minuten vergingen von den ersten bis zu den letzten Demonstrierenden.
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Die Demonstration war ein Zug der Generationen. Zahlreiche ehemalige Aktivistinnen und Aktivisten demonstrierten mit den jungen Leuten, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren gegen Atomkraftwerke und Umweltzerstörung auf die Straße gingen, manche Klosterschwestern und Althippies, Gewerkschafter und Rentner, viele Berufstätige und Studierende. Die Sprechchöre und Transparente schillerten zwischen Lebensfreude – "Lieber heißen Sex als einen heißen Planeten" – Forderungen – "Die Politik soll sich ändern, nicht das Klima" – und selbstbewussten Ankündigungen wie "The oceans are rising and so do we" (sinngemäß: Die Ozeane erheben sich und wir auch). Sie forderten ein nachhaltiges und klimaneutrales Wirtschaften und das Einhalten international vereinbarter Klimaziele.
Patrick Friedl: "Es ist unglaublich"
Politiker waren da – Oberbürgermeister Schuchardt, die Bundestagsabgeordnete Simone Barrientos und der Landtagsabgeordnete Patrick Friedl – aber eingeladen, bei der Kundgebung zu sprechen, waren sie nicht. Das machten die Demonstranten alleine.
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Friedl schaute im Gespräch mit dieser Redaktion recht ungläubig. "Es ist unglaublich", sagte er zur Größe der Demonstration, "absolut faszinierend". Fridays for Future sei eine "absolut wichtige Bewegung" mit einer "wirklich beeindruckenden Prägnanz und Ausdrucksstärke".
Ähnlich äußerte sich Barrientos. Diese Bewegung stelle die entscheidenden Fragen "nach einem anderen Wirtschaften, einer anderen Gesellschaftsform, nach einem anderen Umgang miteinander." Ohne Rückenwind von der Straße sei im Bundestag nichts zu erreichen. Fridays for Future wirke und gebe ihr Hoffnung und Kraft.
Fridays for Future hat sich weltweit rasant entwickelt
OB Schuchardt sagte, er habe Sympathie "für die Anliegen, die ja weite Teile der Bevölkerung auch teilen: dass dem Klimawandel zu begegnen ist und dass das eine große gesellschaftliche Aufgabe ist". Andererseits sei er Teil der Stadtverwaltung, die sich, wie die ganze Welt, den Aufgaben stellen müsse. "Insofern" finde er "richtig, präsent zu sein", auch wenn er nicht vorn mitlaufe.
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Fridays for Future hat sich weltweit rasant entwickelt, auch in Würzburg. Ende 2018 bestreikten die ersten Schülerinnen und Schüler in Deutschland, inspiriert von Greta Thunberg ihre Schulen, in Würzburg zum ersten Mal am 18. Januar. Benedikt Schürzinger, einer der damaligen Organisatoren, sagte in seiner Rede während der Kundgebung am unteren Markt, er habe sich nicht vorstellen können, dass die Bewegung in so "unfassbar kurzer Zeit" wachse.
Sein Appell illustriert das Wesen von Fridays for Future recht gut: "Seid laut, traut euch, geht auf die Straße (…) und lebt eure Werte. Wir sind die größte globale Bewegung, die es jemals gab. Und wir haben die Möglichkeit, die Menschheit vor einer Katastrophe zu bewahren."
Vivian Deppisch, die Demo-Leiterin, geht davon aus, dass sie für ihren Schulstreik einen Verweis bekommt. Sie habe deswegen schon einige gesammelt, "aber die zählen nicht". Die würden "halt zu Hause unterschrieben" und dann gehe es weiter.