
An Tagen wie diesen würde das Herz von Veitshöchheim normalerweise wie wild pochen. Doch was ist schon normal. Der Freitag von "Fastnacht in Franken" ist ein Feiertag für den Ort. Doch dieser Feiertag war anders: rund um die Mainfrankensäle keine bayerische Polit- und Fastnachtsprominenz weit und breit. Betriebsamkeit herrschte am Freitag nur auf der Baustelle vor dem Haupteingang, wo Arbeiter die Fundamente für den neuen Mainsteg aushoben.
Diese 34. Auflage der Prunksitzung des Fastnacht-Verband Franken war tatsächlich besonders. In der seit 1987 währenden Geschichte von "Fastnacht in Franken" war die Live-Veranstaltung nur einmal ausgefallen: 1991 – aus Anteilnahme wegen des Golfkriegs, in dem sich die USA und ihre Verbündeten damals gegen den Irak befanden.

30 Jahre später stand die Prunksitzung, mit rund vier Millionen Fernsehzuschauern alljährlich die meistgesehene Sendung des BR, wieder auf der Kippe. Die Corona-Beschränkungen machten eine Live-Übertragung mit Besuchern und Ehrengästen in der engen Halle unmöglich. Lange wurde um ein Konzept gerungen, um die "Fastnacht in Franken" doch möglich zu machen. Letztlich entschieden sich die Verantwortlichen für eine Mischung aus Kammerspiel und Prunksitzung. Die Szenen waren in den vergangenen Wochen in Veitshöchheim, Nürnberg und München aufgezeichnet worden. Die letzten Aufnahmen waren erst am Freitagvormittag entstanden. Am Schneidetisch wurden die Teile dann puzzlegleich zusammengefügt.
Fastnachter und Fernsehleute machten das Beste aus den Umständen. Sie boten den Künstlern eine Bühne und eine Auftrittsmöglichkeit in schwierigen Zeiten, und den lockdowngenervten Menschen vor dem Bildschirm etwas Abwechslung – auch wenn das Thema Corona in vielen Nummern gegenwärtig war.
Natürlich fehlte dem Format etwas Frische, Nähe, Rasanz. Die Interaktion zwischen den Gästen aus der ersten Riege der bayerischen Politik und den Narren ist ja elementar für den Erfolg der Veranstaltung. Kein Einspieler ersetzt das gefrorene Lachen von Hubert Aiwanger, dem Wirtschaftsminister, wenn ihn mal wieder eine Humorpfeilspitze traf. Kein Schmunzeln einer Unbekannten am eingeblendeten Einzeltisch ersetzt das herzliche Lachen einer Katharina Schulze im Kostüm einer Eiskönigin. Kein Applaus vom Band ersetzt den Beifall im vollen Saal. Und kein Pappporträt von Markus Söder ersetzt das gekniffene Mienenspiel des echten Ministerpräsidenten.

Und doch bot die Sendung über drei Stunden und ein paar gequetschte Minuten nur wenige Längen und einen unterhaltsamen Ritt durch die fränkische Narretei. Durch die Aufzeichnung hatten sich den Künstlern diesmal Freiheiten und Effekt-Möglichkeiten geboten, die sie im Live-Format nicht haben. Da wurde etwa ins Fürther Wohnzimmer der Familie Kaltengruber geschalten, wo Volker Heißmann & Martin Rassau die Sendung verfolgten. Später wurde das Duo nach Veitshöchheim gebeamt – mitsamt der leibhaftigen Barbara Stamm. Büttenredner Peter Kuhn zauberte sich als "Phantom der Oper" mit einem Knalleffekt gar selbst von der Bühne.
Vor allem das kammerspielähnliche Stück zu Beginn, in dem die Fasenachter um Michl Müller, Klaus Karl-Kraus, Oliver Tissot oder Ines Procter kurzerhand die Vorbereitung der Prunksitzung übernahmen, hatte zahlreiche technische Kniffs.
Matthias Walz: Ohne Tolle, aber toll
In der Sitzung selbst, traditionell geleitet von Bernd Händel, knöpfte sich Gerlinde Hessler die "Fridays for Future"-Bewegung vor. Feierwehrkapell'n-Kommandant Norbert Neugirig indes stand ohne seinen Oberpfälzer Flankenschutz etwas verloren auf der großen Bühne herum. Der Rest der Blechbläsercombo durfte aufgrund der Corona-Bestimmungen nicht in die Halle, sondern erschien nur aus der Konserve. Bauchredner Sebastian Reich und Nilpferd Amanda präsentierten mit Hildegard eine Art fränkisches Siri. Michl Müller zackerte als Schneepflugfahrer durch die bayerische Bildungspolitik, und Matthias Walz präsentierte sich ohne die gewohnte Tolle, aber toll: Er war nicht nur König der Verschwörungstheorie, sondern mit seiner Alu-Krone auch der König des Abends. Die Hintergründe der Corona-Machenschaften anhand von Niederbayern, Andreas Scheuer und Dorothee Bärs Busen zu erklären, das gelingt nur dem Sänger aus Karlstadt.
Musikalisch wurde es auch bei den "Dorfrockern" und beim A-Cappella-Quintett Viva Voce, das mit "Halt mer zamm" den vielleicht emotionalen Höhepunkt der Sendung setzte.
Fürs Fazit indes bietet sich Zirkusdirektor Oti Schmelzer an, der folgende Weisheit parat hatte: "Dinge, die ein Mann zum Wein, aber nicht zu einer Frau sagen darf: 'Es gibt bessere, aber zum Kochen langt's!'" Eine Pointe, wie geschnitzt für diese Sendung: Geschmeckt hat's.
Ich fand die Sendung sehr gelungen und erheiternd - vor allem für die Möglichkeiten, die es zur Zeit gibt.
Leider konnte der vom Beitragszahler alimentierte BR der Versuchung noch widerstehen, Leider! Ein Argument für die Erhöhung der Gebühren wars aber sicher nicht.
P.S.: Mal sehen, was die neue Intendantin besser macht, als der alte..
Das alberne Vorgeplänkel von 20:15 bis 21:00 hätte man sich aber wirklich sparen können!
Das war so besch... - wenn das noch 5 Minuten länger gedauert hätte, hätte ich umgeschaltet!
Warum hat man das nicht offen als „warm up“ kommuniziert- von 19:30 bis 20:00 (statt der Landgasthäuser) - dann die Nachrichten - und dann 20:15 direkt loslegen mit der eigentlichen Sitzung?
So war ich echt irritiert und hab überlegt, ob das den ganzen Abend so weitergehen soll- wie gesagt, noch 5 Minuten länger diesen Käse zum Beginn - ich hätte umgeschaltet