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Würzburg
Erst Krieg, jetzt Krebs mit tragischer Wendung: Das traurige Schicksal der Ukrainerin Kateryna Petrash in Würzburg
Eigentlich sollte es eine Fortsetzungsgeschichte werden, die Hoffnung gibt. Nun gibt es doch eine traurige Wendung im Leben der krebskranken Ukrainerin Kateryna Petrash.
Dieses Bild ist erst drei Wochen alt und zeigt die Ukrainerin Kateryna Petrash in einer kleinen Patientenwohnung auf dem Gelände der Würzburger Uniklinik. Die krebskranke Frau hoffte darauf, in Deutschland wieder gesund zu werden. 
Foto: Thomas Obermeier | Dieses Bild ist erst drei Wochen alt und zeigt die Ukrainerin Kateryna Petrash in einer kleinen Patientenwohnung auf dem Gelände der Würzburger Uniklinik.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 10.02.2024 09:10 Uhr

Die nächsten Zeilen machen traurig. Noch trauriger, da der Besuch dieser Redaktion Anfang Juni bei der Ukrainerin Kateryna Petrash noch nicht lange zurück liegt und eigentlich Hoffnung gab. So schien es zumindest. Vor wenigen Tagen - mitten im Schreiben des Artikels - dann der Anruf, dass sich die junge Frau auf der Palliativstation des Würzburger Juliusspitals befindet. Der Krebs hat ihren Körper mehr und mehr eingenommen. Eine Heilungschance gibt es nicht mehr.

Schon im März, kurz nach der Flucht aus der Ukraine, hatte diese Redaktion die 38-jährige Kateryna  Petrash - in einem Porträt mit anderen geflüchteten Frauen - vorgestellt. Schnell war klar: Diese junge Frau hat ein Schicksal zu bewältigen, das nicht viele Menschen tragen müssen. Denn es sind nicht allein Krieg und Flucht, die die aus Kiew stammende Ukrainerin verarbeiten muss. Sie ist zudem schwer krank, hat Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Metastasen befinden sich in ihrem Körper.

Ihren 18-jährigen Sohn musste sie zurücklassen

Kateryna Petrash ist stark, will den Kampf gegen den Krebs nicht verlieren. Ihr 18-jähriger Sohn überzeugt sie, nach Deutschland zu fliehen, auch wenn das heißt, ihn allein in Kiew zurückzulassen. Denn Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen, um im Notfall für die Verteidigung herangezogen zu werden. Wie Petrash bei dem ersten Treffen berichtet, habe er gesagt "Mama, du wirst das schaffen."

Schon im März berichtete diese Redaktion über das Schicksal der Ukrainerin Kateryna Petrash.
Foto: Silvia Gralla | Schon im März berichtete diese Redaktion über das Schicksal der Ukrainerin Kateryna Petrash.

Als die 38-Jährige nach Würzburg kommt, wird sie in der Gemeinschaftsunterkunft im Würzburger Reuterhaus untergebracht, durch die Hilfe von Gabriele Nelkenstock, auch Vorsitzende des Vereins "Hilfe im Kampf gegen Krebs e.V." und Natali Soldo-Bilac, verantwortlich für die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter, kann sie schnell in eine kleine WG umziehen, in der ihr ein eigenes Zimmer zur Verfügung steht. Im April dann der Umzug in eine kleine Patientenwohnung auf dem Gelände des Universitätsklinikums - dort kann sie mit ihrer Krebstherapie fortfahren und ist bei Komplikationen direkt vor Ort.

Wie Gabriele Nelkenstock berichtet, sei ihr Verein vonseiten der Uniklinik dabei hervorragend unterstützt worden, "vier Wohnungen, die normalweise dem Klinik-Personal vorbehalten sind, wurden uns zeitweise für schwer erkrankte ukrainische Bürger und Bürgerinnen zur Verfügung gestellt - für einen sehr geringen Betrag".

Hoffnung und Zuversicht: Therapie an der Uniklinik

"Für Kateryna ist das eine große Chance, hier behandelt zu werden, da hier die Therapien noch mal besser sind als in der Ukraine", so Nelkenstock bei dem vergangenen Treffen mit der Ukrainerin auf der kleinen Terrasse ihrer Wohnung auf dem Klinikgelände. Auch könne sie in der Uni-Cafeteria zu Mittag essen, so dass sie sich günstig, aber gesund ernähren könne.

Trauriges Schicksal: Die an Brustkrebs erkrankte Ukrainerin Kateryna Petrash liegt inzwischen auf der Palliativstation des Juliusspitals. Rechts neben ihr: Gabriele Nelkenstock.
Foto: Thomas Obermeier | Trauriges Schicksal: Die an Brustkrebs erkrankte Ukrainerin Kateryna Petrash liegt inzwischen auf der Palliativstation des Juliusspitals. Rechts neben ihr: Gabriele Nelkenstock.

Das ist keine drei Wochen her und die junge Frau lächelte in die Kamera des Fotografen. Wie es schien zuversichtlich, mit viel Hoffnung im Gepäck. Mithilfe einer Übersetzerin erfuhr die Redaktion, dass Kateryna Petrash mit ihrem Sohn in Kiew in stetem Kontakt ist, dass sie in Würzburg eine gute Freundin - Tatjana - gefunden hat, die sie regelmäßig besucht und, dass sie ihren Kampf weiterkämpft. "Ich hoffe, dass es bergauf geht, die Ärzte sind immer sehr freundlich zu mir", erzählte sie, lächelte und ihre Augen lächelten mit. Nach den Chemo-Behandlungen, so beschriebt sie, gehe es ihr manchmal sehr schlecht mit Fieber und Unwohlsein, manchmal aber auch gut.

Natürlich, berichtete die Ukrainerin bei dem Treffen, beschäftige sie sich auch mit dem Krieg in ihrem Land und trauere mit den Menschen dort. "Kurz nach der Flucht war das noch viel mehr. Dann habe ich gemerkt, dass mir das nicht guttut." Im Fokus standen in den vergangenen Wochen ihre Krankheit, ihre Genesung und das Konzentrieren auf sich selbst. Für sich hat Kateryna Petrash ein Sprichwort gefunden, nach dem sie den Moment leben will: "Leben bedeutet nicht zu warten, bis der Regen aufhört, sondern zu lernen, unter dem Regen zu tanzen."

Zu diesem Zeitpunkt weiß die junge Frau wohl schon, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt. Dass sie nur noch Medikamente einnimmt, um die Schmerzen zu lindern. Und, dass sie den Kampf gegen ihren großen Feind, den Krebs, verlieren wird. Gesagt hat sie in diesem Moment nichts. Vielleicht war es ein "nicht wahrhaben wollen", vielleicht ein "letztes Aufbäumen", wie Gabriele Nelkenstock vermutet, die die krasse Diagnose sehr schockiert hat.

"Der Tod von geflüchteten Menschen und wie damit umgegangen werden soll, ist in den politischen Debatten zur Flüchtlingskrise nicht präsent", so Nelkenstock. Das müsse sich ändern, wie der Fall von Kateryna Petrash zeigt, plädiert sie.

Bis vor Kurzem wohnte die Ukrainerin in einer Patientenwohnung an der Uniklinik. Unser Bild zeigt sie mit einer Freundin, die sie in Deutschland gewonnen hat.
Foto: Thomas Obermeier | Bis vor Kurzem wohnte die Ukrainerin in einer Patientenwohnung an der Uniklinik. Unser Bild zeigt sie mit einer Freundin, die sie in Deutschland gewonnen hat.

Im Kampf gegen den großen Feind: Krebs

Gabriele Nelkenstock und Natali Soldo-Bilac, die zu der jungen Ukrainerin ein inniges Verhältnis aufgebaut haben, haben sie auf der Palliativstation besucht und auch Telefongespräche mit ihrer Schwester, die in den Kriegswirren nach Spanien geflohen ist, und dem Sohn in Kiew organisiert. "Sie soll sich doch verabschieden dürfen von ihren Lieben", sagt Nelkenstock. Und betont, wie schwierig die Situation ist, weit weg von der Heimat sterben zu müssen. "Wir müssen versuchen, ihr Halt zu geben."

Inzwischen ist Kateryna Petrashs Schwester Natalia sogar in Würzburg angekommen - dank der Hilfe des Vereins konnte ein Flug von Madrid nach Frankfurt organisiert werden. "Das schönste Geschenk in den letzten Stunden ist, dass die Schwestern sich voneinander verabschieden können. Kateryna ist sehr schwach, aber sie hat ihre Schwester erkannt." Tragisch - das kam bei dem Zusammentreffen im Juliusspital heraus - dass auch die Mutter der ukrainischen Frauen ein ähnliches Schicksal hatte und sehr jung an Brustkrebs verstarb.

Natürlich hat diese Redaktion Kateryna Petrash gefragt, ob sie immer noch möchte, dass dieser Artikel erscheint, auch, wenn darin steht, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Ja, sie möchte es unbedingt, teilte sie über Gabriele Nelkenstock mit. Sicher ist, dass ihre Geschichte bestimmt auch von ihren Lieben in der Ukraine gesehen wird. Vielleicht ist es etwas, das bleibt. Eine Erinnerung an die lebens- und hoffnungsfrohe Frau, die in Deutschland lernte "nicht zu warten, bis der Regen aufhört, sondern unter dem Regen zu tanzen".

Der Verein "Hilfe im Kampf gegen Krebs" ist dankbar für Spenden unter dem Kennwort "Ukraine" auf das Konto mit der IBAN: DE747 903 000 100 000 092 45.

Aktualisierung vom 30. Juni: Kurz nach Erscheinen des Berichts über ihren Kampf gegen den Krebs, den die junge Ukrainerin leider nicht mehr gewinnen konnte, ist die 38-jährige Kateryna Petrash in den frühen Morgenstunden des Donnerstag, 30. Juni, verstorben.

 
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  • daniel.englbauer@churchsol.de
    "Nicht zu warten, bis der Regen aufhört, sondern unter dem Regen zu tanzen..."
    Und demnächst auf dem Regenbogen.
    Alles Gute auf dieser Reise. So traurig, dass der Weg nicht hier weitergeht.

    traurig
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  • franz-barthel@t-online.de
    Da kann man nicht einfach weiterblättern

    Ich überlege mir (fast) jeden Morgen nach dem Zeitung lesen oder online tagsüber, ob da jetzt ein Beitrag dabei war, der allein schon die monatliche Abo-Gebühr rechtfertigt. Der Beitrag über das bevorstehende Sterben dieser Frau ist so einer. Da hab ich zunächst mal nicht weiter gelesen, sondern erst zwei oder dreimal tief Luft geholt.... Was für ein Schicksal und dann "zum Glück" auch noch so stark rübergebracht. Kompliment
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  • kej0018@aol.com
    So eine tapfere und mutige Frau! Ich habe große Hochachtung vor Ihnen und wünsche Ihnen viel Kraft und noch eine ruhige, gute und sanfte Zeit.
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  • capsula@t-online.de
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  • kej0018@aol.com
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  • k.a.braun@web.de
    Viel Kraft der sterbenden jungen Frau, ihrer Familie und ihren Freunden. Mögen ihre letzten Stunden sanft und ruhig sein!
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  • capsula@t-online.de
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  • tabima
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