Dass die Mobilitätswende weg von immer mehr Straßenverkehr nur gelingen kann, wenn die Bahn ordentlich ausgebaut wird, sagen Politikerinnen und Politiker gerne in Sonntagsreden. Nur bei der konkreten Umsetzung hapert es noch allzu oft. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat jetzt Vorschläge gemacht, wie schon durch kleinere Baumaßnahmen mehr Verkehrsfluss auf der Schiene erzielt werden könnte – auch in Unterfranken.
Bislang habe die Aufmerksamkeit beim Ausbau des Schienennetzes viel zu sehr den ICE-Trassen beziehungsweise den Ballungsräumen wie München mit dem milliardenschweren Ausbau der S-Bahn-Stammstrecke gegolten, klagt der bayerische VCD-Landesvorsitzende Christian Loos. Der Neurologe aus Würzburg verlangt von Politik und Bahn zusätzliches Engagement in der Fläche, "um die Klimaschutzziele zu erreichen und den Mittelstand zu stärken".
Gemeinsam mit dem Verkehrsplaner Niklaus Dehne, der in Würzburg für die Grünen im Stadtrat sitzt, fordert Loos jetzt ein bayernweites Programm, um die Kapazitäten im Personen- und Güterverkehr zu erhöhen. Oftmals reichten schon zusätzliche Gleise in den Bahnhöfen, die es beispielsweise Personenzügen ermöglichen, langsamere Güterzüge zu überholen. Viele Verspätungen bei der Bahn seien heute darauf zurückzuführen, dass sich die Züge zu oft hintereinander stauen. Bahnexperten sprechen in diesem Zusammenhang von "Trassenkonflikten".
Überholgleise schaffen zusätzliche Kapazitäten
Dehne schlägt vor, unter anderem an den Bahnhöfen entlang der Strecke Würzburg-Treuchtlingen, beispielsweise in Winterhausen (Lkr. Würzburg), zusätzliche Überholgleise einzubauen. Dies könne im Zuge des geplanten barrierefreien Ausbaus vieler Haltepunkte ohne allzu großen Aufwand geschehen, so der Experte. Ein viertes Gleis auch an den Bahnhöfen Uffenheim (Lkr. Neustadt/Aisch-Bad Windheim) und Oberdachstetten (Lkr. Ansbach) ermögliche zum einen Taktverdichtungen im Nahverkehr, zum anderen könnten auf der Strecke dann auch deutlich mehr Güterzüge, die vom Norden kommen, Richtung Brenner-Nordzulauf geführt werden.
Ähnliche Vorschläge hat der VCD für die Strecken Würzburg-Fürth und Hanau-Lohr erarbeitet. Ohne langwierige Planfeststellungsverfahren sollte es gelingen, die Bahnhöfe Iphofen (Lkr. Kitzingen), Markt Bibart und Emskirchen (beide Lkr. Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) beziehungsweise Dettingen, Kleinostheim (beide Lkr. Aschaffenburg) und Wiesthal (Lkr. Main-Spessart) auf vier Gleise zu erweitern. Christian Loos: "So machen wir die Bahn ohne großen Aufwand schneller und schaffen zusätzliche Kapazitäten, nicht zuletzt im Sinne des Klimaschutzes."
Wie groß der finanzielle Aufwand für zusätzliche Überholgleise tatsächlich wäre, darüber möchten die VCD-Vertreter derzeit nicht spekulieren. Klar aber sei, dass die Kosten im Vergleich zu Vorhaben wie der zweiten Stammstrecke "sehr gering" wären. Die Politik in Bayern müsse dafür sorgen, dass die Regionalisierungsmittel, die die Bahn für den Ausbau der Schienen-Infrastruktur erhält, nicht nur für prestigeträchtige Großprojekte ausgegeben werden.
So könnten Touristen schneller nach Rothenburg kommen
Neben den Überholgleisen schlägt der VCD als weitere "kleine Baumaßnahmen" vor, in der Region bei Rottendorf (Lkr. Würzburg) und Waigolshausen (Lkr. Schweinfurt) sogenannte Verbindungskurven zu installieren. Damit könnten Züge bei Betriebsstörungen im Raum Würzburg relativ schnell auf die Werntalbahn-Trasse zwischen Waigolshausen und Gemünden, die heute nur dem Güterverkehr dient, umgeleitet werden. Wünschenswert sei auch die weitere Elektrifizierung von Bahnstrecken, wie etwa zwischen Rothenburg ob der Tauber und Steinach (beide Lkr. Ansbach). Dann bräuchten unter anderem Touristen, die von Ansbach oder Würzburg nach Rothenburg mit dem Zug fahren, nicht mehr in Steinach umsteigen.
Nach der Wiedervereinigung wurden Großprojekte umgesetzt, wie die sog. "Erfurter Beule": ein 1. Mrd. teurer Umweg(!) der neuen ICE-Strecke Nbg.-Leipzig über Erfurt.
Der Wiedereinbau des 2. Gleises auf der alten D-Zugstrecke Berlin-Stuttgart war der großen Politik leider egal - wie auch Schweinfurt, das am Katzentisch der DB sitzt, was auch das katastrophale Hbf-Empfangsgebäude belegt!
Auch die IHK WÜ-SW kommt ihrer Verpflichtung als Anwalt der örtl. Infrastruktur hier nicht nach. In ihrer Zeitung "Wirtschaft in Mainfranken" geht es zur Bahn immer nur um WÜ.
EF-SW ist eine Hauptbahn durch die deutsche Mitte! Zweigleisig & elektrifiziert wäre sie ideal als Ausweich-, Umleitungs-, Güter- und ggf. IC-Strecke.
Oftmals braucht es aber gar keine zusätzlichen Überholgleise , sonder durch den Einbau der ein oder anderen Weiche und der dazugehörigen Signaltechnik , könne die Züge auch parallel nebeneinander auf der freien Strecke Überholungen durchführen.
Den über Jahre verfolgten, politisch gewollten und durch Beratungsfirmen und Unternehmen vorangetriebenen Rückbau von Infrastruktur der Bahn wird man nicht so einfach durch den Bau von Überholgleisen, so Fläche vorhanden in den Griff bekommen.
Für Stark belastete Teilabschnitte oder auch Steigungsstrecken ist teilweise der 3 gleisige Ausbau vieleicht ein Lösungsansatz tennung Güter- / Personenverkehr.
Da gibt es wohl noch einiges wie die Kapazität des Schienennetzes erhöhen werden kann, zumindest geht die Diskusion seit ein paar Jahren endlich wieder in die richtige Richtung.
Wenn dann reden wir von Steinach.
Wäre schön wenn sich ein Verkehrsclub oder ein Redakteur etwas mit Geographie auskennen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
> Meines Erachtens haben sich die Vertreter des VCD mit dem Vorschlag ganz schön
> blamiert. Von "kleinen Baumaßnahmen" kann überhaupt nicht gesprochen werden!
Wenn Sie bessere Vorschläge haben: Immer her damit! Alle gemeinnützigen Organisationen - nicht nur der VCD - suchen Menschen mit Herz, Hirn & Verstand, die sich engangieren ... Und Sie?
Zur Sache: Im Verhältnis zu den "Großspurmaßnahmen" (s. S-Bahn-Desaster München) sind diese Maßnahmen "Peanuts". Oder (Bahn-) Neubaustrecken ... Oder etwa nicht?
Die Maßnahmen sind so vorgeschlagen, daß sie auf einen - mehr oder weniger - früher existierenden Bauzustand zurückgreifen würden; z. Bsp. auf bestehendem Gelände, das auch noch als Bahngelände gewidmet ist. Bessere Voraussetzungen gibt es wohl kaum.
Ich erlaube mir hier noch auf das PDF "Perspektiven für Bahnausbau in Bayern" des VCD zu den vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen hinzuweisen:
http://vcd-bayern.de/texte/Kurzfristige_Kapazitaetsmassnahmen_Bahn_Bayern.pdf (2,9MB)
Es hat keiner gesagt, dass das alles einfach ist, aber von vorneherein die Flinte ins Korn zu werfen ist auch nicht die Lösung. Und wenn ich sehe, das hier durchaus sinnvolle Beispiele genannt wurden, die den Strecken mehr Kapazität geben würden ohne horrende Kosten, dann muss man sowas umsetzen.
Nur wie es sooft nun mal ist, kann man ein zusätzliches 400m Gleis in einem Bahnhof nicht Medial sogut verkaufen, wie 2km in München an zusätzliche U-Bahnlinie....dabei haben sie es noch nie versucht.
> @Cupra: 400 Meter zusätzliches Gleis reicht bei weitem nicht aus.
> Schauen Sie sich mal die Länge der Güterzüge an.
Wenn man genauer hinschaut kann das ausreichend sein.
400m reichen aus um z. Bsp. den RE, RB, bzw S-Bahn-Verkehr (Regio-S-Bahn-Mainfranken) darüber abzuwickeln.
Damit bestünde eine Überholmöglichkeit für ICEs und schnellfahrende (100/120 km/h) Lang-Güterzüge, sofern nicht nur ein Kurzhalt des Personenzuges am Bahnsteig erfolgt. (Auch ICEs könnten sich überholen).
Um (lange) Güterzüge überholen zu können wären Gleislängen von 600-750m wünschenswert bzw. erforderlich. Jedoch sind selbst Güterzüge häufig kürzer als 500m.
Zu den Gleislängen: HBF WÜ, Güterzug-Gleis ca. 650m (Nutzlänge) und den Längen der Güterzüge bzw, ICEs verweise ich auf den Bayernatlas als Quelle: https://v.bayern.de/VVrMB.
Hier habe ich grob die Länge des längsten Gütergleises und die Länge eines Güterzuges ausgemessen (Danke, Bayernatlas!).
Doch wie sieht die Realität aus?
Ein Möbelkonzern wollte mal nach Seligenstadt wegen Bahnanschluß bauen.Naturschützer und Hamster haben das verhindert.
Riesige Gewebegebiete sind in Altfeld, Klingholz, Dettelbach-Biebelried entstanden, ohne Bahnanschluß.
Warema baute in Wertheim, s Oliver in Dettelbach, weit und breit kein Bahngleis in Sicht.
Und die Touristenströme von Würzburg nach Rothenburg werden eher abnehmen.
Wenn man das Wunschdenken 30% des LKW-Verkehrs auf die Bahn, umsetzen möchte, würden allein von A3 und A7 jede Stunde 15 Güterzüge zusätzlich durch das Maintal und Würzburg fahren.
Was sagen die Anlieger dazu?
Denn das alles ist technisch gar nicht machbar.
Wollte man nur 10% (!) des LKW-Verkehrs auf der Autobahn auf die Schiene verlegen, müßte deren Kapazität VERDOPPELN.
Völlig unmöglich! Zumal die meisten Bahnstrecken schon jetzt komplett am Limit sind. Die Bahnstrecke GEM-WÜ ist übrigens die meistbefahrendste in ganz Deutschland.