Die schlechte Nachricht zuerst: Schirmherr Markus Söder hat sich bei der Premiere der Röttinger Frankenfestspiele entschuldigen lassen. Dabei hätte Bertold Brechts „Dreigroschenoper“ zu Bayerns Finanzminister gepasst wie die Faust auf Auge.
- Was unsere Theaterkritikerin über die Premiere schreibt.
- Wie Proben zu den drei Stücken der Festspiele verlaufen sind.
- Wie Intendant Knut Weber mit den Traditionen der Frankenfestspiele gebrochen hat.
- Was den Festspielen neuen Schwung verleihen soll.
Röttingens Bürgermeister Martin Umscheid nahm's gelassen. So lange der Minister reichlich Geld nach Röttingen schickt, wie in den vergangenen Jahren, sei ihm sein Fernbleiben verziehen.
Und ohne die über 100 Röttinger, die während der Festspiele vor, hinter und neben die Bühne ehrenamtlich Dienst tun, und hochklassiges Theater in der Provinz überhaupt erst möglich machen.
Prominente Premierengäste
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens lädt die Stadt alljährlich zum Auftakt des siebenwöchigen Theater-Events ein. Und sie kommen auch diesmal zahlreich, vom Regierungspräsidenten Paul Beinhofer über Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel bis zu Polizeipräsident Gerhard Kallert. Dazu Vertreter von Unternehmen, die die Festspiele als Sponsoren und Werbepartner unterstützen.
Polizeipräsident Kallert musste sich gleich am Beginn des Stücks auch noch den Schabernack von Brechts korruptem Londoner Polizeisheriff Tiger Brown (Mirko Böttcher) gefallen lassen. Man sei ja quasi Kollege.
Mehr Gewicht für das Schauspiel
Für Intendant Knut Weber ist es die erste Spielzeit in Röttingen. Im vergangenen Herbst hat der Intendant des Stadttheaters Ingolstadt die Leitung der Frankenfestspiele übernommen und ihnen seine Handschrift aufgeprägt.
Rückkehr zu den Anfängen
Neben Musical und Operette will er dem Schauspiel wieder mehr Gewicht geben und sieht dies als Rückkehr zu den Anfängen, also vornehmlich Komödien mit Gesangseinlagen des Wiener Satirikers Johann Nepomuk Nestroy auf der Burg Brattenstein zu sehen waren.
Minimalistisches Bühnenbild
Mit Brechts „Dreigroschenoper“, einem Schauspiel mit Gesang, scheint er da die richtige Wahl getroffen zu haben, wenngleich er und Regisseur Donald Berkenhoff damit auch dem Publikum eine Umstellung zumuten. Ein minimalistisches Bühnenbild richtet die Aufmerksamkeit mehr auf die Darsteller. Die alten Burgmauern, früher meist von den Kulissen verdeckt, werden so zu einem Bühnenhintergrund, der Londons dunkle Gassen kaum treffender illustrieren könnte.
Demnächst „My Fair Lady“
Auch der Musical-Klassiker „My Fair Lady“, bei dem Weber selbst Regie geführt hat, wird mit deutlich weniger Bühnenausstattung zurecht kommen, als es die Besucher aus früheren Jahren gewohnt waren (Premiere 29. Juni). Ebenso wie das Volksstück vom „Brandnerkaspar“, das unter der Regie von Pavel Fieber am 13. Juli Premiere feiert.
Verjüngungskur
Mit seiner Verjüngungskur knüpft Weber an das Werk seiner Vorgänger Walter Lochmann und Sascha O. Bauer an. Es bleibt abzuwarten, wie sie vom Publikum goutiert wird.
Zum Ende der Spielzeit am 13. August hofft Bürgermeister Martin Umscheid, vielleicht doch noch Schirmherrn Markus Söder in Röttingen begrüßen zu können.
Umbau beginnt im August
Mit dem letzten Vorhang der Frankenfestspiele beginnt nämlich der Umbau des Burghofs und der teilweise Wiederaufbau des in den 70er Jahren eingestürzten Hauptbaus. Auch dafür hat der Finanz- und Heimatminister reichlich Geld aus Städtebauförderung in Aussicht gestellt.
Programm für 2018 steht bereits
Rechtzeitig bis zu den Proben der Festspiele 2018 muss der Umbau fertig sein. Dass sich die Festspielbesucher auch im kommenden Jahr auf einige Überraschungen gefasst machen müssen, verrät die große Litfaßsäule vor dem Eingang zum Burghof. Monty Python's „Spamelot“, Musicalfassung der Satire „Die Ritter der Kokosnuss“, steht dann neben dem Schauspiel „Die drei von der Tankstelle“ und dem Singspiel „Im weißen Rössl“ auf dem Spielplan.
Hänsel und Gretel in Ingolstadt
Eine moderne Singspiel-Fassung der Humperdinck-Oper „Hänsel und Gretel“, die Walter Lochmann und Knut Weber eigens für die Röttinger Festspiele erarbeitet hatten, war ursprünglich für die heurige Spielzeit angekündigt. Nachdem der Vorverkauf im vergangenen Herbst miserabel angelaufen war, hatte man frühzeitig die Notbremse gezogen und das Stück gegen den Publikumsmagneten „My Fair Lady“ ausgetauscht.
„Hänsel und Gretel“ wird stattdessen im kommenden Jahr in Weber Heim-Spielstätte Ingolstadt Premiere feiern. Nicht auszuschließen, dass die Humperdinck-Bearbeitung dafür im Jahr darauf auch in Röttingen aufschlägt. Das Original ist heuer bei übrigens den bei der Jungen Oper in Schloss Weikersheim zu sehen.
Weitere Infos und Karten unter Tel. (0 93 38) 97 28-55, sowie im Internet: www.frankenfestspiele.de