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Frauen im Handwerk: Von der Apotheke in den Karosseriebau
Denise Hesse ist die einzige weibliche Azubi im Karosseriebau in Main-Spessart. Sie erzählt, wie sie von ihrer ursprünglichen Ausbildung zur PTA zum Karosseriebau fand.
Denise Hesse ist die einzige Auszubildende im Karosseriebau in Main-Spessart.
Foto: Lukas Kutschera | Denise Hesse ist die einzige Auszubildende im Karosseriebau in Main-Spessart.
Lukas Kutschera
Lukas Kutschera
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:21 Uhr

Denise Hesse steht vor einer verbeulten Stoßstange, die beinahe so groß ist wie sie selbst. Mit geschickten Händen baut sie gerade die elektronischen Teile aus, um sie später in eine neue, unverbeulte Stoßstange zu wechseln. Denise trägt eine graue Arbeitshose und eine Fleecejacke, auf der das Logo ihres Ausbildungsbetrieb zu lesen ist. Die 21-Jährige lernt Karosseriebau bei der Altfelder Firma "Die Lackiererei Schleich".

Im Landkreis Main-Spessart gibt es laut der Handwerkskammer Unterfranken derzeit drei Azubi im Karosseriebau. Denise ist davon die einzige Frau. Die Zahlen für ganz Unterfranken machen noch deutlicher, dass der Beruf nach wie vor als Männerdomäne wahrgenommen wird: Von 67 Auszubildenden sind es mit Denise nur vier Frauen.

Leidenschaft für Autos liegt in der Familie

Nach ihrem Realschulabschluss machte Denise erstmal eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) und arbeitete für ein Jahr in dem Beruf. "Ich hab die Ausbildung durchgepowert und dann geschaut, ob es mir im Beruf besser gefällt", sagt Denise. Sie merkte aber schnell, dass sie auch in der Apotheke ihre Zukunft nicht sieht. Zu wenig Praxis und zu viel Kundenservice, fand die 21-Jährige.

Denise Hesse wechselt die Elektronik einer Stoßstange. In ihrer Ausbildung liegt der Schwerpunkt auf die technischen Aspekte des Karosseriebaus.
Foto: Lukas Kutschera | Denise Hesse wechselt die Elektronik einer Stoßstange. In ihrer Ausbildung liegt der Schwerpunkt auf die technischen Aspekte des Karosseriebaus.

"Außerdem wollte ich schon immer was mit Autos machen", sagt Denise. Die Begeisterung für das Schrauben liegt der 21-Jährigen im Blut. Ihr Vater hat einen BMW 2002 Turbo, den er hegt und pflegt. Der Bruder lernt gerade KFZ-Mechatroniker. Nach ihrem Schulabschluss habe sie sich erst nicht getraut, dieser Leidenschaft nachzugehen. Dann, nach der Ausbildung zur PTA, nahm sich Denise die Zeit, sich zu orientieren und in das Feld reinzuschnuppern. Vier Praktika absolvierte sie im Bereich Karosseriebau und KFZ-Mechatronik.

Karosseriebau: Ein frauenfreundlicher Beruf

Hängen blieb Denise dann bei "Schleich" in Altfeld, die sie nach ihrem Praktikum direkt übernehmen wollten. "Mir gefällt es hier richtig gut", sagt sie nach einem Jahr Ausbildung. Am Beruf reize die 21-Jährige, dass er sehr abwechlungsreich sei. Als Karosseriebauerin kümmert sie sich um das Reparieren und Lackieren von kleinen Kratzern im Blech bis hin zu schweren Unfallschäden. Bei Heben von schweren Teilen kann sie auf ihre Kollegen zählen: "Wenn ich Hilfe brauch, dann sind sie immer da." Prinzipiell müssten die meisten Teile aber eh von zwei Leuten getragen werden.

"Außerdem gibt es viele technische Aspekte in dem Beruf", erklärt Daniela Schleich, die Chefin von Denise und selbst Frau im Handwerk. Dazu zähle zum Beispiel das Prüfen und Auslesen von elektronischen Systemen der Fahrzeuge. "Denise ist unser Köpfchen", sagt die Chefin. Ihr Betrieb würde die 21-Jährige daher speziell in die technische Richtung ausbilden.

Auto für gute Noten: Erfolgreicher Start in die Ausbildung

Ihr erstes Ausbildungsjahr hat Denise mit Bestnoten beendet. Als Belohnung bekommt sie von der Firma für ein Jahr das "Auto für gute Noten". Seit fünf Jahren motiviert Schleich ihre Auszubildenden mit der Aktion. Vorbei seien die Zeiten, in denen Handwerker nicht gut in der Schule sein müssten. Schleich erklärt: "Man muss die Theorie verstehen , um es in der Praxis umsetzten zu können."

Und wie ist es für Denise als Frau in ihrem Beruf? "Ich find's ganz normal", sagt sie. Auch bei den Jungs in der Berufsschule fühlte sie sich wohl: "Ehrlich gesagt war es die beste Klasse, die ich je hatte." Im ersten Lehrjahr lernte sie in Karlstadt mit KFZ-Mechatroniker die Grundlagen. Jeder Frau, die sich für das Handwerk interessiert, kann Denise nur sagen: "Traut euch!"

 
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