
Viele der aktuell 40 Faschingsvereine im Landkreis Würzburg verzichteten bereits im vergangenen November auf den Auftakt in die zweite närrische Session unter den aktuellen Corona-Bedingungen. Das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage dieser Redaktion unter mehreren Fastnachtsvereinen zu geplanten Veranstaltungen ist keine Überraschung. Vorsicht statt Frohsinn herrscht nach wie vor in den Vereinen und Gesellschaften. "Das Vereinsleben ist auf Null. Und selbst bei einer überraschend veränderten Ausgangslage geht wegen der notwendigen Vorlaufzeit gar nix", bringt Armin Buchmann, Vorsitzender der "Frickenhäuser Moustgeuger" die allgemeine Situation auf den Punkt.
Was sich beim Abruf der vermeintlichen Termine auf den Internetseiten der Vereine und Gesellschaften im Landkreis vermuten lässt, bestätigten konkrete Nachfragen. In den bevorstehenden Wochen bis Aschermittwoch sind die närrischen Aktivitäten extrem reduziert. Bei dem, was dennoch über die Bühne gehen soll, ist das Live-Publikum stets außen vor. Vereinzelte Veranstaltungen sind dennoch zu verzeichnen. So verzichtet zwar der Landkreis auch in diesem Jahr auf ein Treffen der Vereine beim traditionellen Landkreis-Fasching. Doch lieferten auf Bitte von Landrat Thomas Eberth vereinzelte Vereine Beiträge wie Tanz, Büttenreden oder Showeinlagen für eine Fernseh-Aufzeichnung zur Ausstrahlung bei TV Mainfranken.
Eine Vereine bieten "Fasching to go" an
Damit folgt der Landkreis der Empfehlung von Tobias Brand (Winterhausen), Bezirkspräsident im Fastnacht-Verband Franken (FVF). Seitens des Verbands gebe es keinerlei einschränkende Vorgaben für Veranstaltungen, erklärt er. Dessen Heimatverein, die KCK "Kümmeltürken" Winterhausen, erklärte aber schon im Oktober vergangenen Jahres die Session für beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
"Den Vereinen ist freigestellt, zu machen was geht, auch wenn´s schwer fällt", betont Brand. Seinem Eindruck zu Folge gehen die Vereine auch im zweiten Jahr sehr respektvoll und verantwortungsbewusst mit der Situation um. 80 Prozent der 176 Gesellschaften in Unterfranken verzichten nach Brands Aussage in der laufenden Session sogar auf Ehrungsveranstaltungen.
Eine solche führten die "Erlabrunner Narrekröpf" im kleinen Rahmen und unter 2G-Regeln im vergangenen November durch. Für die "Narrekröpf" war es die einzige Veranstaltung anlässlich ihres 3 mal 11-jährigen Jubiläums. In der aktuellen Kampagne bieten die Erlabrunner Narren ihrem Publikum zum Faschingswochenende "Fasching to go" mit einer DVD, Link oder Stick mit kurzen Beiträgen, kulinarisch garniert mit Brathähnchen und Grill-Haxen.
An der Spitze der alphabetischen Fastnachtslandkarte im Landkreis steht der Altertheimer Carneval Club (ACC). Tanz und Stimmung wird am Faschingssamstag in "Alterta" über einen Youtube-Kanal verbreitet. Dazu ist laut Vorsitzenden Benjamin Großmann ein Freigabe-Link notwendig, alternativ eine DVD erhältlich. Und für das Faschingswochenende sei ein mobiler Bratwurststand im Ort geplant, um ein existenzielles Minimum an notwendigen Einnahmen akquirieren zu können.
Nicht gänzlich die Laune verdrießen lassen möchte sich auch die Faschingsgesellschaft in der TG Zell. Zumal die "Zeller Böck" heuer eigentlich ausgelassen ihr 66-jähriges Bestehen feiern wollten. Hierzu räumt Gesellschaftspräsident Stefan Golla die Motivation angesichts der Pandemie allerdings als "äußerst schwierig" ein. Frühzeitig seien schon alle Ideen und Vorbereitungen zum Jubiläum eingestellt worden. "Nicht einmal bei einer möglichen 25-prozentigen Saal-Auslastung möchten wir eine potenzielle Gefährdung des Publikums eingehen", so Golla. "Auf kleinster Flamme" kündigt er die Präsentation des Zeller Prinzenpaares am Faschingssonntag an - bei einer Rundfahrt auf einem Wagen durch den Ort.
Drei Millionen Euro für die Nachwuchsförderung
Als Verein, der sich ausschließlich dem tänzerischen Segment widmet, treffen die Auswirkungen der Pandemie und neuerliche Absage die Tanzsportgarde (TSG) Veitshöchheim besonders hart. Gleichwohl ist dies für Trainerin Kristina Hauser "alternativlos bei einer Inzidenz von 1000 plus X." Zweimal wöchentlich zwei Stunden trainieren die TSG-Garden in fünf Altersklassen ab dem dritten Lebensjahr nun schon seit zwei Jahren, ohne sich einem Publikum präsentieren zu können. "Unsere Jüngsten wissen gar nicht, welch psychische Belastung im karnevalistischen Tanzsport mit einem Auftritt vor Publikum verbunden ist", bedauert die Trainerin. Mit Beginn der Omikron-Welle habe die TSG die Saison für beendet erklärt. Um das hohe Niveau halten zu können, gehe das Training in reduziertem Umfang weiter. Möglich sei dies aber nur den Jüngsten durch die fortlaufenden Tests in Kindergärten und Schulen. Ältere Jugendliche, die noch nicht geimpft seien, bleiben dabei leider außen vor, bedauert die Trainerin.
Auf Nachfrage teilt das Landratsamt Würzburg in Absprache mit dem Gesundheitsamt mit, dass es keinerlei generelle Empfehlungen für die Durchführung von Faschingsveranstaltungen geben werde. Begründet wir dies damit, dass sich die Großzahl der Vereine längst gedanklich von der Session 2022 verabschiedet haben.
Unterdessen verweist FVF-Bezirkpräsident Tobias Brand auf ein kleines Trostpflaster zur Unterstützung der Nachwuchsförderung in den Vereinen. Mit dem Aktionsprogramm "Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) der BDK-Jugend im Bund Deutscher Karneval (BDK) als Teil des Aufholpakets die Gesamtsumme von drei Millionen Euro zur Verfügung.
Informationen hierzu gibt es im Internet unter: www.bdk-jugend.de und www.bmfsfj.de/aufholpaket