
Geld stinkt nicht, sagt man. Geld stinkt doch, wenn es in Unternehmen oder Vorhaben gesteckt wird, die Umwelt und Klima schädigen oder zum Beispiel menschenverachtend sind. Insofern haben Banken eine Verantwortung, wenn sie ihr überschüssiges Geld anlegen.
Das muss nachhaltig geschehen, fordert Harald Bolsinger. Der 49-Jährige ist Wirtschaftsethiker an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS). Als gelernter Banker war er mehrere Jahre in diesem Beruf tätig, leitete den Umweltrat der Nürnberger Umweltbank und forscht mittlerweile zu Ethik auf dem Finanzmarkt und zu werteorientierter Geldpolitik. Darüber hinaus berät er in diesem Bereich diverse Banken und Politiker.
Bolsinger hat exklusiv für diese Redaktion ausgewählte Genossenschaftsbanken und eine Sparkasse in Mainfranken stichprobenartig auf Nachhaltigkeit untersucht. Im Interview macht er klar: Einige Geldhäuser haben noch viel aufzuholen. Und er gibt Tipps, worauf Kundinnen und Kunden achten sollten.
Harald Bolsinger: Eine Durchschnittsnote zu bilden, ist ziemlich schwierig. Es ist alles dabei – von einer Fünf bis zu einer guten Zwei.
Bolsinger: Der Ausreißer nach oben, und das hat mich überrascht, ist die Sparkasse Mainfranken. Sie hat alle aktuellen Hausaufgaben belastbar erledigt. Das ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass diese Sparkasse ein großes Haus ist, das entsprechende Berichtspflichten hat.
Bolsinger: Sie hat einen eigenen Plan, wie sie sich verändern und die Region bei Nachhaltigkeitsthemen positiv beeinflussen will. Dabei geht es nicht nur um Spenden der Sparkasse, sondern um ein Bündel stimmiger Maßnahmen. Den Ernst sieht man dabei auch an deren Eigenanlagen. Banken sammeln mehr Geld ein, als sie an Krediten ausgeben können. Das müssen sie am Kapitalmarkt investieren. Darüber entscheidet jeweils der Vorstand.
Bolsinger: Das kann man im Nachhaltigkeitsbericht der Sparkasse nachschauen. Da steht, dass drei Viertel des Volumens den Global-Compact-Prinzipien genügt und fünf Prozent noch nicht nachhaltig sind. Die einzelnen Wertpapiere werden von der Sparkasse nicht offengelegt, das ist Betriebsgeheimnis. Aber sie wissen bei der Sparkasse offenbar, was sie tun. (Anmerkung der Red.: Bei den Global-Compact-Prinzipien handelt es sich um zehn Prinzipien der Vereinten Nationen zum Beispiel für die Beachtung der Menschenrechte, gegen Zwangs- und Kinderarbeit oder für Umweltschutz.)
Bolsinger: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen anders betrachtet werden müssen als Privat-, Groß- oder Direktbanken. Nicht gut sind viele Großbanken, die zwar einige Dinge schon richtig machen, aber nicht mit dem Ziel, dass sie ihre Region nachhaltig beeinflussen und deren Nachhaltigkeitstransformation befeuern. Das ist systemisch bedingt.
Bei VR-Banken und Sparkassen erwarte ich da wesentlich mehr, weil sie in der Region verwurzelt sein wollen, weil sie ihre Mitglieder fördern wollen. Ich bin erstaunt, dass ich nur vereinzelte tolle Beispiele in der Gruppe gefunden habe. Die Mehrheit hat noch große Hausaufgaben, weil ihnen ein integriertes stimmiges Konzept fürs eigene Haus fehlt.
Bolsinger: Bei der VR-MainBank in Gerolzhofen etwa habe ich bei meiner Internetrecherche zu Nachhaltigkeit wenig bis nichts Belastbares gefunden. Es sind keine Experten mit Entscheidungsmacht zum Thema Nachhaltigkeit sichtbar. Ich habe dort keinen Transformationsplan für die Bank oder ihr Geschäftsgebiet gefunden. Auch keinen Klimaschutzplan.
Es sind zwar sporadische Nachhaltigkeitsziele fixiert, aber die Berichterstattung lässt zu wünschen übrig. Zu den Eigenanlagen findet man gar nichts beziehungsweise nur Allgemeinaussagen des Dachverbands BVR. Dagegen hat die Bank ein wesentlich durchdachteres Philanthropie-Konzept, wie viele der VR-Banken. (Anmerkung der Red.: Solche Konzepte sollen zeigen, was ein Unternehmen freiwillig Gutes tut für die Gesellschaft.)

Bolsinger: Im Kerngeschäft Nachhaltigkeitsprodukte auf den Markt bringen. Die entscheidende Frage ist dann: Ist es ein Produkt unter mehreren und austauschbar? Ist es also ein Produkt, das eine Bank anbietet, weil es die anderen gerade auch machen? Oder steckt eine echte Überzeugung dahinter? Also die Überlegung: Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher, wir finanzieren keine fossilen Energien mehr und verkaufen keine Fonds in dieser Richtung.
Wenn der Kunde das will, dann werden ihm trotzdem nachhaltigere Produkte angeboten, mit denen er auch gutes Geld verdienen kann. Das ist ein Aspekt, woran man die Glaubwürdigkeit einer Bank erkennt, nachhaltig zu sein.
Bolsinger: Der Umgang mit den Eigenanlagen ihrer Bank sagt viel über die Verantwortungsübernahme aus. Da zeigt sich, ob das Top-Management konsequent ist und einen Plan hat. Denn das Eigendepot sieht ja keiner extern und bislang hat auch keiner danach gefragt.
Bolsinger: Fragen Sie direkt die Berater. Wenn diese keine belastbare Antwort haben, wissen Sie: Das Thema interessiert in dieser Bank niemanden. Das ist in etwa so, als wenn Sie im Modegeschäft fragen: Wo und wie ist die Kleidung hergestellt worden? Und dann die Antwort bekommen: Wissen wir nicht. Das Know-how zur Nachhaltigkeit muss man sich aneignen, dafür müssen Mitarbeiter mitunter auf Schulungen geschickt werden.
Bolsinger: Das sind die ganzen Fonds-Produkte, die auf den Markt geworfen werden. Da muss man genau hinschauen, was drinsteckt. Dazu kommt der gesunde Menschenverstand: Wenn da zum Beispiel eine ölproduzierende Gesellschaft zu finden ist, dann kann das kein Nachhaltigkeitsfonds sein. Die neue Taxonomie-Verordnung der EU gibt vor, dass die Dinge so benannt werden, wie sie wirklich sind.
Bolsinger: Ja. Und man erkennt es auch am Ratingsystem, bei dem man Ausschlusskriterien angeben kann. Also etwa: Ich will keine Menschenrechtsverletzungen, keine Hersteller von geächteten Minen und so weiter.
Bolsinger: Ihr Geld ist einer der größten Hebel der Transformation. Man stelle sich vor: Es gibt bei uns ein Gesetz, das die Verpestung der Umwelt verbietet. Im Gegenzug würden Banken Unternehmen im Ausland finanzieren, die die Umwelt massiv verschmutzen. Das konterkariert sich. Banken haben eine große Verantwortung, die Finanzflüsse umzulenken. Weg von dem, was uns schadet und hin zu Dingen, die diese Welt erhalten. Damit kann man ja auch gutes Geld verdienen.
Für Eigenanlagen der Sparkassen wie für die Anlage von Kundengeldern gilt gleichermaßen, dass bei einem alleinigen Fokus auf Nachhaltigkeit der in Betracht kommende Kreis der Anlagemöglichkeiten a priori eingeschränkt wird. Die Banker wissen das, ob das jedem Kunden bei seinen Anlageentscheidungen immer und vielleicht nach Jahren noch bewusst ist, darf man bezweifeln.
Ferner muss sich der Kunde bewusst sein, dass nicht überall, wo „nachhaltig“ draufsteht, auch „nachhaltig“ drin ist. So hat die EU im Sommer 2022 in ihrer Taxonomie-Verordnung diejenigen Energieunternehmen, die Atomkraft- und Erdgasaktivitäten betreiben, als umweltverträglich und nachhaltig eingestuft, übrigens gegen den erbitterten Widerstand der Bundesrepublik, die sich aber hier nicht durchsetzen konnte.