Zwar fällt der Straßenfasching pandemiebedingt auch 2022 weitgehend aus, so ganz müssen die Unterfranken auf den Fasching jedoch nicht verzichten. So heißt es nun eben, Faschingsstimmung vom Sofa aus zu erleben. Auch die "Fastnacht in Franken"-Fans werden wieder auf ihre Kosten kommen. Zwar wird die Sendung zum zweiten Mal in Folge nicht live in den Mainfrankensälen stattfinden. Dies tue dem Bühnenprogramm jedoch keinen Abbruch, verspricht der Fastnacht-Verband Franken.
Seit Jahren dabei sind auch der Bauchredner Sebastian Reich mit seiner Amanda und die "närrische Putzfraa" Ines Procter. Im Gespräch erzählen sie, warum es in diesem Jahr eine besondere Vorbereitung auf die Sendung braucht, was sie am meisten vermissen und warum sie sich auf Markus Söder als Gast besonders freuen würden.
Ines Procter: Ich glaube, dass wir heuer immer noch mit angezogener Handbremse den Fasching durchleben müssen, damit hat niemand gerechnet.
Sebastian Reich: Das sehe ich genauso. In meiner Nummer vom letzten Jahr sage ich sogar, dass nächstes Jahr alles wieder gut ist und wir wieder alle zusammen sitzen können. Dass es 100 Prozent wieder so sein wird, wie vor der Pandemie, habe ich nicht gedacht. Aber dass es so sein wird, wie jetzt, mit solchen enormen Einschränkungen, damit habe ich nicht gerechnet.
Procter: Die muss man sich selber machen. Da muss man sich auch mal einen Secco alleine aufmachen. Doch wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen zusammen bin, dann ist es für einen Moment so wie immer, da blende ich alles andere aus.
Reich: Meine Faschingsstimmung taucht auf, wenn mein Corona-Test negativ ist, da schreie ich innerlich "Helau" (lacht). Spaß beiseite, bis auf ein paar wenige Ausnahmen passiert doch aktuell gar kein Fasching. Mein Halt ist, dass sich viele Menschen auf die Sendung "Fastnacht in Franken" freuen. Sie sind glücklich, dass es die Sendung trotz Pandemie gibt - auch wenn sie unter anderen Umständen stattfindet.
Procter: Diese Rückmeldung bekomme ich auch ganz oft! Die Leute sind einfach froh, dass nicht Nichts passiert. Dass wir Künstler den Fasching trotz Allem hoch halten können, macht mich glücklich.
Reich: Wir hatten ein kleines Publikum von zehn Menschen. Was ich dort und auch bei diversen anderen Veranstaltungen im letzten Jahr erlebt habe, ist, dass wenige Menschen im Publikum oft Stimmung für die zehnfache Menge machen.
Procter: Ich sehe das ähnlich, ein kleines Publikum kann oft mehr hermachen, als eine große Menge, weil diese Menschen dankbar sind, da sein zu dürfen. Trotzdem hatte die Fastnacht im letzten Jahr eher Studioatmosphäre, das hatte relativ wenig mit Fasching zu tun. Wir mussten uns die letzten zwei Jahre sehr umstellen, was das Publikum betrifft, wir mussten uns anders fokussieren, uns selbst motivieren. Hier ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass wir das Alles für die Leute Zuhause machen.
Reich: Ja, das ist zum letzten Jahr eine deutliche Steigerung. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Publikum eine tolle Stimmung machen wird. Trotzdem muss man sagen, dass die ganze Sendung vom Zauber und der Magie des Publikums lebt, deshalb hoffe ich, dass wenn wir nächstes Jahr wieder ein Interview führen, wir von einer normalen Zeit sprechen können.
Procter: Alles, was wir in diesem Jahr erleben dürfen, ist ein Stück weit mehr als im letzten Jahr.
Reich: Falls er wirklich kommen sollte, wird sich vor allem Amanda sehr freuen. Es besteht durchaus Redebedarf, so viel kann ich verraten.
Procter: Markus Söder war früher sehr bekannt dafür, dass er sich gerne verkleidet. In diesem Jahr wäre ein dickes Fell auf jeden Fall ratsam. Wir aus der Veranstaltungsbranche haben sehr gelitten, und darüber gilt es zu reden.
Reich: Der Blutdruck ist ein ganz anderer. Bei einer Live-Sendung wird alles gesendet, was man sagt, da gibt es kein Zurück mehr. Das ganze Gefühl ist ein anderes.
Procter: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich dem Puls momentan gewachsen wäre.
Reich: Es geht ja auch um Sicherheitsaspekte, diese Maßnahme ist also auf jeden Fall sinnvoll. Bei einer Aufzeichnung kann man gewisse Dinge mal unterbrechen. Wenn mehrere Personen auf die Bühne müssen, kann man so beispielsweise den Abstand besser organisieren. Außerdem geht es um Schnittbilder, uns wurde jedoch zugesichert, dass sich nichts an unseren Inhalten ändern wird. Die bleiben so, wie wir sie auf der Bühne zeigen.
Procter: Genau. Wenn es nur um uns Künstlerinnen und Künstler gehen würde, hätte man die Sendung mit Sicherheit auch live senden können. Aber es geht auch viel um das Publikum, bei dem man vorher nie weiß, wie es agiert oder reagiert.
Procter: Ich glaube, wir müssen uns alle im Grunde mehr vorbereiten, weil uns die Übung fehlt. Wir leben vom Feedback des Publikums und das haben wir in den letzten zwei Jahren viel zu wenig bekommen. Wir haben vieles nicht ausprobieren können und sind uns insgesamt oft etwas unsicher.
Reich: So geht es mir auch - gerade was die Stimme von Amanda angeht. Im Januar in "normalen" Jahren bin ich auf Tour, dort entsteht eine Routine, ein Training. Während der Auftritte feile ich an meinen Texten, ich sehe, wie meine Gags beim Publikum ankommen. Das fehlt in diesem Jahr komplett, deshalb herrscht eine gewisse Unsicherheit.
Reich: Seit ein paar Wochen habe ich eine Grundidee im Kopf, feile diese aus und bringe meinen Text auf Papier. Leider wissen wir heuer noch immer nicht, wer aus der Politik zur Fastnacht kommt. Auch auf dem politischen Parkett kann noch viel passieren, das macht die Vorbereitung sehr spannend.
Procter: Ich habe mich relativ zeitig schon auf eine Nummer eingeschossen, die dann leider nicht möglich war. Mittlerweile bin ich bei einer Nummer, die ich in jedem Jahr machen könnte. Sie ist eine Art Sicherheitsvariante für mich, damit bin ich sehr zufrieden. Ich habe den Text zwar schon abgegeben, denke mir mittlerweile aber fast stündlich etwas aus, dass ich ändern könnte. Vielleicht mach ich das auch noch bis zum Auftritt. Wenn man mit seinem Kopf alleine ist, bringt man sich selbst auch gerne mal durcheinander (lacht).
Procter: Ich mache viel Jugendarbeit und mache mir derzeit große Gedanken um den fränkischen Fasching. Wenn zwei Jahre wegfallen, ist es schwierig, alle Jugendlichen noch bei Stange zu halten. Gerade wenn Kinder in das Jugendalter kommen, fallen viele in den Vereinen weg. Wir haben einige Kolleginnen und Kollegen, die im Fasching Hochleistungssport betreiben. Wenn sie zwei Jahre lang nicht auftreten dürfen, ist das höchst dramatisch. Das ist an Demotivation kaum zu übertreffen.
Reich: Ich glaube auch, dass gerade das Vereinsleben sehr leidet. Fastnacht passiert doch gerade draußen auf dem Dorf, auf dem Land, in den Vereinen. Ich habe in vielen Orten mitbekommen, dass trotz der Pandemie ein Programm geplant wurde, in der Hoffnung, dass doch wenigstens ein bisschen Fasching stattfinden darf. Jetzt kann man nur hoffen, dass das alles schnellstmöglich ein gutes Ende für uns alle nimmt, dass vor allem im Nachwuchsbereich kein allzu großer Schaden entsteht.
Procter: Ich vermisse die Gelassenheit - nicht nur an Fasching, sondern das ganze Jahr über. Einfach mal laut loszulachen oder über den Parkplatz zu plärren. Ich habe wirklich sehr viel Humor und bin ein durchaus positiver Mensch - wenn auch negativ getestet (lacht). Aber manchmal fällt es mir schwer, wenn ich sehe, wie viel Angst bei den Menschen herrscht.
Reich: Ich vermisse die Geselligkeit - nicht nur auf der Bühne, auch hinter den Kulissen. Vor Corona sind wir essen gegangen, haben uns vor Auftritten getroffen, auch die Proben liefen ganz anders. Die Sitzungen, der Straßenfasching, die Umzüge, all das vermisse ich sehr.
Reich: Ich werde um 18 Uhr live im Fernsehen bei der Abendschau in München sein. Da ich keine Lust habe, während der Ausstrahlung auf der Autobahn zu sein, habe ich mir in München ein Hotelzimmer gebucht. Dort werde ich dann ein bisschen Konfetti werfen - vielleicht mit einem leckeren Getränk und Knabbereien. Und ich werde mit Sicherheit mein Handy auf dem Schoß haben und fröhlich die Nachrichten der närrischen WhatsApp-Gruppe des Fastnacht-Ensembles lesen.
Reich: Amanda wird im Fernsehstudio dabei sein, im Hotelzimmer aber nicht.
Procter: ...weil du kein Doppelzimmer gebucht hast.
Reich: Richtig erkannt, Ines.
Procter: Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, wo ich die Ausstrahlung schauen werde. Ich habe gehofft, mit ein paar anderen Künstlern gemeinsam. Falls nicht, dann auch gerne mit meiner Familie Zuhause. Traurig stimmt mich daran nur, dass normalerweise nach der Live-Sendung das schönste Gefühl ist, wenn man von der Bühne kommt und der ganze Druck abfällt - das fehlt heuer natürlich. Umso schöner, dass wir diese WhatsApp-Gruppe haben.
Procter: Lieber nicht...
Reich: ...die bleiben hoffentlich da, wo sie sind.
Procter: Obwohl... wenn wir weiterhin lange Zeit nichts verdienen, muss ich darüber nachdenken, sie vielleicht zu verkaufen..