Der berufliche Neustart von Daniela Schleich begann in der Badewanne – und mit einem spontanen Einfall. "Dann werde ich eben Lackierer-Meisterin", schlug die gelernte Steuerfachangestellte eines Abends ihrem Mann Olaf vor. Dieser besitzt eine Fahrzeuglackiererei in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) und hatte damals, im Jahr 2012, große Probleme mit seinem Meister. Selbst hatte er aber nicht den nötigen Meisterbrief, um im Betrieb ausbilden zu dürfen. Grund genug für die dreifache Mutter, mit fast 40 Jahren nochmal die Schulbank zu drücken und in eine typische Männerdomäne einzusteigen. Sieben Jahre später ist sie ausgezeichnet als "Unternehmerfrau im Handwerk 2019" und sitzt auf einer Bühne vor etwa 150 Gästen in der Würzburger Residenz.
Die meisten weiblichen Azubis werden Frisörin oder Verkäuferin
Ein Großteil der jungen Frauen entscheidet sich immer noch gegen einen typischen "Männerberuf". Stattdessen waren die beliebtesten Berufe unter weiblichen Auszubildenden in Unterfranken im vergangenen Jahr Frisörin und Fachverkäuferin. Dabei, so die aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart) stammende bayerische Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (Freie Wähler) in ihrer Eröffnungsrede, würden auch in anderen Branchen engagierte Frauen gebraucht.
Frauen wie Daniela Schleich. Gemeinsam mit Walter Heußlein, Präsident der Handwerkskammer Unterfranken (HWK) und Jasmin Stumpf, angehende Mechatronikerin, spricht Schleich über Frauen in klassischen "Männerberufen". Die Podiumsdiskussion findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Weiblich, politisch, erfolgreich – Frauen packen an!" statt. Das ganze Jahr über organisierte die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Vorträge und Diskussionsrunden anlässlich des 100. Jubiläums des Frauenwahlrechts.
Von der Schnapsidee zum Traumjob
Wenn sie über ihren Beruf spricht, sprüht Daniela Schleich vor Begeisterung: "Ich liebe das, was ich mache", sagt die Fahrzeuglackiererin. Die Frage von Moderator Volker Omert, ob denn alles so geplant gewesen sei, verneint sie: "Das war eigentlich nur eine Schnapsidee, aber heute möchte ich die Zeit nicht mehr zurückdrehen." Schleich führte jahrelang die Buchhaltung der Firma ihres Mannes. Aber erst als Lackiererin habe sie die Erfüllung gefunden, erzählt sie.
Auch Jasmin Stumpf ist ein Beispiel dafür, dass Frauen und Technik sehr wohl zusammenpassen. Der 27-Jährigen sieht man ihren Beruf nicht an. Die runde Brille und die hochhackigen Schuhe der Auszubildenden, lassen nicht erahnen, dass sie täglich in den Fertigungshallen und Werkstätten eines Industriebetriebs steht. Stumpf ist angehende Mechatronikerin bei Schaeffler in Schweinfurt. Auch sie hat bereits einen turbulenten Lebensweg hinter sich.
Gefühl der Unterforderung
Nach ihrem Hauptschulabschluss wäre Stumpf gerne Kfz-Mechanikerin geworden. "Vor zehn Jahren bin ich da aber auf wenig Verständnis gestoßen", sagt die Bastheimerin (Lkr. Rhön-Grabfeld). Stattdessen habe sie jede Menge Vorurteile zu hören bekommen und schließlich eine Ausbildung zur Friseurin begonnen. "Aber da habe ich mich grundsätzlich unterfordert gefühlt."
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Es folgten die Fachhochschulreife, ein Studium, das sie wieder abbrach, eine lange Reise durch Südostasien und viele Aushilfstätigkeiten. "Erst mit 24 Jahren habe ich gemerkt, dass der einzige Mensch, den ich glücklich machen sollte, ich selbst bin und kein anderer", sagt die Auszubildende über ihre Entscheidung, eine Lehre zur Mechatronikerin zu beginnen.
Kraft ist nicht mehr entscheidend
Beide Frauen kennen die Klischees, die viele auch heute noch im Kopf haben. "Mir wurde oft gesagt, dass man in einem Männerberuf ja auch richtig anpacken können muss", sagt Stumpf. Dabei gäbe es heute keine Berufe mehr, die eine Frau per se nicht machen könne, so Walter Heußlein: "Wir haben im Handwerk heute überall Hilfsmittel wie Stapler und Kräne. Kraft spielt da keine Rolle mehr." Heute sei viel öfter Köpfchen gefragt, weiß Daniela Schleich aus dem eigenen Betrieb.
Trotzdem scheuen sich auch heute noch viele junge Frauen, einen technischen Beruf zu ergreifen. "Viele Mädels haben es nicht im Kopf, dass es noch etwas anderes gibt als die typischen Frauenberufe", sagt Schleich. "Man muss einfach mehr darauf aufmerksam machen – schon in der Schule." Typische "Männerberufe" sind bei jungen Frauen immer noch unbeliebt. Laut Handwerkskammer haben sich nur rund 5 Prozent der weiblichen Auszubildenden in Unterfranken im vergangenen Jahr für den Beruf Kfz-Mechatronikerin entschieden, 3 Prozent für Schreinerin.
"Machen Sie das, was Sie wirklich wollen", fordert Moderator Volker Omert die Schülerinnen und Schüler im Publikum abschließend auf. Am Ende müsse der Beruf zu den Stärken und Talenten passen – nicht zum Geschlecht.